" Werk Sebastiano "

Kriegstagebuch  des Werkskommandanten 

" Werk Cherle "

Entnommen aus dem Roman  
"Sturm über den Werken"
von Albin Kühnel

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Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist
hat die Seiten internettauglich aufbereitet.

Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist  und  zertifizierter Sport-Optiker  
  
Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Stellungen und Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen, Dolomiten, Verona, Venezien und Friaul.  Denkmäler in München, Bayern und dem Rest der Welt.

 

Werk „Sebastiano“  ( Cherle )
 im Weltkrieg
 

Die I. Beschussperiode
(25. Mai - 29. Juni 1915
)

Dieses historische Foto wurde mir von Friedhelm Becker zur Verfügung gestellt,
vielen Dank dafür.

Ein super Foto, auf dem die Einschläge deutlich zu sehen sind. Der Kontereskarpen-Panzerkasematte im Knickpunkt der Grabenstreiche ist schön zu erkennen. Er liegt außerhalb der Einschläge und ist nicht beschädigt. Im unteren Bereich ist der Zuweg zu sehen.

 

25. und 26. Mai 1915  

Nur Beschuß aus Mittelkalibern von 14,9 cm. Nicht festgestellt, ob Haubitz- oder Flachfeuerbatterie und genaue Lage der Feindbatterie. Vermutet unterhalb Tonezza. Nur Schäden am Hindernis geringfügiger Natur. Ca. 200 Schuß abgegeben.  

 

27. Mai 1915  

Erster Beschuß mit einem Kaliber von 28 cm. Feindliche Batterie hinter Campomolon vermutet. Eigene Haubitzen beschießen alle sich bietenden Feindziele. Dem Werk „Sebastiano“ werden 30 Schuß 25 cm zugedacht und ca. 60 Schuß Flachbahnfeuer, hauptsächlich auf die Werksstraße. Der erste Feindbeschuß erzielt vier Treffer am Kasemattblock, zwei im Batterieblock und zwei auf die Decke der Grabenflankierung. Keine besonderen Schäden, außer Sprengtrichter im Betonmassiv. Die 28ziger reißen in den Deckenbeton Sprengtrichter von ca. 70 bis 80 cm Tiefe bei einem oberen Trichterrand von 
ca. 1.90 bis 2.40 m Durchmesser.  

 

28. Mai 1915  

Feuer aus 28 cm-Haubitzen in gleicher Stärke wie am Vortag. Lange Schußintervalle, bis 25 Minuten. Die Haubitzbatterie hat zwei Geschütze und feuert beide Rohre gleichzeitig ab. Sehr starke Rauchentwicklung. Längen- und Breitenstreuung der 28 cm-Haubitze sehr gering. Einschläge liegen immer glatt beisammen. An Treffern werden erzielt: 18 Betontreffer, davon sechs Treffer am Kasemattblock, fünf im Batterieblock, sieben auf die Grabenstreiche und anschließende Kontereskarpe, was viel abgesprengtes Stein- und Betonmaterial in den Graben wirft. Durch 14,9 cm-Feuer die Kehlhindernisse teilweise beschädigt.  

Werkskommando trifft alle Vorsorgen, um genügend Zement für die Ausbesserungen der Betonschäden (Sprengtrichter) zu bekommen. Auf der Werkszufahrt viele Einschläge im Straßenkörper. Werden heute Nacht zugeschüttet werden.  

 

29. Mai 1915  

Seit 06.00 h früh 28 cm Beschuß in der Stärke wie gestern. Feuer dauert, mit Unterbrechung von 12.00 h Mittag bis 01.00 h, pausenlos bis 06.00 h abends an. Lange Schußintervalle, bis zu einer halben Stunde. An 28 cm-Schüssen werden vierzig gezählt, nebst ca. sechzig Schuß gegen die linke Nahkampfanlage mit deren Maschinengewehrpanzern im Batterieblock.  

An sonstigen Treffern werden 16 Betontreffer gezählt, teils am Kasemattblock (neun) und am Batterieblock (fünf). Der Vorbeton des drehbaren  Panzerbeobachters  erhält  unmittelbar vor dem Vorpanzer zwei Vorbetontreffer, die über 3 cm3 Beton abräumen und den Vorpanzer bis zum Auflager bloßlegen. Kuppel intakt, voll drehfähig.  

