Die Festung Trient

1. Weltkrieg 1914-1918

Ulrich Mößlang / Volker Jeschkeit

Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist + zertifizierter Sport-Optiker

Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen und Dolomiten 

 

Gedanken zu ihrer Geschichte

Februar 2005

Einleitung:  

90 Jahre ist es jetzt her, im Februar 1915 war der endgültige Ausbau dieser gut bewaffneten und ausgedehnten Festung in seiner entscheidenden Phase.  

Zehntausende von Soldaten und Zivilarbeitern und Zivilarbeiterinnen gruben Schützengräben aus, insgesamt 280 Kavernen wurden mit den Pressluftbohrern in den harten Fels getrieben, gewaltige Mengen an Stahlträgern, Baustahl, Zement und Bauholz herangeschafft.  

Die Betonmischmaschinen arbeiteten Tag und Nacht, wie auch die Schichten der Arbeitskolonnen.

Hunderte von Kilometern an Stacheldrahtverhauen ließen das Stadtbild und seine Umgebung nicht mehr wieder erkennen. 
Die umliegenden strategisch wichtigen und schwer armierten Höhenzüge waren zum größten Teile abgeholzt. Man brauchte freies Schussfeld für die Stellungen von Hunderten von Kanonen, mehr als 100 MG´s und Tausende von Gewehren der Infanterie, die in ihre perfekt vorbereiteten und zum größten Teile bombensicheren Stellungen einrücken konnte.  

Eine große Zahl von installierten Seilbahnen diente zur Versorgung, das inzwischen komplett ausgebaute System der Armierungstrassen konnte jeden auch noch so kleinen Stützpunkt und jede Batterie erreichen.

Telefonleitungen zu jedem lokalem Kommando und zu jeder Batterie waren verlegt, das zusätzlich vorhandene optische Signalsystem war bereits seit langem perfektioniert.

 

Noch im Jahre 1914 und vor dem Kriegsbeginn mit Italien im Mai 1915 wurden alle alten Werke und Batterien der 1.Generation des Festungsgürtels komplett entwaffnet.
Die alten Befestigungsanlagen und Stellungen waren nicht beschusssicher, das wusste man seit langem und ihre strategische Position war zum großen Teil nutzlos geworden.
Die diesbezüglichen Befehle zur Umarmierung, wie diese Aktionen genannt wurden, hatten alle eine klare und gleichlautende Aussage:

Die Verbringung des Geschützmateriales hat unter allen Umständen und in forcierter Tag- und Nachtarbeit zu erfolgen.
Die Feuerbereitschaft (der neuen Stellungen) ist spätestens bis zum xx.xx.xx zu melden.  

Viele  absolut bombensichere Kavernenbatterien der Festungsartillerie entstanden, die Panzerhaubitzbatterien mit ihren drehbaren Stahlkuppeln wurden auf den ausbetonierten Geschützbrunnen montiert, die vorher bis zu 12m tief in den harten Fels gebohrt und gesprengt wurden und mit weitläufigen unterirdischen Galerien untereinander verbunden waren, als auch mit den Munitionslagern, Treibstofflagern, Generatorenkavernen zur Stromversorgung, Unterkünften und Versorgungsmagazinen aller Art.  

Wer kann sich heute noch vorstellen, wie 40 Tonnen schwere Panzerkuppeln des Typs 15cm/M99 auf dem Transportwaggon der kleinen Feldeisenbahn gezogen von Hand, Pferden und Ochsen  aus dem Etschtal kommend auf steilen Armierungsstrassen bis auf dem Gipfel des Monte Calisio ankamen und dabei einen Höhenunterschied von ca. 1000 m überwinden mussten?  

Die Festung Trient grub sich ein. Sie verschwand im Fels und man grub auch noch weiter ,als im Mai 1915 der erwartete Kriegsfall „I“ (=Italien) eintrat.
Der Kriegsfall „R“ (=Russland) bestand schon seit 1914 und der im gleichen Jahr vorgelegte Generalausrüstungsentwurf der Festung Trient trug außer dem obligatorischen Stempel „Geheim“ bereits beide Zusatzstempel Kriegsfall „R“ und Kriegsfall „I“.
Schon ab 1904 bereitete man sehr zögerlich die Modernisierung, den Aus- und Umbau der veralteten und als zweitklassig degradierten Festung vor.

Diese geschichtliche Entwicklung wird in einem späteren Kapitel noch beschrieben werden.
Auch noch im Jahre 1914 wurde die zu erwartende Kriegs- und Feindlage und ihre evt. Auswirkungen auf die Verteidigungsfähigkeit dieses Festungsplatzes von den verantwortlichen hohen und höchsten Offizieren nicht richtig beurteilt. Weder im Kriegsministerium, noch im Oberkommando, noch in den Stäben.  

Denn den Krieg, der 1914 begann, kannte niemand.

 

Der Beginn des Weltkrieges

 

In den ersten Monaten des 1.Weltkrieges  wurden die bisherigen Vorstellungen von Taktik und Strategie, von Angriff und Verteidigung, Wirkung von Waffen und Waffensystemen, bisherige Manövererfahrungen begraben und mit Ihnen Hunderttausende von Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren auf allen kriegführenden Seiten.

Die Zeit der im Galopp und mit gezücktem Säbel vorpreschenden Kavallerie, die Zeit der in dichten Reihen angreifenden Infanterie war im Zeitalter des Maschinengewehres vorbei.
Die Artillerie stand nicht mehr hinter der 1. Angriffslinie,um mit einem kurzen Vorbereitungsfeuer den Angriff der Infanterie vorzubereiten.
Die Reichweite und Kaliber der Geschütze waren wesentlich größer, die Wirkung der Brisanzgranaten und Schrapnells verheerender, die Treffergenauigkeit und Schusskadenz der modernen Rohrrücklaufkanonen und Haubitzen um ein Vielfaches höher.

Schwere und weit reichende Belagerungsartillerie schoss die mit großem Aufwand und Kosten vorher erstellten oberirdischen Festungen und Werke in kurzer Zeit zusammen. 
Auf allen Seiten erstickten die Massenangriffe in einem ungeheurem Blutbad.  

Neue Begriffe tauchten auf: 
Trommelfeuer, Vernichtungsfeuer- flächendeckendes Feuer, Gasangriff........

 

Hier in Galizien 1914, an der russischen Front ging die Habsburger Monarchie unter.
Von den immensen Verlusten an Menschen und  Material der ersten Monate des Krieges konnte sie sich nie wieder erholen. Der enorme Munitionsverbrauch war für die Führung nicht vorhersehbar und konnte bis zum Kriegsende nicht bewältigt werden.

Kalt und militärisch betrachtet: 
Der Verlust von erfahrenen Offizieren, quasi die Dezimierung des mittleren Offiziercorps, die Vernichtung großer Teile des Unteroffizierscorps und gut ausgebildeter Infanterie (Tiroler Kaiserjägerregimenter als Beispiel), sowie der immense Verlust an Material, alles das konnte nicht mehr oder nur unzureichend ersetzt werden.

Fehleinschätzungen in Taktik und Strategie der höchsten Führung, u.a. Conrad von Hötzendorf waren hierbei die Hauptursache, man wollte, konnte nicht glauben und verarbeiten, umsetzen, was da in wenigen Monaten geschah.  
Auch die Fehleinschätzung hinsichtlich der eigenen Unterlegenheit an verfügbarer Artillerie und deren Munitionsdotation, Fehleinschätzung der logistischen Verfügbarkeiten und Möglichkeiten führte zu  katastrophalen Verlusten  und die anfänglichen Offensiven wurden zu Rückzügen an breiter Front trotz des tapferen  und zähen Widerstandes gegen einen überlegenen russischen Gegner.  

Die russische Artillerie verfügte über wesentlich mehr Munition pro Batterie als die Einheiten der KuK- Artillerie.
Oft waren ganze Batterien nach kurzem Feuer zu langem Schweigen verurteilt, die Dotation verschossen, der Nachschub kam nicht.  

