.

ÖSTERREICHS THERMOPHYLEN

1809 – 1918

 

Die vergessene Front im Kanaltal

Von Napoleon bis Kriegsende 1918

von Hubert Fankhauser

 

Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist  und  zertifizierter Sport-Optiker  
  
Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Stellungen und Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen, Dolomiten, Verona, Venezien und Friaul.  Denkmäler in München, Bayern und dem Rest der Welt.

 

 

 Inhaltsverzeichnis 

Vorwort 

I.Österreichs Thermopylen 1809

II.Der Frontverlauf im Kanaltal : 

1.Der österreichische Verlauf 

2.Der italienische Verlauf 

III.Formierung der Truppen 

IV.Die Ereignisse im Raum Pontafel/Pontebba : 

1.Prihat/Conca di Pricot (Mt.Pricot) – Malurch/Mt.Malvueric – Bombaschgraben/R.Bombaso - Quellensattel/ – Skalzerkofel/C.Scalzer – Brisia/Mt.Brizzia – Vogelbachgraben/Vallone degli Uccelli – Schütt (Vorderschütt)/Mt.Cit – Plania 

V.Die Ereignisse im Raum Malborghet/Malborghetto : 

1.Schinouz/Mt.Scinauz–Mt.Pin–BadLussnitz/BagnidiLusnizza-St.Katharina/S.Caterina-

Kleinalpelspitze/Alpe Piccola  – Gugg Alm /Malga Cucco – Stabet –

Lärch Riegel – Saifnitz/Camporosso  

2.Gugg Stellung – Baskon – Schieberriegel – Paluggraben – Rankgraben/F.Ranco –

Strekizza/Strechizza – Nebria – Kleiner Mittagskofel /Cota 1954 – Schwarzenberg/Cote 1971

– Großer Mittagskofel /Jof di Miezegnot – Seisera/Saisera – Köpfach/Jof di Somdogna 

 

VI.Die Bedeutung der Sperren im Kärntner Bereich 1915 – 1917: 

1.Paßsperre Predil/Passo del Predil – Batterie Predil

2.Sperre Malborghet (Fort Hensel)/Malborghetto

3.Werk Raibl (Bereich Lago del Predil)

4.Talsperre Gugg (bei Malborghetto)

5.Seisera Talsperre (im Val Seisera )

 

VII.Anhang 

VIII. Benutzte Literatur und Bildnachweis

 IX. Autor

 

 

Vorwort 

Als begeisterter Bergsteiger begehe ich schon jahrelang das Gebiet der Julischen und Karnischen Alpen . Durch die zahlreichen ,  teilweise noch in gutem Zustande vorhandenen Reste von Befestigungen , Kavernen,  Unterkünften, Kriegswege  u.v.m. , die ich immer wieder vorfinde , wurde mein historisches Interesse daran  geweckt. Deshalb reifte auf den zahlreichen Touren in mir der Gedanke , diese Schauplätze des Gebirgskrieges  1915 – 1917, genauer zu erforschen und zu erkunden. Durch die Kombination einer Begehung vor Ort und dem theoretischem Studium des jeweiligen Frontabschnittes erhöht sich die Faszination der Nachforschungen . Auch kann ich als Alpinist die Strapazen , Versorgungsschwierigkeiten etc., die unsere Vorfahren unter Kriegsbedingungen  miterleben mußten ,  annähernd  nachvollziehen . Die folgende Publikation soll  ohne kriegspolitische Analysen  nur die Tatsachen und  Leistungen  für sich sprechen lassen . Weiters sollen chronologisch gereiht die in diesem Frontabschnitt eingesetzten Einheiten dargestellt werden. Durch die überraschenden Ereignisse im Jahre 1915 und der Einsatz des „letzten Aufgebotes“ wurden zahlreiche und zeitlich ineinandergreifende Aufteilungen der verschiedensten Truppen notwendig. Der geschätzte Leser möge sich daher durch die Vielfalt und den ständig wechselnden Einsatzräumen der Einheiten nicht verwirren lassen. Ich wählte absichtlich  den Abschnitt von Tarvis/Tarvisio bis Pontebba , da dieser  abseits der großen und bekannten Gebirgskriegsschauplätze , in einem historischen Dornröschenschlaf vor sich hinschlummert und doch so viel zu erzählen hat. Er wurde nicht von  großen militärischen Aktionen sondern hauptsächlich von zahlreichen einzelnen  Kommando- und Stoßtruppunternehmungen, die sehr viel alpines Können, Mut und Einsatzbereitschaft verlangten, geprägt.