Die Panzerkuppel der Turmhaubitze Nr. II erhält einen 28 cm Streifschuß, der aber nur auf der rechten Kuppelwange eine Rille von 28 cm Länge und 3 bis 6 cm Tiefe hervorruft, ohne sonstigen Schaden anzurichten.  

 

30. Mai 1915  

Feindfeuer mit 28zigern in gleicher Stärke wie am Vortag. Es werden 45 Schuß gezählt, nebst ca. 30 Schuß 14,9 cm. Zwei Treffer auf den Kordon der Kontereskarpe, der viel Betontrümmer und Fels in den Graben wirft und den Ausschuß der 6 cm-Grabenkanonen behindert. Der Kasemattblock erhält fünf Treffer, der Batterieblock vier Treffer. Der linke fixe Maschinengewehrpanzer erhält einen 28 cm Streifschuß in die linke Kuppelwange neben der Scharte, ohne jeglichen Schaden. Eine 21 cm lange und 2 bis 3 cm tiefe Rille bleibt an der Einschußstelle zurück.  

Das Werkskommando hat Arbeitspartien aus der Werksbesatzung zur Durchführung der Betonarbeiten (Ausbesserung an den Sprengtrichtern auf den Werksdecken) zusammengestellt und wird heute Nacht mit dem Ausbetonieren beginnen. Die Materialzufuhr kann nur bei Nacht oder Nebel erfolgen, da bei Tag jede Bewegung außerhalb des Werkes sofort 14,9 cm Beschuß auslöst.  

 

31. Mai 1915  

Infolge leichten Nebels nur schwacher 28 cm Beschuß. Es wurden 25 Schuß 28ziger gezählt. Das 14,9 cm-Flachbahnfeuer stärker als in den Vortagen. Jede Bewegung außerhalb des Werkes nimmt die Batterie sofort unter Feuer.  

Zwei Betontreffer am Flankierungskoffer der Kehlkaserne mit Kordonschaden. Fünf Einschläge unmittelbar vor dem Frontmauerwerk des Kasemattenblocks.  

 

(Zusammenfassung)  

Im Mai wurden auf das Werk „San Sebastiano“ an Feindschüssen abgegeben: 185 Schuß 28 cm-, ca. 500 Schuß von 14,9-Kaliber.  

Außer den Sprengtrichtern auf der Werksdecke keine sonstigen Schäden. An deren Behebung wird seit heute gearbeitet. Durch die vielen Kurzschüsse sind die Drahthindernisse, speziell der linken Front und Werksflanke, stark in Mitleidenschaft gezogen worden und können erst nach erfolgtem Zuschub von Stacheldraht ausgebessert werden, da die im Werk deponierten Vorräte alle aufgebraucht sind.  

Der eigene Munitionsverbrauch betrug im Mai 1.385 Schuß, davon 
ca. 1.000 Schuß Granatschrapnells, der Rest Schrapnells. Die 6cm
Minimalschartenkanonen hatten keine Schußabgaben und verfügen über den vollen, normierten Bestand.  


 

29. Mai 1915, 05. Uhr 12 nachmittags:  

Die Turmhaubitze Nr. II erhält einen 28 cm Streifschuß auf die rechte Kuppelwange, ohne weiteren Schaden anzurichten. Geschoß gleitet als Geller ab und hinterläßt in der Panzerkuppel eine Rille vom 48 cm Länge und 4cm bis 7cm Tiefe.  

 

28. Juni 1915, 11.18 Uhr vormittags:  

Direkter, 28 cm Steilschußtreffer in die Panzerkuppel. Geschoß detoniert nach erfolgtem eindringen in die Kuppel, wobei die Geschoßspitze in der Panzerkuppel stecken bleibt. Eindringungstiefe ca. 18 cm. Panzerstärke an der Einschlagstelle ca. 25 cm. Im Inneren der Panzerkuppel kein Riß oder keine Ausbeulung festzustellen. Inneneinrichtung unbeschädigt.  