Von so manchem bis heute verkannt: 
Die K.u.K. – Artillerie war eine moderne und sehr gut ausgebildete Waffengattung, ihre modernen Skoda- Kanonen und Haubitzen waren wegen ihrer Schusspräzision gefürchtet , einzigartig die Einheiten gebildet aus mobilen schweren Mörserbatterien des Kalibers 30,5cm/M11-Skoda, eine furchtbare und verheerende Waffe!
Zerlegbar in 3 Hauptteile, transportiert von einem Skoda-Daimler Traktor und einsatzfähig nach nur 50 Minuten Montagezeit sorgten diese Mörser mit einer Reichweite von 9,6 Km bis zu ca. 11 Km und einem max. Geschossgewicht bis zu 384 Kg für horrende Verluste auf der Feindseite.
Die Besatzungen der Festungsartillerie waren ebenso hervorragend ausgebildet, ihre Waffen entsprachen dem Stand der Technik.  

Selbst die sonst so voreingenommenen kaiserlich-deutschen Kommandos waren sehr beeindruckt.  

Aber der Nachschub hinkte immer hinterher und die mangelhafte  Logistik führte zur Krise auch großer Truppeneinheiten.

 

Die Munitionskrise  

Diese ergab sich 1914/Anfang 1915 auf allen kriegführenden Seiten automatisch, traf aber besonders  die K.u.K. - Armee, von Anbeginn mit geringeren Friedens-Munitionsreserven ausgestattet.

Das Ende des Bewegungskrieges nach nur sehr kurzer Zeit und der Beginn des Stellungskrieges, will heißen, man grub sich in befestigten Verteidigungslinien ein, führte dazu, das evt. Angriffe nur nach und/oder mit  langer Artillerie-Vorbereitung durchführen konnte.
Auf den Verbrauch derartiger Munitionsmengen der Artillerie war keine kriegführende Partei vorbereitet.

Die Munitionsdotationen der Artillerie waren ausgelegt auf den Bedarf der alten Strategie, will heißen, die Artillerie unterstützte kurzzeitig aber massiv den Angriff einer angreifenden Infanterie in vorderster Front. Dementsprechend war die Logistik für den Tagesbedarf einer Batterie und deren Ersatz , jedenfalls bemessen nur für eine kurze Einsatzzeit.  

Keine der verantwortlichen Stäbe und Oberkommandos aller kriegsführenden Armeen hatte aus dem Resultat des  russisch -japanischen Krieges von 1905 gelernt.

Es waren die japanischen Streitkräfte in diesem Kriege, die erstmalig durch den Einsatz ihrer Artillerie gegen die russischen Linien und Stellungen diese mit massiven und langandauernden Feuer sturmreif schossen, und es war nicht nur der demoralisierende Effekt des Beschusses sondern das wirkungsvolles Massenfeuer konzentrierter Batterien , das den russischen Verteidigern enorme Verluste beibrachte.  

Der Kriegsschauplatz war zu weit weg von Europa der damaligen Zeit. Zu konservativ verhaftet das Denken der Offizierskasten der damaligen Zeit in ihrem taktischen und strategischem Denken.
1905 war man mehr mit Kolonialkriegen und Erhalt kolonialer Macht beschäftigt, da funktionierte diese Strategie noch und weiter brauchte man militärisch gesehen nicht zu denken.
Militärstrategische Lehren wurden aus diesem Kriege nicht gezogen, und so kam es auf allen Seiten im o.a. Zeitraum zu einer wahren Munitionskrise der Artillerie, gelöst nur durch das massive Umstellen der Industrie auf Rüstungsprodukte, vor allem für Artilleriemunition.

Die Kriegs-Munitionsmagazine der kriegführenden Parteien waren bald erschöpft und die Rüstungsindustrie lief in Umstellung und Produktion erst langsam an.
Die Folge der enormen Steigerung der Rüstungsproduktion war der damit einhergehende Verbrauch der Rohstoffe: z.B. Kupfer für die Munition, Bronze und Bronze-Stahllegierungen oder Stahl bzw. Gusstahllegierungen für die Geschützrohre.
Die Artillerie schoss mit ungeheurer Kadenz, der Verbrauch der Geschützrohre war enorm, diese mussten ersetzt werden, sollte man nicht Gefahr laufen das die eigene Infanterie bei Ihren Angriffen durch die mangelnde Präzision des eigenen Artilleriefeuers aufgrund „ausgeleierter“ Rohre massiv beschossen wurde.

 

 

Die Situation der Festung Trient im Jahre 1912 und die geschichtliche  Entwicklung ab 1904  

 

Die Festung verfügte kaum über moderne Geschütze, die Modelle reichten vom Baujahr 1861 bis 1904/1905.

Das Standardgeschütz war die 9cm /M75 Kanone, hervorgegangen durch die Modernisierung der K.u.K. - Feldartillerie ab dem Jahre 1909, die alten Geschütztypen wurden wie üblich in die Arsenale und Artilleriereserven der Festungsplätze eingestellt.
Modernisiert waren lediglich die Panzerkuppeln der Typen 10cm/M5 und 15cm/M99,letztere hauptsächlich durch das Einlegen von Haubitzrohren mit doppelter Reichweite in die vorhandenen Lafetten der alten Panzermörser.
Die Kuppeln selbst waren von alter Bauart und konnten auch nicht geändert werden.
Die neu entwickelten Panzerkuppeln 10cm/M9 wurden auf den Hochflächen-Werken montiert.
Strukturell gesehen, hatte sich bis zum Jahr 1912 an der Festung wenig geändert, alle alten Werke und Batterien bis ca. 1885 gebaut, bis ca. 1904 teilweise umgebaut, erweitert waren weiterhin besetzt , einige Verteidigungssektionen wurden zwar ausgebaut (Westfront: Monte Bondone , Candriai, Castellar della Grua), trotz allem:

Im Grunde verblieb die Struktur einer Festung ,wie diese im Zeitraum von 1904 an in den Kommisionsprotokollen und älteren Ausrüstungsentwürfen bestimmt wurde.
Diese orientierten sich immer an dem Kriegsfall „R“, also Russland.

Von dieser Front war Trient weit entfernt.

Italien war mit der Habsburger Monarchie im so genannten Dreibund (mit dem deutschen Kaiserreich) verbündet. Dieser sah sogar die Möglichkeit vor, bei einem Angriff seitens Frankreichs auf die deutsche Westgrenze italienische Divisionen an den Rhein zu entsenden.

Wien und Rom standen sich als sehr misstrauische Verbündete gegenüber. Keiner traute dem anderen über den Weg, das K.u.K. Außenministerium hatte seine liebe Not den gegen Italien säbelrasselnden Oberkommandierenden Conrad von Hötzendorf zu bremsen. Seine Offensivpläne gegen Italien störten  die auf Ausgleich bedachte Habsburger Diplomatie empfindlich.

Ich werde hier nicht auf die Einzelheiten eingehen und auch nicht die entscheidenden politischen  Vorkommnisse (z.B. Balkankrise) besprechen, lediglich einen wichtigen Fakt ansprechen für die Belange der Festung Trient :
Conrad dachte immer offensiv, deswegen wollte er keine Festung Trient (1907).
Conrad wollte keine Druckposten für Generäle, die ihre rein auf Verteidigung entwickelten Strategien mit dem Vorwand gut und stark ausgebauter Festungsplätze rechtfertigen konnten.
Er sah darin  bereits den geplanten Rückzug eines nicht stattgefundenen Vormarsches.
Auch er hatte seine liebe Not mit dem damaligem  Offizierscorps „alter“ Schule.  

Vielleicht war das der Hauptgrund, das der Ausbau der Festung Trient  nicht stattfand.
Obwohl die Fakten klar auf der Hand lagen:
Kein einziges Werk oder Batterie der Festung war in der Lage, den Geschossen der modernen Belagerungsartillerie standzuhalten, die alten „Steinkästen“ wären bereits von den Mörsern oder Haubitzen ab dem Kaliber 21 cm der italienischen Artillerie in kurzer Zeit pulverisiert worden.  

Bei der Planung der Festung waren einerseits Fehler gemacht worden, andererseits Werkspositionen strategisch/topografisch gesehen völlig überholt.

Eine der am schwersten bewaffneten Befestigungen, das Werk Mattarello mit seinen beiden Zusatzbatterien war viel zu weit südlich und isoliert gebaut worden, seine östliche Flanke, will heißen, ein Vormarsch aus dem Valsorda-Tal, war unzureichend geschützt durch die Batterien Dos Fornas und Brusa Ferro.

