Hineingeboren 2 + 3

Ludwig Pullirsch

Mein Vater war damals zwanzig Jahre alt, Leutnant und Militärbergführer.

Leseprobe

Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist  und  zertifizierter Sport-Optiker  
  
Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Stellungen und Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen, Dolomiten, Verona, Venezien und Friaul.  Denkmäler in München, Bayern und dem Rest der Welt.

 

"hineingeboren II" schildert das Leben meines Vaters nach dem Ersten Weltkrieg bis zum Jahre 1930 in Originalzitaten aus seinen Tagebüchern. Nach dem Krieg beginnt er seine Berufslaufbahn als Lehrer in Sierninghofen bei Steyr. Trotz schwieriger finanzieller Bedingungen, Volksschullehrer wurden damals sehr schlecht bezahlt, versucht er den engen Horizont seiner Frankenmarkter Kindheit zu überwinden und unternimmt zahlreiche Auslandsreisen, zum Teil als Rucksacktourist. Seine schlechte finanzielle Situation wird  durch die galoppierende Inflation der 20-er Jahre verschärft, er informiert in den Tagebüchern laufend , indem er Preise vergleicht und zu seinem Gehalt in Relation setzt. Zu politischen Ereignissen in Österreich nimmt er manchmal Stellung, eine Papstaudienz ist der Anlass, an Hand des Lebens von Jesus den Pomp im  Vatikan zu kritisieren, sozialkritisch äußert er sich nach einem Besuch im Armenviertel am Hafen von London. Amüsant liest sich unter anderen Episode eine,  in der er seine Eindrücke über die Kirchenmusik in Frankenmarkt schildert.

Die schrecklichen Erlebnisse im Ersten Weltkrieg lassen ihn aber nicht los, fast jedes Jahr kehrt er zurück an jene Stellen, an denen er als Jugendlicher so Tragisches erlebt hat, es scheint, als wäre er bemüht, durch die Rückkehr an diese Orte  das Erlebte zu verarbeiten und seinen inneren Frieden zu gewinnen. Wie der erste Band, so ist auch dieses Buch ein Zeitdokument aus der Sicht eines Menschen, der diese Zeit tatsächlich erlebt hat.

Mein Vater wanderte im Jahre 1922 mit seinem Bruder Hans von Innichen über das Plateau der Schusterspitze zur Drei-Zinnen-Hütte. Hans war im Ersten Weltkrieg im Gebiet der Schusterspitze stationiert.

Originalzitat aus dem Tagebuch des Jahres 1922:

 Leseprobe

Manchmal stöberten wir in einer Baracke herum, wühlten die Holzwolle auf, suchten nach allem. Weiter ging es bergauf, denn das Plateau war ein schiefe Ebene. Und wieder trafen wir auf einige Baracken und Hans erkannte sie als das ehemalige Bataillonskommando. Die Bude des Hauptmann Brunner war noch sehr gut erhalten. Auch Feldpostkarten und alte Zeitungen fanden wir in den Baracken. Viele Felslöcher sahen von allen möglichen der umliegenden Gipfel auf uns herunter. Hier bei diesen Baracken begannen einige Laufgräben, die in die vordersten Stellungen führten. Wir stiegen weiter an und standen plötzlich auf der Höhe. Vor uns lagen die mächtigen Kolosse der „Drei Zinnen“. Großartig war die Wirkung, die sie auf uns Betrachter ausübten. Unnahbar, ja tückisch drohend, sahen die gelbroten Felswände zu uns Bergsteiger hernieder als wollten sie sagen, „Waget es ja nicht, uns zu besteigen!“. Wir fühlten so recht die eigene Nichtigkeit und Hilflosigkeit und dennoch haben viele, viele Menschen diese Riesen schon von drei Seiten[1] mit Erfolg beklettert. Manchen haben aber die Bergungetüme schon zornig abgeschüttelt, sodass er auf ewig seine Gebeine zur Ruhe legen musste. Mächtige Steinkare, die vom Fuß der Zinnen ins Tal ziehen, zeigen, dass sie noch viel mächtigere Feinde haben als die Menschen. Wind und Wasser sind die beiden Nager, welche die Riesen schon seit Jahrtausenden bearbeiten, aber gewiss werden diese kühnen Spitzen noch Jahrtausende ihren Feinden trotzen. Die Ergebnisse des Verfalls liegen in großen Massen herum. Viele, viele Menschen aber werden euch, ihr Zinnen, noch beschauen und besteigen, aber so mancher, der euch mit Händen und Füßen besteigt, wird zerschmettert herunter fliegen und das Rot eurer Felswände mit seinem Blute verstärken. Manches Auge, das zuerst staunend eure furchtbaren Wände bewunderte, erlosch, noch ehe es eure Schönheit recht begreifen konnte. Während dreier Jahre ward ihr auch Zeugen des großen Menschenmordens. Gewiss seht ihr aus eurer Höhe noch viele Gebeine von Soldaten, die in einsamen Felsrissen bleichen. All die Leidensgeschichten dieser vielen Helden könntet ihr erzählen. Doch in Wirklichkeit kümmern euch kalte Felsriesen diese kleinlichen Menschenschicksale nicht. Wir Menschen sind ja Staubkörner im Vergleich zu euch.