Die linke Kuppelhebevorrichtung hat eine vorübergehende Störung, die nach zweistündiger Reparatur behoben war.  

 

01. Juni 1915  

Infolge zeitweisen Nebels heute kein 28 cm Beschuß. Vom Gegner werden gelegentlich nur einige wenige 14,9 cm-Batterielagen gegen die Werksstraße abgegeben. Alle verfügbaren Mannschaften beim Zuschütten der Sprengtrichter auf den Werksdecken im Einsatz. Leider können wir die Sprengtrichter nicht ausbetonieren, da der im Werk lagernde Zement bereits restlos aufgebraucht ist. Zement ist wohl zugesagt, aber wann dieser für uns greifbar sein wird, wissen wir nicht. Wir müssen uns deshalb damit begnügen, die Sprengtrichter mit den Fels- und Betontrümmern einfach zu verschütten.  

Erst heute erfahren wir genaue Details über die skandalösen Vorfälle, die sich in den beiden Werken „Lusern“ und „Verle“ abgespielt haben und können es nicht für möglich halten, daß es österr.-ungar. Offiziere geben kann, die entweder Verräter, Feiglinge oder so pflichtvergessen sind, daß sie skrupellos das ihnen anvertraute Werk kampflos unserem Erbfeind, dem Italiener, ausliefern wollten. Alle Schuldtragenden müßten sofort ohne viel Geschichten an die Wand gestellt und füsiliert werden; denn Verräter bedürfen keiner Gnade und können wir in unseren Reihen auch nicht dulden.  

Nun, bei meinen Offizieren und Soldaten wären solche Zustände unmöglich, da ich auf eiserne Disziplin und restlose Pflichterfüllung bei meiner Werksbesatzung das Hauptaugenmerk richte. Die Stimmung meiner Werksbesatzung ist auch einmalig gut und beweist auch dies, daß derzeit kein Mann marod oder in Lazarettbehandlung ist.  

 

02. Juni 1915  

Unser Werk ist wie gestern zeitweise in Nebel gehüllt, und wir geben deshalb den italienischen Artilleriebeobachtern auf „Campomolon“ und „Toraro“ ein schlechtes Ziel, weshalb der 28 cm Beschuß auch heute unterblieb. Nur zeitweises Lagenfeuer der 14,9 cm Batterie mit Sprenggranaten auf die Werkszufahrt, welche schon große Schäden im Straßenkörper aufweist.  

Heute Besuch unseres Gruppenkommandanten, Oberst Lempruch, der uns u.a. mitteilt, daß für die Abschnitte Folgaria-Lavarone eine eigene Geniestabsabteilung beim Gruppenkommando Lavarone eingerichtet wurde, der in Zukunft die ganze technische Abwehr anvertraut sein wird. Der dafür bestimmte Geniereferent, Ingenieur Hauptmann Schneider, welcher bisher in dieser Eigenschaft dem 10. Armeekommando, General der Kavallerie Rohr, zugeteilt war, soll bereits eingetroffen sein.  

Ich begrüße diese Maßnahmen, wenn die ganze technische Abwehr verantwortlich in einer Hand liegt, denn wir wissen ja nicht, was wir noch alles zu erwarten haben, da der Krieg ja kaum begonnen hat.  

 

03. Juni 1915  

Weiterhin nebliges Wetter mit vorübergehenden, kurzen Aufklärungen. Kein 28 cm Beschuß, nur vorübergehendes 14,9 cm-Störungsfeuer mit Sprenggranaten auf unsere Werksdecken, das aber keinen Schaden anrichtet. Merkwürdigerweise ist bis heute die knapp vor unserem Werk entlangführende eigene Widerstandslinie noch  nicht  beschossen  worden  und bekommt nur die Kurzschüsse des Feindbeschusses, der unserem Werk zugedacht ist, zu verspüren.  