Für alle Werke und Batterien galt: 
Sie waren hervorragende und große Ziele für die Feindartillerie, die Geschütze in den Kasematten standen viel zu dicht zusammen wie auch die Anordnung der Panzerkuppeln. Diese waren viel zu dicht beieinander angeordnet, ein Fehler, der selbst noch bei der Konstruktion der modernen Hochflächenwerke teilweise gemacht wurde.
Die Vorpanzerungen der Panzerkuppeln waren viel zu schwach und nicht ausreichend tief , sie konnten einfach unterschoßen werden.
Ein gravierender Fehler auch bei den neuen Hochflächenwerken, der bereits seit 1912  den verantwortlichen Offizieren der zuständigen Bauabteilung des K.u.K. – Kriegsministeriums bekannt war, aber geheim gehalten wurden (Abt.8). Trotzdem wurden die Hochflächenwerke mit diesem gravierendem Konstruktionsfehler beendet.
Und das waren die modernsten Werke seiner Zeit aus Beton und Stahlträger-Unterzügen !- Die alten „Steinkästen“ der Festung Trient hatten nicht einmal eine moderne Vorpanzerung aus Beton, geschweige denn Stahlbeton oder  massive Betondecken mit Stahlträgerunterzügen.  

Strategisch in seiner Lage überholt das Hauptwerk Civezzano, zu weit vorgelagert und gut sichtbar. In seiner Position isoliert und kaum zu verteidigen von der umliegenden Infanterie.
Die gleiche Situation ergab sich für die im Valsugana in östlicher Richtung vorgelagerten Werke Tenna und Colle delle Bene.
Zu schwach gepanzert und zu isoliert, hätten diese nicht standhalten können.  

Das nordwestlich am Ausgang des Val di Non liegende Sperrwerk Rocchetta war eh mehr als Zollkontrollstelle anzusehen denn als ein kampffähiges Werk.  

Das Gleiche galt für das Werk Casara im Nordosten an der nordöstlichen Flanke des Monte Calisio gelegen, seine Aufgabe, den schmalen und kurzen Pass, der von Civezzano von Ost nach Nordwest in Richtung  Montevacino/Gardolo (nördlich der Stadt Trient gelegen) führte zu sperren, war völlig obsolet.
Ein angreifender Feind umfasste die Stadt einfach weiter nordöstlich, die alten Werke Tenna und Colle delle Bene ausgeschaltet, preschte  dieser z.B. bei Pergine durch das Mocheni-Tal durch (weit außerhalb der Reichweite der Kanonen des Werkes Casara), schwenkte westwärts ein  und schnitt Trient bei Lavis im Etschtal  im Norden einfach ab.

Die Festung mit ihren alten Verteidigungslinien und Vorausstellungen konnte von einem feindlichen Angreifer in nordöstlicher Richtung umgangen und abgeschnitten werden, damit die wichtigste Versorgungsader, die Eisenbahnlinie Innsbruck-Trient unterbrochen werden.  

Die Sperrung des Etschtales und der Schutz Tirols durch die Festung Trient war nur ein Wunsch, aber keine militärische Realität mehr. Sie besaß keine ernstzunehmende militärische Kraft einer massiven feindlichen Offensive durch das Etschtal zu widerstehen. Tirol wäre verloren gewesen, die Front hätte mit einem Schlag bis auf den Brenner zurückgenommen werden müssen, der Linie, die auch heute noch die Staatsgrenze zwischen Italien und Österreich ist.

 

Wie kam es zu dieser Situation?  

Beginnen wir unsere kleine geschichtliche Betrachtung ab dem Jahre 1904 und nehmen als Grundlage einige Original-Dokumente ab diesem Zeitraum, die im Staatsarchiv von Trient (Archivio di Stato di Trento) aufbewahrt werden.
Die gesamte Geschichte der Festung Trient des 19. und 20.Jahrhunderts ist dort zum großen Teil eingelagert , die vorhandenen Originaldokumente wurden auf Mikrofilm kopiert, weitergehende und ergänzende Dokumente finden sich im Österreichischen Staatsarchiv in Wien-Abt. Kriegsarchiv und im Kriegsmuseum Rovereto (Museo della Guerra di Rovereto).

Das Jahr 1904 wähle ich bewusst, über die geschichtliche Entwicklung der Festung Trient im 19.Jahrhundert wurde viel geschrieben und dokumentiert.
Über die im Fels verschwundene Festung Trient der Jahre 1915 und 1916 gibt es nur bruchstückhafte Informationen und keine zusammenhängende Dokumentation.
Aus der Unzahl der zur Verfügung stehenden Dokumente in Form von Befehlen, Erkundungsberichten der Genieoffiziere, Rapporten, Kommissionsprotokollen und den älteren Ausrüstungsentwürfen werde ich einige beispielhaft als Anhang beifügen. Dieser Anhang ist nicht endgültig und wird bei Bedarf laufend ergänzt werden.  

Ab diesem Jahr 1904 häufen sich die Rapporte der zur Erkundung ausgeschickten Genieoffiziere und Offiziere der Artillerie, Stellungen und Werke werden nicht nur einer normalen Inspizierung unterzogen, sondern auch von Kommissionen besucht, die außer der Bewertung der Resistenz und dem Zustand  der Anlagen, Vorschläge unterbreiten, wie der Kampfwert der Werke und Batterien verbessert werden kann.  

Wider besseren Wissens werden ein großer Teil dieser Werke noch als „Beschusssicher“ oder zumindest „bedingt Beschusssicher" eingestuft. Eine Einstufung, die erst sehr viel später (ca.1914) grundlegend revidiert wird.  

Man musste etwas tun, seit der Erfindung der Brisanzgranate 1885 und der Entwicklung weit reichender Geschütze und schwerer  transportabler Belagerungsartillerie, waren sich die Festungsspezialisten des Genies von Trient im Klarem, das ein Verteidigungsgürtel eingerichtet werden und das Verteidigungskonzept um Trient vollständig revidiert werden musste.

Die Resultate dieser Erkundungen und Begehungen finden ihren Niederschlag im Kommissionsprotokoll vom 31.Oktober 1904, Grundlage für  Befunde und Beschlüsse basieren auf den Oleaten (Zeichnungen) im Masstab 1:25000 Umgebungsplan von Trient mit dem Titel „Arbeiten der Genieausrüstung 1904 und 1905“.

Eines der wichtigsten Ereignisse ist die topografische Festlegung und Unterteilung der Verteidigungsabschnitte.
Man unterteilt in 4 Abschnitte:
Nordfront, Westfront, Südfront und Ostfront  und macht präzise Vorschläge für die zusätzlichen Positionierungen von Batterien der Feldartillerie und ihrem Schutze sowie Festlegungen strategisch wichtiger Verteidigungsschwerpunkte.  

Die Verläufe  der Verteidigungslinien der einzelnen Fronten  werden genau definiert, die bisher lediglich gegen einen handstreichartig ausgeführten Überfall auf die Festung Trient  getroffenen Maßnahmen sollen in dem neuen Konzept integriert werden.

Das Protokoll endet mit dem Satz:
Friedensvorsorgen:   Sind keine zu treffen.  

Geniedirektor des Genies von Trient ist zum Zeitpunkt der Abfassung des Protokolls  Oberst Wenzel Terbain.  

Ein, wie ich meine, wichtiges Dokument!

Ging man bisher anscheinend nur von handstreichartig geführten Überfällen auf die Festung Trient aus, wird nun eine neue geschlossene Verteidigungslinie um den Festungsbereich definiert, in den einzelnen Fronten werden zur Verstärkung der Werke und Batterien zusätzliche mobile Batterien der Feldartillerie integriert sowie Verteidigungsschwerpunkte der Infanterie (Stützpunkte) festgelegt.  

Allerdings orientieren sich die Verteidigungslinien in der Regel noch an der Stadtgrenze um Trient, die umliegenden hohen Berge und Bergmassive werden noch nicht mit einbezogen.  

