Die Geschichte des KuK Festungsartillerie-Bataillons Nr.1, Trient

Die 1. Dolomitenoffensive der Italiener

1. Weltkrieg 1914-1918

Ulrich Mößlang / Volker Jeschkeit

Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist

Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen und Dolomiten 

 

 

Nach den Kämpfen Mitte Juni, die der Verteidiger als gewaltsame Erkundungen deutete, ließ die 4. italienische Armee eine Kampfpause eintreten, die mit dem Heranbringen schwerer Geschütze aus den italienischen Festungen und mit Vorbereitungen für eine neue Offensive ausgefüllt wurde. Das Ziel dieses Angriffes, der am 5.Juli zu beginnen hatte, war die Besitznahme des durch Toblach und die Sellagruppe abgegrenzten Raumes. Hierzu hielten die Italiener vorerst die Niederkämpfung der dort befindlichen Sperrforts für notwendig. Das IX.Korps, dem es schon beim ersten Offensivsprung gelungen war, bis nahe an die Werke Ruaz, La Corte und Tre Sassi heranzukommen, sollte mit je einer Kolonne gegen das Werk Tre Sassi, die Höhe Settsaß und den Col di Lana vorgehen, offenbar, um den Einbruch ins Abteital zu erzwingen. Unterdessen waren Teile des deutschen Alpencorps in den Rayon IV und V eingesetzt worden. Die Besatzung des Cherz-Col di Lana – Abschnittes bestand am 4.Juli nebst Teilen des Landsturmbaons 165 und der Enneberger Standschützen aus zwei deutschen Jägerkompanien. Auch die Artillerie diese Abschnittes war besonders durch deutsche Batterien verstärkt worden.

Ende Juni begann die italienische Artillerie mit einer planmäßigen Beschießung unserer Sperren an der ganzen Dolomitenfront. Ihre Stärke gegenüber unseren Stellungen am Cherz-Plateau - Col di Lana - Tre Sassi wurde mit 50 Geschützen, darunter 18 schweren, geschätzt. Ab Juli setzte die Beschießung unserer, zum Teil in Desarmierung begriffenen Sperren der Pustertaler Front ein. Mit den neu herangebrachten zahlreichen Geschützen, auch schwersten (28cm)- Kalibers, wurden sie mit einer Unmenge von Geschossen überschüttet.

Am 5.Juli ab 4.30 Uhr vormittags stehen die Werke der Sperrgruppe Buchenstein und Tre Sassi unter heftigstem feindlichen Artilleriefeuer. Das Werk La Corte hatte wohl gelitten, erhielt jedoch keinen Durchschlag. Tre Sassi wurde stark beschädigt und erhielt mehrere Durchschläge und schwere personelle Verluste. (Der Werkkommandant, ein Feuerwerker und sechs Kanoniere wurden schwer verwundet, während der Feuerleitende, Kadett Stransky, den Tod fand). Tre Sassi wird auf Befehl des Rayonskommando geräumt, kurz danach wurde mit seiner Desarmierung begonnen.

Die Beschießung der Sperrwerke mit schweren Geschützen hielt weiter an.

 

Am 7. Juli begannen die für die Verteidigung Tirols denkwürdigen feindlichen Infanterieangriffe gegen den Col di Lana.

Zwischen dem 7. und 9. Juli bestürmten einige Baone die Vorstellung des Col di Lana, andere am 9. und 10.Juli den Sasso di Stria (Hexenstein) und die benachbarte Lagazuoi- Position. Beim Angriff am 8. griffen die Geschütze des Werkes La Corte wirksam ein. Seit Anfang Juli stand das Werk La Corte fast ohne Unterbrechung unter heftigen feindlichen Feuer; es hat an 8000 Schuss verschiedenen Kalibers bis zu 21 cm erhalten und stark gelitten. Die Panzerplatten der 12cm Kanonen Batterie hatten sich bereits losgelöst, weshalb am 15.Juli die Desarmierung des Werkes befohlen wurde.

Der Feind setzt seine Angriffstätigkeit bis zum 20.Juli hier ununterbrochen fort, in verschiedener Stärke greift er fast täglich, oft auch mehrere Male an einem Tage an. Vom 8. bis 20. Juli hat er in 15 Angriffen sein Glück versucht. Trotzdem er viele Menschen opfert, hat er nicht den geringsten Erfolg. 

(Anmerkung des Verfassers: „ sein Glück „ versuchen ist hier schon eine absurde Beschreibung für das massenhafte Sterben !) 

Die Col di Lana Stellung wurde zehnmal angegriffen. Sämtliche Angriffe wurden unter schweren Verlusten für den Feind abgeschlagen. Die ersten Angriffe brachen bereits im Feuer unserer Artillerie zusammen. 

Die Umfassung des Col di Lana im Dreiviertelkreis ließ nun GdK Dankl wieder auf seinen Plan der Verkürzung der langen, über das Pordoi-Joch verlaufenden Stellung durch Vorverlegung gegen Osten zurückzukommen. So wurde an einem nebligen Nachmittage des 29.Juli doch wenigstens die Linie Sasso di Mezzodi- Cherz sogar ohne Kampf eingenommen. Hierdurch wurde die vom Pordoi-Joch über Arabba ins Gadertal führende Straße frei..