Doch nun wieder zurück aufs Plateau der Schusterspitze. Die Stellung verlief hier am Rande des Plateaus, das sich gegen die Zinnen etwa 400 Meter absenkt und dann wieder ansteigt. Die Schützengräben waren bis auf wenige Ausnahmen schon verfallen, aber die Drahtverhaue lagen noch wie im Krieg. Hans fand zu seiner großen Freude die Überreste der Pater Haspingerhütte, die er im Krieg einige Zeit bewohnt hatte. Am Verhau lagen viele Sprengstücke und leere Blechbüchsen. Hans freute sich sehr, dass wir vor dem Verhau Edelweiß fanden. Von hier aus sahen wir recht gut das ganze Rienztal hinunter bis zum Monte Piano. Beim Verhau beschlossen wir, zur Zinnenhütte zu gehen. Wir stiegen hinunter zur unteren Terrasse und dann zum Sattel gegen das Zinnenhaus hinauf. Am Weg fanden wir zwei Soldatengräber. Zwei ganz einfache Holzkreuze und eine kleine Erhöhung des Bodens zeigten an, dass hier zwei Soldaten sich „ausruhten“. Die Schrift auf den Täfelchen war nicht mehr zu lesen und so ruhen hier jetzt zwei Unbekannte – fern von der Heimat, fern von ihren Lieben, den Zinnen gegenüber. Ihre Taten und das Opfer, das sie der Heimat brachten, sind vergessen, ja sie werden sogar oft verhöhnt! Die Menschen aber, die von eurem Leiden den Nutzen hatten, sind undankbar. Und doch, so denke ich, habt ihr den schönsten Ruheplatz der Welt! Frühmorgens, wenn die Sonne über die Berge heraufsteigt, sendet sie die ersten Strahlen auf eure Ruhestätten und lässt die Tauperlen erglitzern, die auf den vielen Edelweiß hängen, welche eure Gräber umgeben. Abends beleuchten die letzten Sonnenstrahlen glühend rot die Kreuze und dann kehrt heilige Ruhe in die Bergwildnis ein. Wenn manchmal ein einsamer Wanderer vorbei kommt, dann möge er in stiller Andacht euer gedenken, die übrige Welt hat euch bereits vergessen.

Wir sagten „Lebet wohl“ zu den Kameraden und gingen weiter. Der Weg führte uns durch mehrere Drahtverhaue. Einige Ziegen trieben sich zwischen den Felsblöcken herum und das Läuten ihrer Schellen gab der kriegerischen Umgebung eine friedliche Stimmung.


 

[1] die Nordwände waren zu dieser Zeit noch nicht bezwungen worden

 
Hineingeboren Teil 3

 

Der dritte Band der Serie  „hineingeboren“

in der Ludwig Pullirsch die Tagebücher seines Vaters aufarbeitet, ist erschienen.

 Die Arbeiterschaft in Steyr leidet in den 30-er Jahren unter großer Not, tausende sind arbeitslos, in Steyr gibt es bürgerkriegsartige Kämpfe, die der Volksschullehrer Ludwig Pullirsch hautnah miterlebt. Er versucht das Beste aus seinem Leben zu machen, ist viel in den Bergen unterwegs und macht zahlreiche Auslandsreisen. 1935 heiratet er im Alter von 38 Jahren Maria Lang, 1936 kommt Sohn Ludwig und 1938 Sohn Rainer zur Welt.

Die Diktatur des Ständestaates in Österreich wird von der Herrschaft des Nationalsozialismus abgelöst. Irgendwie muss das Leben weitergehen und über dieses „Irgendwie“ wird immer wieder diskutiert. Der Krieg beginnt, Ludwig Pullirsch versucht, so gut es geht, mit seiner Familie zu überleben.

 

VERLAG & GALERIE STEYRDORF

ISBN 978-3-902207-10-4

Paperback, 172 Seiten

 

Verkaufspreis Euro 16,00

 

 

 

Mit herzlichen Grüßen 

Ludwig Pullirsch

Goldbacherstr. 56a

4400 Steyr

Tel.: +43 (0)676 3226155

ludwig@pullirsch.at

www.pullirsch.at

 

 

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