Heute (war) unser Brigadier, Generalmajor Edler von Verdroß, mit dem neuen Geniereferenten, Hauptmann Schneider, zur Inspizierung im Werk. Alles wurde eingehend besichtigt, und sprach mir unser Brigadier seine volle Zufriedenheit aus. Unser Brigadier macht mich weiters darauf aufmerksam, daß das 180. Brigadekommando plant, die derzeitige, für die Abwehr ungünstig verlaufende eigene Widerstandslinie weiter nach vorne zu verlegen, um bessere Verteidigungsmöglichkeiten zu schaffen. Den dazu notwendige eigene Angriff, welcher in den nächsten Tagen erfolgen soll, habe ich mit unseren sechs 10 cm-Turmhaubitzen artilleristisch zu unterstützen. Weiters habe ich aus den zwei in Reserve befindlichen  Maschinengewehren des Werkes eine  mobile Maschinengewehr-Abteilung aufzustellen, welche von den Werksartilleristen zu bedienen ist. Weiters wird die derzeit nicht gebrauchte Infanteriebesatzung des Werkes (vom) Landesschützenregiment Nr. I im Stande von einem Offizier, fünf Unteroffizieren und achtzig Mann für den Angriff zur Frontverbesserung eingesetzt. Für die Mobilität der aufzustellenden Maschinengewehr-Abteilung sind alle Vorbereitungen sofort zu treffen.  

Mit Hauptmann Schneider (habe ich) noch über verschiedene Nachschubangelegenheiten konferiert, wie vor allem Zement, Werkzeuge, Stacheldraht u.a., und verspricht mir dieser, unseren Bedürfnissen nach Möglichkeit zu entsprechen. Jedenfalls bekommen wir die schon lange zugesagte Landsturm-Arbeiterabteilung morgen zugeteilt, die zur Verfügung für alle Arbeiten mir untersteht, was eine fühlbare Erleichterung des ganzen Dienstbetriebes für meine Artilleristen bringen wird.  

 

04. Juni 1915  

Nur schwacher 28cm Beschuß mit 30 Schuß für den ganzen Tag, die in Zweischußlagen mit Intervallen bis zu einer halben Stunde ausgefeuert werden. Der heutige 14,9cm Beschuß richtet sich mit Sprenggranaten nur gegen die Werkszufahrt, die für Fuhrwerke nicht mehr passierbar ist. Der ganze Nachschub und Bedarf des Werkes muß von der Werksbesatzung auf deren Schultern herangeschleppt werden. Die vom Brigadekommando zugesagten Landsturmarbeiter sind noch nicht eingetroffen. 

Der heutige 28cm Beschuß erzielt nur acht Einschläge im Werk. Davon treffen zwei den Kasematten-, drei den Batterieblock und drei die Kontereskarpe des linken Auslaufgrabens. Alle anderen Einschläge landen entweder in unseren Fronthindernissen oder gehen als Weitschüsse über unser Werk hinweg. Die Batteriestellung der uns unter Feuer haltenden zweipiecigen 28cmBatterie wurde heute eindeutig festgestellt und befindet sich unterhalb des Steilabsturzes des Campomolon, unterhalb des Kote 1.648 (Mt. Melignone) an der Straßenkehre oberhalb des Venapasses. Leider liegt die 28 cm-Batterie außerhalb der Portee meiner 10 cm-Turmhaubitzen, weshalb ich dieselbe mit meiner Werksartillerie nicht bekämpfen kann. Sonstige eigene Langrohrgeschütze mit entsprechender Portee im Brigadebereich gibt es auf der ganzen Plateauverteidigung nicht, um der 28cm Batterie beikommen zu können.

Die mobile Maschinengewehr-Abteilung, bestehend aus einem Offizier, drei Unteroffizieren und zwanzig Mann zuzüglich acht Tragtierführern (Bosniaken) mit sechzehn Tragtieren, ist zusammengestellt und jederzeit marschbereit. Die heute vom Brigadekommando zugewiesenen Tragtiere mit den Tragtierführern sind in der Ortschaft Tezzel untergebracht, da wir im Werk ja keinen Platz für die Unterbringung der Pferde haben. Das ging uns auch noch ab, bei den beschränkten Platzverhältnissen für die Einstellung der Pferde auch noch zu sorgen.  