Die von uns verlassene und desarmierte Sperre Tre Sassi war, nachdem die Italiener schweres Geschütz herangebracht hatten, bereits Ende Juli in Trümmer geschossen worden. 

Das Abmontieren der Geschütze des Werkes La Corte und ihr Transport ins Gelände war eine harte und gefährliche Arbeit, die von den Kanonieren durchgeführt wurde. Während der Desarmierungsarbeiten tötete ein Schartentreffer am 27.Juli in der dritten Kanonenkasematte den Geschützführer und verwundete 4 Mann. War der Transport der 12cm- Kanonen in die Stellungen am Cherzplateau eine achtungsgebietende Tat, so bedeutete jener der beiden 10cm- Panzerhaubitzrohre mit den 4 Tonnen schweren Panzerkuppeln in eine Stellung am Südwesthang des Monte Sief, wo sie in 2200 m Höhe in ein improvisiertes Betonwerk eingebaut wurden, eine Glanzleistung. Die zwei 6cm-Kasemattenkanonen der Sperre Tre Sassi wurden auf dem 2400 m hohen Hexenfels (Sasso di Stria) in Stellung gebracht. Die Desarmierung wurde im schwersten feindlichen Artilleriefeuer durch die Artilleriebesatzung  durchgeführt und stellt eine anerkennenswerte Leistung dar. Die vier Stück 12cm Kanonen kamen als  zwei zweigeschützige Batterie am Cherzplateau in Stellung und wirkten bei der Abwehr der Oktoberangriffe bereits mit. 

Obwohl nun schon zwei Angriffe der Italiener missglückt waren, raffte sich die 4.italienische Armee am 31.Juli noch ein drittes Mal zur Gewinnung des ihr vorgezeichneten Zieles auf.

Schweres Feuer gegen die alten Werke Landro und La Corte, wodurch das zweit genannte völlig in Trümmer geschossen wurde, leitete das italienische Unternehmen ein. Es hatte in erster Linie wieder die vorspringende Bastion der Dolomitenfront, den Col di Lana, zum Ziele. Doch erwehrten sich am 2. August deutsche Jägerkompanien des Ansturmes der italienischen 18. Infanteriedivision und Batterien des Verteidigers vermochten aus flankierender Stellung wirkungsvoll die Abwehr zu unterstützen. Nachdem das Mauerwerk des verlassenen Werkes La Corte in Trümmer geschossen war, griffen sie am 2.August den Col di Lana scharf an. In der Nacht vom 3. bis 4.August fand der stärkste feindliche Angriff gegen die Col di Lana Stellung statt.

Am 4.August abends stürmten nach machtvoller Beschießung nochmals die italienischen Baone gegen die zerschossenen Gräben vor. Sie drangen auch ein, wurden aber in wütendem Handgemenge wieder zurückgeworfen. Seit jener besonders blutigen Nacht führte der Col di Lana bei den Italienern den Namen „Col di Sangue“, der Blutberg. Auf 200 Schritte vor der Verteidigungsstellung gruben sich die gelichteten italienischen Abteilungen ein und hielten fortan Ruhe, während die schweren Geschütze ihr zerstörendes  Werk in gleichmäßigem Tempo fortsetzten. Hierdurch erlitt auch die Straßensperre Ruaz das Schicksal des Forts La Corte. Am 16. August erhielt das Werk Ruaz  zwei Treffer, die bis zum Kellergeschoss drangen. Das Werk La Corte wurde in ein Scheinwerk umgewandelt, das die italienischen Batterien späterhin noch oft zu Munitionsverschwendungen verleitete.

Am 5. September meldet Cadorna (der italienische Oberbefehlshaber), dass es den Österreichern gelungen ist, das zusammengeschossene Werk La Corte neuerdings instand zu setzen, es wurde aber durch die italienische Artillerie wieder stark beschädigt. Die Rechnung stimmt nicht ganz. Das Werk war bereits geräumt, die Panzerkuppeln durch Blechschutzkappen, die Geschützrohre durch Holzstämme markiert bei gleichzeitiger Einstellung einer alten Gebirgskanone in das Werk, die fleißig schoss und den Gegner glauben machte, das Werk sei noch armiert. 

(Anmerkung des Verfassers: Diese Schilderung der Ereignisse lässt erkennen, welche erbitterten und furchtbaren Kämpfe dort stattfanden, ohne das die wirklich fürchterlichen Ereignisse detailliert beschrieben werden, hier handelt es sich um den Bericht von Angehörigen eines Artilleriebataillons, die sich in diesen Momenten nicht mit dem Bajonett im vordersten Graben auf Leben und Tod verteidigen mussten.)

 

Die Verteidigung Tirols im Frühherbst 1915

 

Die italienische Heeresleitung mahnte die beiden Tirol umklammernden Armeen, die ihnen bei Kriegsbeginn vorgeschriebenen Ziel noch vor dem Eintritt des Winters zu erreichen.  

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