Basierend auf diesen Festlegungen wird die Strukturierung des Festungsplatzes in Angriff genommen, in den Jahren bis 1908 werden zusätzliche Stützpunkte definiert  und gebaut.

Besonderes Augenmerk richtet man dabei auf den Ausbau der Infrastruktur, wie zum Beispiel den Bau von Armierungsstrassen.

Beispielhaft dafür ist der Bau des Artilleriestützpunktes Castellar della Grua, der Straßenbau im Bereich Monte Bondone, Mandolin und Candriai (1907).

Ein erhaltenes Dokument bestätigt, daß die Strasse für Castellar della Grua am 17.Januar 1907 bewilligt  und  als 2 m breiter Armierungsweg angelegt wurde. Die Verhandlungen zum Grundstückserwerb für die Aufstellung der Feldbatterien sind noch im Gange.  
Die o.a. Strassen sind übrigens bis heute sichtbar und zum großen Teile intakt.  

Im gleichen Zeitraum wurden überall Armierungsstrassen gebaut und vorhandene Wegungen instand gesetzt oder ausgebaut.
Ein weiteres schönes Beispiel für diese Bautätigkeiten ist die topografische Zeichnung des Monte Calisio.
Alle vorhandenen Wegungen werden dort erfasst und die vorgesehenen Um- bzw. Ausbauten genauestens beschrieben.
Die Verteidigungslinien um die Stadt Trient haben sich jetzt räumlich wesentlich ausgedehnt. Die strategisch wichtige Lage der umliegenden Berge ist erkannt. Ihren Niederschlag findet diese Entwicklung beispielhaft in dem Kommissionsprotokoll, aufgenommen zufolge des Reichskriegsministerialerlasses Abt.8 vom 14.J uli 1906.  

Für die Geniedirektion ist Oberst Oskar Edler von Guseck anwesend (Geniedirektor).
Die Abschrift des Protokolls trägt allerdings das Datum 1909.

 

Gegenstand des Protokolls ist  die Beschaffung von Grundlagen für die Ausarbeitung von Projekten für die im Frieden durchzuführenden Arbeiten der feldmäßigen Batterien von Mandolin, Candriai und Castellar della Grua sowie der Ausbau des Strassenprojektes von Trient über Sardagna nach Vazon auf dem Monte Bondone Rücken.

 

Das Wichtigste in diesem Protokoll:  

Der Vorschlag des Geniedirektors bezüglich der Art  und Aufstellung der vorhandenen und vorgesehenen Batterien wird angenommen.

Die bisher massiert in Stellung stehenden Geschütze sollen weit auseinander gezogen werden, die Unterteilung in Halbbatterien sowie geschützten Einzelstellungen ist vorzunehmen.

Ebenfalls angenommen:
Die 24-stündige Munitionsdotation soll bei den Batterien in Unterständen gelagert werden, schusssichere Unterstände gegen Feldhaubitzen sollen angelegt werden. Die Munitionsdotationen der Batterien, wenn möglich, erhöht werden.
Man findet zwar keine Übereinstimmung über die Anlageorte der Batterien der Gruppe Mandolin, doch das Konzept ist klar:
Weg von der massierten Aufstellung von Batterien, auseinander ziehen der Geschütze, Bau von halbwegs beschusssicheren Unterständen, Anlage von guten Armierungswegen zur Versorgung mit dem notwendigen Nachschub und Erreichbarkeit der einzelnen Stellungen.
Was man bei den alten Werken nicht mehr ändern kann, will man zumindest bei den neuen Stützpunkten vermeiden.
Der feindlichen Wirkung kein massives Ziel mehr zu bieten!  Die notwendige Munition vor Ort zu haben, um auf feindliche Wirkung schnell reagieren zu können und gute Armierungswege.  

Dadurch wird die Verteidigung auch flexibel, Geschütze können schnell in Ersatzstellungen umgruppiert werden, das notwendige Geschützmaterial schnell ergänzt ggf. ausgetauscht werden.  

Die Verteidigungsstrategie ändert sich.  

Doch man täusche sich nicht, die Zeit  zwischen 1904 und 1909 ist eine Zeit mit vielen Hindernissen für das Genie von Trient.
Großartige Bauvorhaben oder Erneuerung der alten Befestigungen, Batterien und Werke finden nicht statt.

Wie schon angemerkt, es gab Widerstände auf allerhöchste Ebene: Der Oberkommandierende der  K.u.K. Heeresleitung Conrad von Hötzendorf war ein entschiedener Gegner des Ausbaues der Festung Trient, er wollte diese einfach nicht.

Und genau so wichtig: 
Der Festungsbau kostete Geld, viel Geld, und das brauchte man für andere, wichtigere Projekte.

Genau das Geld brauchte Conrad für die geplanten neuen und mächtigen Werke auf der Hochfläche der 7 Gemeinden. Denn diese Hochfläche war immer sein Aufmarschgebiet für seine große geplante Offensive gegen Italien: Von der Hochfläche aus über Asiago in die Tiefebene vordringen und durchstoßen, Norditalien zu zerteilen, Venetien abzuschneiden und die norditalienischen Industriezonen zu besetzen.................dieser Plan reifte in ihm seit langer Zeit, von dieser Offensive versprach er sich die Zerschlagung Italiens.

Dafür musste diese Hochfläche unter allen Umständen geschützt und befestigt werden.

Außerdem: 
Die neue Kette der Sperrwerke schützte Trient, für Conrad war der Platz Trient lediglich wichtig für die Logistik, von da aus kam aller Nachschub an Truppen und Material für seinen Aufmarsch.
Trient konnte nicht mehr aus südöstlicher Richtung vormarschierend in Richtung Norden an seiner östlichen Front umgangen werden. Ein erste entscheidende Schwachstelle war beseitigt, auch der Zugang zum Valsorda-Tal war wirkungsvoll gesperrt.  

(Nicht umsonst stand nach dessen Fertigstellung über dem Eingang des Werkes Gschwendt der markige Spruch: Für Trient reiche ich!
1915 allerdings zweifelte man an diesem Spruch, wir werden etwas später sehen ,warum)

Im  dritten beispielhaften Dokument, das ich hier anfüge und auszugsweise zitiere, trifft man diese Argumente in direkter Form wieder.

K.u.K.- Reichskriegsministerium Präs. Nr. 12.101 von 1909  

Ausrüstungsentwurf- An das K.u.K. Festungskommando Trient

Wien, am 5. Februar 1909.......................................................  

Am Anfang steht die „kalte Dusche“ für das Genie von Trient:  

Ausrüstungsarbeiten für die Festung Trient sollen mit  vorhandenen Mitteln durchgeführt werden.

Die Finalisierung des Baues der vorgeschobenen Grenzbefestigungen wird eine teilweise Abänderung der Aufgabe der Festung nach sich ziehen.

Die Geniedirektion wird aufgefordert ein sicheres Kalkül über Arbeitskräfte und Material zu erstellen um eine sichere Basis für die Ausrüstungsarbeiten zu haben.
Der Ausbau der Festung an allen Fronten wird abgelehnt, man soll sich auf den Schutz der Süd- und Südwestfront beschränken.
Diese Aufforderung ist klar, auf der Hochfläche südöstlich entstanden die Hochflächenwerke, geschützt werden musste im Höchstfall die südliche Etschtalfront und das südwestliche ansteigende Terrain von Romagnano aus, über Pale´zum Gipfel Palon und von dort aus der Rücken des Monte Bondone , also die Südwestfront.  

Dabei wird als Schwerpunkt der anzustrebenden Tätigkeiten eine stützpunktartig durchzuführende Verteidigung angewiesen..........  

Zu welchen Ergebnissen das nach 1909 führte ,werden wir in Kürze betrachten können.  

Was die Stadt Trient selbst betrifft: 
Bei evt. inneren Unruhen reicht die Armierung des Dos Trento zu deren Beherrschung und Kontrolle aus, die Polizei wird im Notfalle lediglich durch ein kleines militärisches Kontingent verstärkt.
Viel wichtiger ist die Beherrschung des Sanuccio-Plateaus, solange die Hochflächenwerke nicht fertig gestellt sind (im Südosten gelegen).

Großflächige Drahthindernisse um die Festung Trient werden als nicht notwendig erachtet (diese Meinung wird allerdings später , wie viele andere Argumente grundlegend revidiert!).  