An dieser Stelle möchte  meiner Frau Christine die mich auf den alpinistisch sicherlich nicht immer leichten  Erkundungen begleitet und großes Verständnis für meine zeitaufwendige  Leidenschaft  aufbringt , ein herzliches Dankeschön aussprechen . Meinem Freund Herrn Mitsche Johann jun. danke ich besonders für die Computertechnische Unterstützung .Weiters gilt allen Institutionen und Personen ,die mich bei den Quellenforschungen unterstützt haben ,mein besonderer Dank.

Pörtschach , 18. Februar 2002

Fankhauser Hubert

 

 

Leseprobe:

 

I. Die Lage an Kärntens Grenze bei Kriegseintritt Italiens 1915 

 

Ein von Rom nach Wien  durchreisender Generalstabsoffizier brachte als erster nach Arnoldstein die Kunde, daß Italien seine Bündnispflicht nicht erfüllen und am Kriege nicht auf unserer Seite stehen werde. Immer mehr verdichtete sich dann im Jahre 1915 das Gerücht, daß Italien Österreich-Ungarn den Krieg erklären werde. Für die Versicherung der österreichischen Behörden, daß dies nicht zu befürchten sei, schien der Umstand zu sprechen, daß keinerlei militärische Vorbereitung getroffen wurde und außer den geringfügigen Besatzungen der „Festungen“ Malborghet/Malborghetto und Predil fast kein Militär im ganzen Grenzbezirk vorhanden war. Dagegen sprach, daß Züge um Züge mit italienischen Ziegelei-, Bau- und Steinmetzarbeitern die in Österreich gearbeitet hatten  in ihre Heimat zurückfuhren ( das Maurergewerbe wurde damals fast zur Gänze von Italienern ausgeübt ). (Carinthia I,1955, Heft 4, Die Bezirksgerichte Arnoldstein und Tarvis im Ersten Weltkrieg von Richter Guido Schöner)

Als am 23. Mai 1915 , der Kriegszustand mit Italien eingetreten war , ging die allgemeine Ansicht dahin , daß dem Feind der Einbruch nach Kärnten leicht fallen würde. Bei einem entschlossenem Vorgehen wäre ihm dies auch sicherlich gelungen da die vielfach bewährten alpenländischen Regimenter sich zu diesem Zeitpunkt ausnahmslos in Galizien oder Serbien befanden . So blieben  neben den vier Freiwilligen Schützenregimentern Kärntens , Freiwillige Schützen aus der Steiermark und Salzburg , die aus halben Kindern und Greisen bestanden , nur Teile von Marschformationen und Landsturmeinheiten zum ersten Schutze der Grenze.Es waren dies die  Landsturmbataillone  40,41, 43, 150, 151, 153 und das X.Marschbataillon des  Infanterieregimentes Nr.27, sowie jeweils die X.Marschkompanie der 8er und 9er Jäger und Teile der 1.Marschschwadron des Dragonerregimentes Nr. 5. Weiters das IX.Marschbaon des Schützenregimentes Nr.4.Die Sperre Malborghet besetzte ein Detachement des Gebirgsschützenregimentes Nr.1, die 8. Kompanie des Festungsartilleriebaons Nr.2 und 1. Kompanie Festungsartilleriebaon Nr.4. Die Besatzung der Sperren Raibl und Predil bestanden aus einem Detachement des Gebirgsschützenregimentes Nr.1, einer Halbkompanie der 1.Kompanie Festungsartilleriebaon Nr.4. Die mobile Artilleristische Unterstützung bestand aus jeweils der 5.Batterie Feldkanonenregiment 28 und Feldhaubitzenregiment 5 und 6, jeweils der 7. Batterie des Feldhaubitzenregiment 9 , Feldkanonenregiment 8, 42 und Gebirgsartillerieregiment 3. Weiters die 3. Batterie des Feldhaubitzenregimentes 9, der 2.Kanonenbatterie des Gebirgsartillerieregimentes 4

Wohl wurde am Tage der Kriegserklärung die 20. Honvedinfanteriedivision (GM. v. Nagy)

in Arnoldstein ausgeladen, aber diese Söhne der Pußta kannten das Felsgebirge überhaupt nicht und waren auch dafür nicht ausgerüstet . (Der Krieg in der Wischberggruppe, Norbert Nau, Seite 1) Im Plöckenabschnitt standen bloß zwei Kompanien des steirischen

Landsturmmarschbataillons Nr.10, drei Kompanien des mährischen Landsturmbataillons Nr. 43 und Freiwillige Schützen im Einsatz. In der Zeit vom 24. bis 27. Mai 1915 trafen , in einem Eiltransport von Galizien kommend, in Kötschach  das 3.Bataillon des tschechischen Infanterieregimentes Nr.18 , das 3. Bataillon des polnischen Infanterieregimentes Nr. 57 , das polnisch-ruthenische Feldjägerbataillon Nr. 30 und das 1.Bataillon des ungarisch-slowakischen Honved Infanterieregimentes Nr.13 ein und marschierten ins Plöckengebiet. Die technische Unterstützung bestand aus Teilen des Sappeurbataillon 3 und 7 und Teilen des Pionierbataillon 3. (ÖULK II, Beilage 14, Seite 23 und 24)

Das Kommando über die österreichisch-ungarischen Streitkräfte an der Kärntner Front führte General der Kavallerie Franz Rohr „Armeegruppe Rohr“ und sein Generalstabschef FML Scotti.