In unserer rechten Werksflanke sind heute auf Kote 1.485 zwei uralte 7cm M 99 Gebirgskanonenbatterien sowie einen 10 cm M 99 Gebirgshaubitzbatterie in Stellung gegangen (Kote 1.374), welche zur Verstärkung unserer Werksartillerie und jener des Werkes „Sommo“ beim vorgesehen Angriff zur Frontverbesserung mitwirken sollen. Je ein Artilleriebeobachter der drei Batterien (drei Offiziere und zwölf Telephonisten sowie drei Offiziersdiener) haben im Werk zur Leitung deren Artilleriefeuers heute Posten bezogen und müssen im Werk untergebracht und verpflegt werden. Wir haben darüber keine besondere Freude, denn die räumliche Beengtheit im Werk, verbunden mit der ganz unzulänglichen Kücheneinrichtung bringt Schwierigkeiten noch und noch. Aber das Artilleriegruppenkommando befiehlt - dagegen ist nichts zu machen.  

In den Abendstunden kommt der Artillerie-Gruppenkommandant, Hauptmann des Artilleriestabs Wodicka, mit Stab zu uns ins Werk, um eine mögliche zentrale Leitung des für den Angriff geplanten Artilleriefeuers zu erkunden. Die Beobachtungsmöglichkeiten von unserem Werk aus entsprechen nicht den Anforderungen des Hauptmann Wodicka, und (es) wird dafür Werk „Sommo“ als Artilleriezentrale gewählt. Wir sind darüber nicht böse, denn dies hätte uns eine zusätzliche Belegung von mindestens 50 bis 60 Köpfen bedeutet. Und wohin mit den Leuten?  

In den Abendstunden treffen die ersten 500 Sack Zement im Werk ein, die nahezu 2 km auf den Schultern herangetragen werden mußten.  

 

5. Juni 1915  

Der Beschuß mit 28ern in gleicher Stärke wie gestern. Sehr lange Schußintervalle, zeitweise bis eine halbe Stunde. Es wurden 35 Schuß vom Kaliber 28 cm und 20 Schuß 14,9 cm vom Feinde abgegeben. Die 14,9 cm-Treffer (zeigten) gegen Betonbauten keine Wirkung. Der Kasemattblock erhielt drei Treffer, der Batterieblock einen Treffer auf das Ganggewölbe, der rechte fixe Maschinengewehr-Panzer im Batterieblock  zwei  Vorbetontreffer,  welche  nahezu zwei cbm Beton abräumen. Der halbe Vorpanzer ist ohne Vorbeton und dadurch sehr gefährdet.  

Bis heute früh wurden 23 Sprengtrichter auf den Werksdecken ausbetoniert. Die Landsturmarbeiter sollen heute Nacht eintreffen. Unterbringung und Verpflegung soll durch die Werksküche geleistet werden.  

 

6. bis 9. Juni 1915  

Nur sehr schwacher Beschuß mit 28 cm-Kalibern. Leichter Nebel behindert die feindliche Beobachtertätigkeit. In den vier Tagen werden nur 40 Schuß 28 cm und 45 Schuß vom Kaliber 14,9 cm abgegeben.  

Keine Beton- oder Panzertreffer. Die Kontereskarpe und (die) Eskarpe des Grabens in der Front (wurden) durch Kurzschüsse stark abgekämmt mit vielem Abfall von Felsmaterial in den Graben. Dieser (ist) stellenweise stark verschüttet.  

(Die) Werksstraße (ist) wieder ausgebessert, alle Trichter (sind) ausgefüllt.  

 

10. Juni 1915  

Sehr schwacher 28 cm Beschuß. Es wurden von 8 Uhr früh bis 4 Uhr nachmittags (Feuereinstellung) nur 20 Schuß gezählt. Es wurden nur zwei Treffer im Vorbeton beim linken fixen Maschinengewehr-Panzer erzielt und der Vorpanzer zu 1/3 teilweise freigelegt.  

 

11. Juni 1915  

Schwacher 28 cm-Beschuß mit 30 abgegebenen Schüssen. Ca. 40 Schuß 14,9 cm; alles gegen die Werkszufahrtsstraße.  

Keine Betontreffer. Vor dem Frontmauerwerk des Kasemattenblocks über zehn Einschläge von 28 cm-Kalibern.  