Aber: Das Heer wird gerade mit neuen Geschützen ausgerüstet, dadurch wird das Feldgeschützmaterial des Typs 9cm/M75  in großen Mengen frei und man kann somit den Austausch der alten Geschütze des Typs 12cm/M61 beantragen.  

Und: Die bisherigen Abschnitte (Fronten) werden reorganisiert, anstatt der 4 geografisch beschriebenen Abschnitte werden jetzt 5 Verteidigungsabschnitte eingeführt.  

 Unterschrift: Schönaich G.d.I m. p.

 

Mit knappen Worten ausgedrückt:  

Das Genie von Trient bekommt kein zusätzliches Geld für den generellen weiteren Ausbau, wenn Ausbau , dann mit den vorhandenen Mitteln, aber bitte gezielt !
Die ganz alten Geschütze kommen in die Reserve und werden mit alten freiwerdenden Geschützen ausgetauscht.
Dies ist die Reaktion auf den Bericht der Geniedirektion Trient , Res.Nr.1301 von 1908 (22.11.1908).  

Für die alten Werke und Batterien rund um die Festung Trient bleibt alles beim altem.  Das Standardgeschütz der feldmäßigen Batterien wird  die 9cm/M75 bzw die 9cm/M75/96 (mit Schutzschild) und die 9cm/M4 - Version für Kasemattengeschütze.  

Im Jahr 1909 hat der Bau der Hochflächenwerke Vorrang.  

Im Jahre 1910 kommt der spätere FML Anton Schiesser Edler von Reifegg zur Geniedirektion Trient.

Von 1912 bis 1915 ist er Geniedirektor, bevor er als Abschnittskommandant nach Riva versetzt wird.

Unter seiner Leitung werden wichtige technologische Neuerungen des Festungsbaues eingeführt.  

Bereits 1910 werden die Weisungen enthalten im Ausrüstungsentwurf 1909 vom Genie von Trient umgesetzt.

 

Der Ausbau der Süd- und Südwestfront

 

Bei der Anlegung von Stützpunkten der Infanterie, Artilleriestellungen und Schützengräben wird ab dem Zeitraum Ende 1910/Anfang 1911 konsequent eine neue Befestigungstechnik eingeführt.  

Die neuen feldmäßigen Befestigungen werden erstmalig gegen die Wirkung feindlicher schwerer Artillerie ausgelegt.  

Es ist der Beginn der systematischen Anlegung von innen bereits ausbetonierten Kavernen und betonierten Geschützstellungen sowie  betonierten Unterständen.  

Mit der Einführung dieser neuen Technologien wird der Grundstein zur modernen Festung Trient gelegt.  

In dieser Technik werden der obere und untere Stützpunkt Palon, der Artilleriestützpunkt  Pale´ mit seinen Haubitzenstellungen (10cm/M99) und die Versorgungskavernen im Bereich der Armierungsstrasse Trento- Monte Bondone gebaut.  

Allen Kavernen gemeinsam ist die schusssichere Felsüberdeckung von 
6 – 8 m  im Bereich der Decke.  

Die Schützengräben auf dem Rücken des Monte Bondone sind zum großen Teil mit Naturstein ausgemauert, bei der Anlage der Stützpunkte werden diese mit zumindest gegen Feldhaubitzen - Beschuss sicheren Unterständen ausgestattet, auch werden vereinzelt beschusssichere Kavernen für die Infanterie angelegt, wo das Terrain es zulässt.  

Im Bereich des Stützpunktes Pale´ werden die Haubitzen in betonierten halboffenen Stellungen eingestellt, der sonst übliche einfache Splitterschutz gegen Schrapnell zum Schutze der Mannschaft und der Munition wird durch kleine Betonkasematten ersetzt.  

Die Kavernen unterteilen sich in ihrer Nutzung als Unterkunft für Offiziere und Mannschaften, Küchen, Nachschublager, Verbandsplätze und Munitionskavernen.  

Die Kavernentechnik ist nicht unbekannt, bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts, also wesentlich früher, wird die untere Straßensperre  Civezzano mit einer beschusssicheren 3-geschützigen Kavernenbatterie ausgestattet.  

Die ersten , noch sehr primitiven Kavernen ohne jegliche innere Verkleidung, zum Schutze der Infanterie befinden sich im Stellungsbereich westlich des Soprasasso im Valle dei Laghi in der Nähe von Terlago.  

Am Eingang einer sich erheblich verzweigenden Infanteriestellung wurden  zwei untereinander verbundene kleine Kavernen mit geringer Felsüberdeckung (kleiner 2-3m) in das Karstgestein getrieben, der Stellungsbereich wurde vor 1910 gebaut und auch aufgegeben, da die Hauptverteidigungslinie im Rahmen der feldmäßigen Befestigung des Soprasasso  auf diesen Berg zurückverlegt wurde.  

Nur waren dies isolierte Einzelfälle, die erste systematische Anlegung von ganzen Kavernenkomplexen kann aber mit spätestens Anfang 1911  für die Festung Trient sicher datiert werden.

Dieses Datum tragen die Ausführungszeichnungen ,die Kostenvoranschläge und die Abnahmebestätigungen der beauftragten Genieoffiziere, z. B. für die Stützpunkte auf dem Palon (Monte Bondone) und dem Stützpunkt Pale´.  

Gegen Ende 1911/Anfang  1912 werden die Arbeiten dieser Frontbereiche im wesentlichen abgeschlossen.  

 

Halten wir hier einen Moment an und fassen hier kurz zusammen bevor wir auf die entscheidenden Entwicklungen des Jahres 1914 eingehen:  

Eine um die Festung Trient umlaufende Verteidigungslinie wird festgelegt und in Verteidigungsabschnitte unterteilt.
Sehr früh schon wird  bei der Anlegung von  feldmäßigen Befestigungen die Wirkung des massiven Feuers feindlicher Artillerie erkannt. Die Geschütze der Feldbatterien werden weit auseinander gezogenen, Munitionsdotationen werden vereinzelt und in der Nähe der Batterien eingelagert.  

Der Bau von Armierungsstrassen und guten Zuwegungen zu den Stellungen wird forciert.
Es wird endgültig die Erfahrung umgesetzt, das ein wirkungsvoller Schutz der eigenen Truppen und Stellungen nur durch die Anlegung tiefer unterirdischer Anlagen im Felsgestein erreichbar ist.
Die Anlage von Kavernen und Kavernenanlagen, sowie der Bau betonierter Stellungen wird eingeführt.  

Bei den alten Werken und Batterien der Festung Trient verbleibt  alles beim alten, lediglich  das Geschützmaterial wird teilweise gegen Moderneres (aber trotzdem Veraltetes ) ausgetauscht, neue Drahthindernisse werden beantragt, der infanteristische Nahschutz der Werke verbessert.

 

Das Jahr 1914 und die Festung Trient  

Am 28.Juni 1914 erfolgt das Attentat von Sarajewo auf den österreichischen Thronfolger.

Einen Monat später, am 28. J uli 1914  erfolgt die österreichische Kriegserklärung an Serbien.

Die Ereignisse folgen Schlag auf Schlag:

Am 1.August erfolgt die Kriegserklärung des deutschen Reiches an Russland, am 2.August an Luxemburg, am 3.August an Frankreich, am 4.August an Belgien.

Am 6. August erfolgt die Kriegserklärung der K.u.K. - Monarchie an Russland.  

Der Krieg in Tirol beginnt am 28.J uli 1914,  für die Festung Trient  ist der Kriegsfall „R“ ab dem 6.8.1914 Realität geworden.  

Für die Festung gilt der Generalausrüstungsentwurf von 1914. In der tabellarischen Anlage sind die neuen Stützpunkte Palon und Pale ´ bereits aufgeführt und mit großer Überraschung, da sehr unüblich, wird der Monte Celva als Werk Selva bezeichnet. Allerdings ist dieses Werk noch nicht armiert (laut Liste), die Batterien stehen noch in offenen Feldstellungen auf seinen beiden Gipfeln.
In der Tabelle werden die Armierungen der Werke und Batterien aufgelistet. Als Anhang zur Tabelle existieren 4 handgeschriebene Seiten mit dem lakonischen Titel:

Umarmierungen.  