Die italienische Streitmacht gegen Kärnten , die „Karnische Gruppe “ (Zona Carnia) stand unter dem Befehl des Generals Lequio und zählte zur Zeit des Kriegsbeginnes 31 Bataillone, 1 Schwadron und 13 Batterien. Im Juni kamen noch 12 schwere Batterien hinzu . (Der Krieg an Kärntens Grenze, Hans Lukas,Seite 3, 4) Foto 03

 

Patrouillenunternehmung  27.3.1916 :

Die Wachtmeister Hierzer und Riegerbauer mit acht Schützen rückten am Nachmittag des 27. März 1916 nach Durchquerung  der  Hochwasser führenden Fella über Kote 571 auf Kote 979 vor, in deren Nähe gelegentlich früherer Patrouillengänge eine feindliche Feldwache festgestellt worden war. Bei heftigstem Schneesturm hielt die Patrouille die ganze Nacht Vorpaß an der Waldlisiere nördlich Kote 979. Im Morgengrauen des 28. März, als anzunehmen war, daß die feindliche Feldwache nicht mehr mit einer Überraschung rechnete, wurden die Almhütten auf  Kote 979 durchsucht. Die ersten drei Hütten waren leer, aber aus der vierten drangen Stimmen, italienische Worte. Rasch war die Hütte umstellt, die Tür aufgerissen und auf die überraschte feindliche Besatzung mit Gewehr und Handgranaten das Feuer eröffnet. Die Italiener erwiderten das Feuer, stürzten aber dann, als sie erkannten, daß sie es nur mit einer kleinen Anzahl Österreicher zu tun hatten, mit gefälltem Bajonett auf die Schützen los. Die Italiener waren der kleinen Patrouille an Zahl vier- bis fünfmal überlegen, stämmige, kräftige Alpini rangen mit schmächtigen Burschen, die sich mit Bajonett, Kolben und  Handgranaten der Übermacht erwehrten. Begeisterung und Tapferkeit ersetzte die fehlende Kraft der Lichem Schützen – sie blieben schließlich Sieger. Die feindliche Hauptstellung war inzwischen alarmiert worden, in der Stärke von über 200 Mann kamen Alpini ihren bedrängten Kameraden zu Hilfe. Doch ehe sie noch herankamen, waren zwei Hütten in Brand gesteckt, ein Schütze schleppte italienische Gewehre, so viel er tragen konnte, als Kriegsbeute mit, sieben Schützen packten je einen Alpini beim Kragen und sausten mit ihnen den steilen Abhang hinunter. Wachtmeister Riegerbauer und Korporal Pichler waren im Nahkampfe durch Bajonettstiche verwundet worden, konnten aber den schwierigen Heimweg mit der Patrouille, die von der Hauptstellung der Italiener und deren rechten Flanke unter Feuer genommen wurde, mitmachen. Zwei der gefangenen Alpinis waren ebenfalls schwer verwundet, ihr Transport verursachte der Patrouille nicht geringe Anstrengung.

Eine feindliche Abteilung in der Stärke von ca. hundert Mann verfolgte die schneidigen Schützen bis ins Tal. Nur dadurch, daß Wachtmeister Hierzer die reißende Fella durchschwamm und aus sicherer Deckung, in die feindliche Abteilung feuernd, den Rückzug deckte, gelang es, die Italiener von der weiteren Verfolgung abzuhalten und die Patrouille samt den sieben Gefangenen hinter unsere Stellungen in Sicherheit zu bringen.

In der Abfertigung Nr.30 vom 29.März 1916 spricht das 26. Gebirgs-Brigadekommando dieser Unternehmung vollste Anerkennung und Dank aus sowie eine Spende von 150 Kronen des Armeekommandanten und  eine Prämie in der Höhe von 200 Kronen für die ersten Italiener und Ausrüstungsgegenständen

 

Fankhauser Hubert

 

Geboren 1954 in Hall i. Tirol, seit 1983 in Kärnten wohnhaft. Beamter der Heeresverwaltung. Eingerückt 1973, Auslandseinsätze am Golan und in Zypern. Führte als ehrenamtlicher Bergwanderführer für den Österreichischen Alpenverein, Sektion Klagenfurt,  zahlreiche militärisch-historische Bergtouren in den Julischen und Karnischen Alpen.

 

zurück