 

12. Juni 1915  

Stärkerer 28 cm Beschuß als an den Vortagen. Es wurden 40 Schuß 28 cm registriert und ca. 30 Schuß vom Kaliber 14,9 cm; diese nur gegen die Werksstraße.  

Im Batterieblock wird der Verdecksausgang zweimal getroffen und verschüttet. Die Panzerkalotte des Aufgangs (ist) leicht eingebeult. Der linke fixe Maschinengewehr-Panzer im Batterieblock erhält zwei Vorbetontreffer, aber diesmal mit geringer Wirkung. Ca. 1 cbm Beton abgescheert.  

Gestern Nacht sind 146 Mann und 4 Unteroffiziere der schon erwarteten Landsturmarbeiter eingetroffen. (Die) Unterbringung macht große Schwierigkeiten.  

 

13. Juni 1915  

Feindbeschuß in gleicher Stärke wie gestern. An 28 cm-Geschossen erhielten (wir) heute 25 Schuß zugedacht, die infolge Unsichtigkeit nur vier Werkstreffer erzielten. Beton- oder Panzertreffer wurden keine verursacht. Das 14,9 cm Langrohrfeuer (lag) teilweise auf dem Werk und der Werkszufahrt, die man kaum mehr als solche bezeichnen kann, da diese einem Trichterfeld gleichkommt.  

Der Geniereferent Hauptmann Schneider (war) heute bei uns im Werk; (ich habe) alles mit ihm wegen (des) Ausbaus eines bombensicheren Zufahrtsstollens zum Werk besprochen, um eine gesicherte Versorgung des Werkes zu erreichen. Hauptmann Schneider verspricht mir die Zuweisung von Mineuren, Bohrgerät, Sprengstoff, Feldschmiede usw., kann jedoch, um einen raschen Baufortschritt zu gewährleisten, derzeit keine Bohrmaschine zur Verfügung stellen, so daß von Hand aus gebohrt werden muß.  

Die Schäden an der zerschossenen Werksstraße können derzeit nicht mehr ausgebessert werden, und (wir) müssen froh sein, einen Trampelweg für unsere Trägermannschaften im Trichtergewirr offen halten zu können.  

Heute hat sich im Werk bei mir ein für den Abschnitt Folgaria von den Skodawerken in Pilsen abgestellter Monteur gemeldet, der als Spezialist für Geschütz-, Lafetten- und Panzerbeschädigungen ständig bei uns bleiben wird. Ich bin sehr froh darüber, eine solche Hilfe zu bekommen, da es uns selbst an den notwendigen Kenntnissen fehlt, mit solchen Reparaturen fertig zu werden.  

 

14. und 15. Juni 1915  

Infolge Nebel und leichtem Nieselregen kein Feindbeschuß mit 28 cm-Kalibern. Auch der 14,9 cm Beschuß (ist) mit nur 20 Schrapnells auf die Werkszufahrt geringfügig und ohne Schäden anzurichten. Alle in den letzten Tagen entstandenen Betonschäden sind behoben. Auch die durch den Beschuß stark in Mitleidenschaft gezogenen Hindernisse sind ausgebessert, zum Teil sogar erneuert.  

Unser Skodamonteur hat umfangreiches Montagewerkzeug mitgebracht, dessen Transport, da all das schwere Gut getragen werden mußte, meinen armen Trägermannschaften schwer zu schaffen machte. Ein Dreifußkran kann aber erst dann antransportiert werden, bis die Werkszufahrt soweit in Ordnung ist, diesen heranzuschaffen. Derzeit ist der Skodamonteuer dabei, alle Hebevorrichtungen der Panzerkuppeln der 10 cm-Haubitzen zu überprüfen, die sich als schwacher Punkt unserer Drehpanzer erwiesen haben.  

Für morgen ist der vorbereitete Angriff zur Vorverlegung unserer Front angesetzt. Unsere Infanteriebesatzung sowie die vom Werk ausgerüstete mobile Maschinengewehr-Abteilung verlassen in den Abendstunden unser Werk, um deren Ausgangsstellungen zu beziehen und die dortselbst für den Angriff bereits in Stellung befindlichen Tiroler Landstürmer zu verstärken. Durch den Abzug dieser mehr als hundert Mann starken Abteilung gewinnen wir im Werk wenigstens wieder Belagsraum, um die Landsturmarbeiter halbwegs menschlich unterbringen zu können.  