Die alten Werke und Batterien werden zum größten Teil entwaffnet, und das Geschützmaterial in bereits vorbereitete Feldstellungen verbracht, entweder in der Nähe der alten Anlagen oder als Verstärkung der Frontabschnitte um die Festung Trient.  

1914 werden alle diese Werke und Batterien als nicht mehr beschusssicher eingestuft.  

Die Gliederung der Frontabschnitte wird reorganisiert.  

Auf der Artilleriekarte der Artilleriestabsabteilung von Trient ist der Festungsgürtel bereits in 7 Sektionen eingeteilt, der Bereich innerhalb des Gürtels ist die Sektion Nr.8 mit der Stadt Trient und ihren unmittelbaren umliegenden Gemeinden.  

Insgesamt werden aus der reichhaltigen Artilleriereserve in den Verteidigungssektionen 231 Geschütze und 73 MG in Stellung gebracht begleitet von festen und mobilen  Scheinwerferbatterien.  

(Anmerkung: Die Artilleriekarte ist ein Fragment, es fehlt der gesamte östliche Teil mit den Werken Tenna und Colle belle Bene, sowie Batterie Cimirlo und bereits auf dem Vigolana - Massiv in Stellung gebrachten Batterien, erkennbar an ihren Schusspfeilen in Richtung Etschtal.

Die ausgelagerten Bewaffnungen der Werke Tenna und Colle delle Bene auf den Sommo-Rücken, Tenna-Rücken, Semperspitz und Panarotta- Massiv sind nicht mit eingerechnet, da diese außerhalb des eigentlichen Verteidigungsgürtels der Festung Trient liegen.

Die Bewaffnung der Batterie Cimirlo und andere in diesem Bereich liegende Batterien waren aber bekannt und können somit einbezogen werden. Somit handelt es sich bei den obigen Zahlen um gesicherte Minimalangaben.  

In der Karte werden die Panzerhaubitzkuppeln nicht erwähnt. Innerhalb der Festung befanden sich 6 Panzerkuppeln (2 Stück 15cm/M99 des Werkes Romagnano und 4 Stück des Werkes Mattarello- 2 x 15cm/M99 und 2 x 8cm/M94 ).

Die alte Gruson-Panzerkuppel des Werkes San Rocco war wertlos, lediglich die 12 cm Minimalschartenkanonen wurden demontiert.

Die 4 Stück 10cm/M5 Panzerkuppeln sind sich auf den Werken Tenna und Colle delle Bene montiert.  

Diese Kuppeln von Mattarello und Romagnano befinden sich bereits in der Phase der Demontage/Umarmierung und sind deswegen nicht einsatzbereit.  

Die Umarmierungslisten geben aber bereits Auskunft über ihre zukünftigen Standorte:

2 Stück 15cm/M99 für die neue Anlage auf dem Monte Kalis (Monte Calisio)

2 Stück 15cm/M99 nahe des Hauptwerkes Mattarello ( Batterie Zampetta)

und vermutlich 2 Stück 8cm/M94, vorgesehen für „mobile Verwendung“ werden auf dem unteren Gipfel des Werkes Selva montiert.

 

Die Verteidigungslinien besitzen bereits ein umlaufendes und dichtes Drahthindernis. Was man 1909 noch nicht für notwendig hielt, wird jetzt konsequent gebaut.
Die Festung bereitet sich vor, jetzt wird sie ausgerüstet.  

Und wie reagiert Conrad von Hötzendorf?  

Er wollte nie diese Festung, aber was ab August 1914 passiert, ist lediglich das Vorspiel des entscheidenden Jahres 1915.  

Bisher habe ich keine Aufzeichnungen bezüglich der Reaktionen von Conrad finden oder in Erfahrung bringen können.  

Meine Gedanken gehen in folgende Richtung:
Conrad hatte ab August bis zum Ende des Jahres 1914 ganz andere Sorgen und Probleme, an der russischen Front läuft es von Anbeginn nicht gut.  

Conrad hatte sein Ziel erreicht, die Hochflächenwerke waren einsatzbereit, sein evt. Aufmarschgebiet gegen Italien gesichert.  

Getreu den Anweisungen ab dem Jahre 1909 konnten die bisherigen Stellungen mit den vorhandenen Mitteln erstellt werden.  

Die Armierung und Ausrüstung der Festung Trient hatte aber auch  andere Gründe:  

Von Anbeginn des Krieges verschlechtern sich die Beziehungen mit Italien. Schon der Generalausrüstungsentwurf des Jahres 1914 trägt den zusätzlichen Stempel : Kriegsfall „I“ = Italien!  

Mit der Aufrüstung der Festung Trient wollte man auch ein politisches Signal setzen ?  

Modernisierte man die alte Festung Trient, wurde eine eventuelle Offensive des Gegners durch das Etschtal in Richtung Brennerpass zu einem nicht kalk uli erbaren Risiko.  

Unterstützt wird dieser Gedankengang durch die Tatsache, das die neue vorgelagerte Etschtalsperre und Frontlinie zwar in der Planung abgeschlossen war, die Bauvorhaben aber außer dem Werk Valmorbia im Vallarsa-Tal noch nicht begonnen waren.  

Fakt ist, die Festung Trient wurde ausgerüstet und brachte seine Geschütze in Stellung.  

Am 9.Oktober 1914 kommt es  mit dem Befehl Res.Nr.2731 und seinen kurz darauf nachfolgenden Ausführungsbestimmungen zum wichtigsten Ereignis für die Festung Trient.  

Zwischen den Zeilen liest man deutlich, das die verantwortlichen Militärs aufgrund der Frontereignisse eines begriffen hatten:

Gegen die moderne Artillerie, bestehend aus weittragenden Geschützen und Haubitzen, sowie gegen schwere Mörser schützten die bisher gebauten feldmäßigen Stellungen  und Befestigungen nicht.  

Die auf diesem Befehl beruhende und ausgearbeitete Instruktion lässt die Festung Trient unter dem Felsen der umliegenden Berge und Bergmassive verschwinden, die Festung gräbt sich bombensicher ein , wird enorm ausgebaut und wird innerhalb eines Jahres zu einer der mächtigsten Festungsplätze Europas.  

 

Die Festung Trient des Jahres 1915

 

Was im Jahre 1915 bis zum Januar 1916 geschaffen wurde, lässt sich mit Worten kaum beschreiben.

Die Verteidigungsfähigkeit dieses Festungsplatzes lässt sich nur erkennen, wenn man seine bis heute  intakten oberirdischen aus Beton oder Stahlbeton gebauten Stellungen besucht, in seinen fast vollständig erhaltenen unterirdischen Anlagen mit seinen Verbindungsgalerien, Lagern, Kavernenbatterien und Panzerhaubitzbatterien umhergeht und erkennt welche Feuerkraft dort installiert war oder installiert werden konnte.  

Man vergegenwärtige sich dabei, das der damalige Krieg im Wesentlichen durch die Feuerkraft der Artillerie und den Einsatz der Infanterie als die entscheidenden Elemente der Kriegführung bestimmt war.  

Der Kreis meiner Gedanken beginnt sich zu schließen, zurückkommend auf dem am Beginn genannten Februar 1915 rattern jetzt die Presslufthämmer in ununterbrochenen Arbeitsschichten.

Die Festung verschwindet im Felsen, circa 280 Kavernen werden aus dem Felsen gesprengt und gebohrt, zum großen Teil innen isoliert und mit Beton verkleidet, Schützengräben angelegt, große Teile der Bevölkerung im (gut) bezahlten Arbeitseinsatz und auch Soldaten  der K.u.K. Armee führen  Schanzarbeiten durch, schleppen tonnenweise Zement, Sand, Schalholz und Stahl- Rundstahl und Stahlträger jeder Art. Es entstehen enorme und tief angelegte Stacheldrahthindernisse in allen Frontbereichen.  

Man nennt diese Anlagen „feldmäßige Befestigungen“.  

War ist, das diese entstehenden Befestigungen  tief im Felsen die Widerstandsfähigkeit gegen feindlichen Beschuss und die Feuerkraft selbst der modernen Werke auf der Hochfläche weit übertrafen.

Die damals gemachten Fehler bei der Konstruktion der oberirdischen Betonwerke werden bei den neuen Anlagen vermieden.

Von oben sieht man diese neuen Stellungen kaum, sie sind sehr gut getarnt, bieten kleine bis kleinste  Ziele, die Kuppeln der Panzerhaubitzen sind nicht mehr dicht beieinander angeordnet. Ihre Vorpanzerungen wesentlich tiefer und stärker, der vorgelagerte Felsen hat horizontal eine Ausdehnung von 60 bis 200 Metern in Feindrichtung und kann auch von der schwersten bekannten Artillerie nicht durchschossen werden, selbst moderne und großkalibrige Flachbahngeschütze der Marineartillerie haben hier keine Chance.

Verstärkt sind diese unterirdischen Panzerwerke durch integrierte Kavernenbatterien mit Geschützen und MG, umgeben von einem tief gestaffelten Verteidigungssystem von Infanteriestellungen, Schützengraben- selbst die teilweise ausbetoniert- und mit Unterständen versehen, unterirdischen Infanterieanlagen, Betonkasematten und betonierte Stellungen der Feldartillerie.

Hunderte von Kilometern Stacheldraht werden im Vorfeld verlegt. Nach der Fertigstellung des neuen Verteidigungsgürtels beginnt man diesen konsequent zu verbessern und zu erweitern.

Nach und nach verschwinden die strategisch wichtigen Batterien der Artillerie in bombensicheren Kavernen..........

Am 23. Mai 1915 erfolgt die italienische Kriegserklärung, die Werke auf der Hochfläche kommen unter schwersten Dauerbeschuss....

In Tirol gibt es kaum reguläre Truppeneinheiten der K.u.K. Die Landesverteidigung kann sich nur auf die Festungsbesatzungen und das letzte Aufgebot stützen:
Hauptsächlich Landwehr- und Polizeieinheiten, Grenzwachen der Finanzpolizei und Standschützen.  

Werden die Werke auf der Hochfläche dem feindlichen Angriff standhalten?  

Der Ausbau der Festung Trient geht in einem geradezu frenetischem Rhythmus weiter.
Waren es zwischen 1910 und 1912 die Süd- und Südwestfront , die ausgebaut wurden , sind es jetzt die Südost-, Ost- und Nordostfront.
Diese Verteidigungssektionen werden zu den am schwersten bewaffneten und am besten ausgebauten Abschnitten.  

Die Front im Etschtal bleibt überraschenderweise ruhig, keine ernstzunehmende Offensivtätigkeit des italienischen Gegners.

Die lokal begrenzten Angriffe in diesem Bereich können gestoppt werden.  

Die sorgenvollen Blicke aber wandern immer wieder zur Hochfläche, die Gebiete um Lavarone (Lafraun) und Folgaria (Vielgereuth)  sind der Brennpunkt des Kriegsgeschehens in diesem Abschnitt und von Trient nur ca. 30 Kilometer entfernt.  

Die an der Ostseite Trients gelegenen Berge und Bergmassive (Chegul und Marzola) werden vom Genie von Trient zu durchgehenden Gebirgsstellungen ausgebaut.
Danach werden die Verteidigungssektionen dieser Bereiche (II, III, IV ) erweitert:
Das Vigolana- Massiv  in den Festungsbau einbezogen und damit die südöstliche Sektion II erheblich vergrößert, die Front im Valsorda Tal vorgeschoben bis Vigolo Vattaro und mit Kavernenbatterien und  gedeckten Batterien in Betonstellungen geschützt.  

Im Nordosten werden gegen eine mögliche Umgehung seitens des Feindes bei einem eventuellen Durchbruch auf der Hochebene die unterirdische Panzerbatterie Busa Granda gebaut, das Massiv des Panarotta, der Semperspitz befestigt.
In den Verlegungsbefehlen für die Panzerhaubitzen der obsoleten Werke Tenna und Colle delle Bene vom Anfang Mai, also unmittelbar vor Ausbruch der Feindseligkeiten mit Italien , ist die Nervosität der zuständigen Kommandos ablesbar. Es muss unter allen Umständen schnell gehen , forcierte Tag– und Nachtarbeit wird befohlen.

Der Einwand, das der Beton der Geschützbrunnen für die Panzerhaubitzen noch nicht den gewünschten Härtegrad besitzt (Werk Selva), also noch zu frisch ist, findet keine Berücksichtigung.
Der Einbau der Panzerkuppeln kann (muss) auch während einer möglichen feindlichen Bedrohung erfolgen.

 

Feindliche Bedrohung ?  

Die Front war ca. 30 Km entfernt, aber man rechnete mit einer feindlichen Bedrohung der neuen Befestigungsanlagen im Nordosten der Festung Trient.  

Ein Indiz, das man den feindlichen Durchbruch der Front bei den Hochflächenwerken für möglich hielt, den Verlust der Hochfläche der 7 Gemeinden einkalk uli erte und damit auch die Front im Valsugana Tal weit zurücknehmen musste?

Dem Spruch über dem Eingang des Werkes Gschwendt: „Für Trient reiche ich“ traute man doch nicht völlig.  

Die Gegend im Nordosten Trients bei Pergine und Civezzano gleicht im gleichen Zeitraum einem Heerlager von Arbeitskräften, der gesamte Rücken des Monte Calisio ist eine militärische Baustelle, gegenüber diesem Rücken und nur getrennt durch das schmale Fersina-Tal entsteht das unterirdische Werk Selva (Monte Celva) auf dem gleichnamigen Berg, sowie unterhalb seines Hauptgipfels im Bereich Celvet eine weitere schwer befestigte Kampflinie, bestückt mit unterirdischen Infanteriestützpunkten, Beton- und Kavernenbatterien der Artillerie.

Alle umliegenden Hügel und kleine bis kleinste Täler werden besetzt und mit Verteidigungsstellungen und Stützpunkten versehen.
Der Verteidigungsgürtel erweitert sich im Nordosten wie eine vorgeschobene Nase.
Der einzige Zweck ist  eine Umgehung der Festung zu verhindern, den Durchbruch in Richtung Trient durch das Valsugana- Tal und durch den Cimirlo-Pass zu verhindern.  

Die Lage der Landesverteidigung ist ernst, die weit überlegende italienische Armee greift überall an.

Auch im Bereich des Abschnittes Riva am nördlichen Gardasee gibt die Lage Anlass zur Besorgnis.

Zwar hatte man die Front von vornherein zurückgenommen und verkürzt, Ala-Avio aufgegeben und sich in neue Stellungen in etwa der Linie des Val-Loppio folgend zurückgezogen, doch der Druck des italienischen Gegners nahm zu.
Auch hier traf man sofort die nötigen Maßnahmen gegen einen evt. Durchbruch des Feindes durch das Valle dei Laghi in Richtung Trient.  

Der  bereits 1907 angelegte Artilleriestützpunkt auf dem Castellar della Grua wird erheblich ausgebaut und mit Kavernenanlagen und betonierten schusssicheren Batterien versehen. Die Anzahl der Geschützstellungen erheblich erhöht.

Der südlich davon gelegene Berg Soprasasso wird ebenfalls festungsartig ausgebaut, auch hier entstehen Kavernenbatterien und zusätzliche Artilleriestellungen in Beton und Stahlbeton, unterirdische Infanterieanlagen und ein tief gestaffeltes Schützengrabensystem.

Die nördlich und oberhalb von Castellar della Grua gelegenen Verteidigungsschwerpunkte bei Candriai werden durch unterirdische Verteidigungssysteme der Infanterie verstärkt.  

Die neue Technologie des Stahlbetons ist bereits der Baustandard für die Festung Trient.  

Unter diesen Bedingungen spielten Geld und der Verbrauch von Unmengen an Material jetzt keine Rolle mehr, die Festung Trient soll zur  Auffangstellung werden in kürzestmöglicher Zeit und unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte.  

Das Jahr 1915 ist ein sehr kritisches Jahr für die Landesverteidigung, doch kann die Front dank der Hartnäckigkeit und erfolgreichen Taktik der Verteidiger und der strategischen Fehler seitens des Angreifers und seiner letztendlichen Unentschlossenheit zu schnellen und kraftvollen Vorstößen gehalten werden, wenn gleich auch unter erheblichen Verlusten.  

Dennoch baut man die Festung Trient unbeirrt weiter aus.  

Am Ende des Jahres 1915 verfügt die Festung Trient über ausgebaute Stellungen für ca. 400 bis 420 Geschütze und somit über eine enorme Feuerkraft und Verteidigungsfähigkeit.

Sie hat sich  bombensicher eingegraben und ist im harten und schützenden Felsen seiner umliegenden Berge und Bergmassive verschwunden.

 

Die größte seiner unterirdischen Befestigungsanlagen, die Panzerhaubitzbatterie auf dem Monte Calisio zusammen mit seinen Kavernenbatterien wird im Januar 1916 als feuerbereit gemeldet.

Nachwort  

Die neue Festung Trient verschoss nie eine Granate, gab nie einen Gewehrschuss ab.
Sie musste sich nie verteidigen. Für den Kriegsverlauf spielte sie keine Rolle.  

Der Frontverlauf stabilisierte sich größtenteils in den Ausgangsstellungen der kriegführenden Parteien und der Gegner kam nie in ihre Nähe, eine feindliche Offensive durch das Etschtal fand nicht statt.

Die Werke auf der Hochfläche und im Bereich Riva hielten stand.  

Bereits im Jahr 1916 wird die Festung daraufhin entwaffnet, das Kriegsmaterial an die Front verbracht.  

Conrad von Hötzendorf bereitete seine Offensive auf der Hochfläche der 7 Gemeinden vor.  

Auch oder vielleicht gerade deswegen ist sie heute eine vergessene Festung, die einzigen Schäden trug sie nach dem Kriege davon, als ihre Anlagen zur Gewinnung von Baustahl, Stahlblechen, Stahlträgern und Korkisoliermaterial durch Eisensammler (Recupperanti) und von der einheimischen Bevölkerung geplündert wurden.  

Im 2 . Weltkrieg dienen Teile ihrer unterirdischen Anlagen als Luftschutzbunker und Munitions- und Nachschubmagazine der italienischen und deutschen Wehrmacht.

Ihre oberirdischen Anlagen zusammen mit den Kavernen werden von der Flak genutzt (Monte Calisio, Monte Bondone, Castellar della Grua Soprasasso, Monte Celva) und so mancher alliierter Bomber und Jagdbomber wird über Trient abgeschossen.

Zu gut geschützt sind die Flak- und Scheinwerferbatterien, die in die tiefen noch immer bombensicheren Kavernen zurückgezogen werden können.  

Noch heute findet man kleine Trümmerteile dieser Flugzeuge, wenn im Sommer die Skipisten auf dem Monte Bondone instand gesetzt  und neu geebnet werden.  

Der ehemalige K.u.K.- Artillerieschiessplatz auf der Hochebene Viote im Bondone Massiv unterhalb des Stützpunktes Palon gelegen, diente der italienischen Armee vor, während und nach dem 2.Weltkrieg als Schiessplatz.  

Die Kavernenanlagen des Palon werden bis Ende der 80-iger Jahre von der Nato genutzt, der Gipfel des Palon ist ein wichtiger Kommunikationsstützpunkt des westlichen Verteidigungsbündnis.  

Bis heute sind diese Kavernenanlagen und unterirdischen Galerien zum großen Teil trocken.
Die Qualität der Bauausführung nach nunmehr 90 Jahren ist bis dato bewundernswert, viele Anlagen können besichtigt werden.  

Das Werk Celva  und der Bereich Celvet (als Beispiele) sind größtenteils  intakt und beeindruckende Zeugnisse der damaligen Festungs- und Ausrüstungsarbeiten des Genies von Trient, leicht vom interessierten Wanderer erreichbar.  

Auch die alten Werke und Batterien der Zeit bis 1904 sind zum großen Teile erhalten, nicht nur unter militärhistorischer  sondern auch unter architektonischer Betrachtung handelt es sich um beeindruckende Bauwerke, ausnahmslos in präzise behauenen Naturstein gebaut.  

Heute werden diese Festungsanlagen wieder freigelegt, teilweise restauriert, die alten Armierungsstrassen gesäubert und als Wanderwege und Strassen der Feuerwehr im Falle von Waldbränden genutzt .Fast 80 % des heutigen Straßennetzes um und in Trient basiert auf den Trassen der ehemaligen K.u.K.-Armierungsstrassen.  

Der Berg Soprasasso ist heute eines der vielen Naturparadiese um Trient.  

Hier wurden beispielhaft Teile der alten unter- und oberirdischen K.u.K.- Befestigungen in die Rundwanderwege integriert, Kavernenbatterien, Betonkasematten und Stellungen der Artillerie  sowie die unterirdischen Infanterieanlagen gesäubert  und zugänglich gemacht.
Neue Pläne und Zeichnungen der Anlagen und Wege erstellt, und in Buchform und mit neuestem  Kartenmaterial dokumentiert.  

Man erinnert sich wieder an die Geschichte einer vergessenen Festung, die ein wichtiger Teil der Geschichte der Stadt Trient zu Beginn des 20.Jahrhunderts war.  

 

Persönliche Anmerkung

 

Ich habe diese kleine Abhandlung bewusst Gedanken zur Geschichte der Festung Trient betitelt.

Ich bin kein Militärhistoriker und masse mir deshalb auch nicht an, den Werdegang dieser Festung unbedingt richtig beschrieben zu haben, glaube aber, die Auswertungen des umfangreichen Materiales wenigstens teilweise richtig zu interpretieren und einen generellen Überblick zur Entwicklungsgeschichte der Festung beitragen zu können.  

Ich bin Dipl.-Ing. Maschinenbau und arbeite seit sehr langer Zeit in der Bauindustrie (Hoch- und Tiefbau, sowie Fassadenbau) mit guten Kenntnissen des Vermessungswesen.

Von daher kann ich die Befestigungen bezüglich ihrer Bautechnik und der damit verbundenen Widerstandsfähigkeit  sowie des damit einhergehenden strategischen Wertes sehr gut beurteilen.

 

Die ab 1914 entstandene Festung Trient kann ich  in Stärke, Ausrüstung und Größe nicht nur durch fragmentarische Dokumente beweisen, sondern durch jahrelange persönliche Erkundungen und einer entsprechenden Fotodokumentation.
Bis heute kenne ich nicht die Gesamtheit der Anlagenkomplexe, jede Erkundung führt zu neuen Ergebnissen und Überraschungen, immer noch ertappe ich mich dabei, die Größe und Ausdehnung der so genannten feldmäßigen (unter- und oberirdischen) Befestigungen zu unterschätzen.

Die endgültige Größe und Stärke dieses Festungsplatzes ist bis heute nicht bekannt.
Dazu bedarf es weitere Jahre intensiver Feldforschung und Erkundungen.

 

Da es nie eine komplette geschichtliche Aufnahme bzw. Aufarbeitung dieses Festungsplatzes gegeben hat, bin ich aus heutiger Sicht allerdings davon überzeugt, das die Fachleute die militärische Größe und Schlagkraft der Festung Trient bei weitem unterschätzen und somit auch ihre militärische und politische Bedeutung

betreffs der Ereignisse des Zeitraumes von 1914 bis 1916. Dies muss in ein anderes und  gerechteres Licht gesetzt werden, bzw. völlig neu interpretiert werden.  

Die Festung Trient war im Jahre 1915 einer der größten und schlagkräftigsten Verteidigungsplätze, sie war der größte  und modernste Festungsplatz der Südfront und gleichzeitig logistisches Zentrum der Tiroler Landesverteidigung bis zum Kriegsende am  4.11. 1918.  

 

Ausblick  

In den nachfolgenden Kapiteln werden wir (das bin ich und mein Freund Uli Mößlang)  das bisherige vorhandene dokumentarische Material  neu ordnen und mit  Beschreibungen, die dem heutigen Stand der Feldforschung wiedergeben, vorstellen.

Die Überarbeitung des Materiales wird aufgrund der neuen Erkenntnisse notwendig , auch verlangt die Menge des Materiales eine feinere geschichtliche Unterteilung.  

Materialsammlung

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