Unser Werksartillerie schweigt, (und) wir geben den ganzen Tag keinen einzigen Schuß ab.  

 

15. Juni 1916  

Der für heute früh vorgesehene Angriff wird auf morgen früh verschoben! Auch heute den ganzen Tag kein 28 cm Beschuß. Tagsüber ca. 20 Schuß 14,9cm Kaliber auf das Werk mit Sprenggranaten. 

Heute in den Nachmittagsstunden (sind) zehn Mann Sappeure vom Sappeur-Bataillon Nr. 14 mit zwei Unteroffizieren eingetroffen. Ingenieur-Hauptmann Schneider und ein Fortifikationswerkmeister kommen in den frühen Abendstunden ins Werk und unterweisen die beiden Unteroffiziere der Sappeure über Umfang und Ausführung der vorgesehenen Arbeiten. Alle Hilfsmannschaften, voraussichtlich 20 bis 25 Mann, werden von den Landsturmarbeitern gestellt, da aller Sprengschutt in Sandsäcken nach außen befördert werden muß.  

Das Artilleriegruppenkommando Hauptmann Wodicka hat seine Artillerieleitung nach dem Werk „Sommo“ verlegt, da dieses günstigere Beobachtungsmöglichkeiten bietet und über mehr Beobachtungspanzer verfügt als wir (fixe Maschinengewehr-Panzerkuppeln).  

Die wenigen Sprengtrichter auf den Werksdecken (wurden) alle ausbetoniert.

   

16. Juni 1916  

Der Morgennebel beginnt sich erst nach 6 Uhr früh zu lichten, weshalb unser vorbereitendes Artilleriefeuer erst um 7 Uhr früh schlagartig auf die einzelnen vorgesehenen Ziele einsetzt. Die Angriffsartillerie ist mehr als schwach und zählt in unserem Abschnitt „Werk Sebastiano - Werk Sommo“ nur 32 Rohre für den sechs Kilometer breiten Angriffsraum, (nämlich):  

sechs 10 cm-Turmhaubitzen der Werke „Sebastiano“ (und) „Sommo;

zwei 10 cm-Traditorhaubitzen des Werkes „Sebastiano“;

vier 10 cm-Gebirgshaubitzen M 99;

acht 7 cm-Gebirgskanonen M 99;

vier alte 9 cm-Feldkanonen M 75/96;

zwei 12 cm-Belagerungskanonen M 80;

vier 7 cm-Gebirgskanonen M 75 als mobile Reserve.

 

Die Italiener wurden scheinbar vollkommen überrascht. Nach einem Vorbereitungsfeuer von 20 Minuten (um Munition zu sparen!!!) auf die Einbruchsstellen werden diese dank der einmaligen Schneid und Angriffsfreudigkeit der alten Landstürmer und Standschützen im ersten Anlauf genommen und gegen zwei schwächlich geführte Gegenangriffe gehalten.    

Für den Angriff auf der insgesamt 12 km breiten Angriffsfront standen folgende Verbände zur Verfügung:

3 Detachements Landesschützen aus den Werken „Sebastiano“, „Sommo“ und „Serrada“;

3 Maschinengewehr-Abteilungen aus Festungsartilleristen der genannten Werke mit je zwei MG;

1 Marschbataillon (X.) des Tiroler Kaiserjägerregiments Nr. 4;

2 Landsturmbataillone (Tiroler Landsturmbataillon Nr. 1 und Landsturmbataillon Nr. 160);

2 Standschützenbataillone („Kufstein“ und „Kitzbühel“);

2 Standschützenbataillone („Glurns“ und „Wörgl“) als Reserve.

 

Das Feuer meiner sechs 10 cm Haubitzen konnte man als „Punktfeuer“ bezeichnen, so genau und präzise lagen unsere ausgefeuerten Batterielagen im Ziel, welche jeweils vom Artilleriegruppenkommando im Werk „Sommo“ angegeben und verlangt worden waren.  

Zu Mittag war in unserem Gefechtsbereich bereits der Durer (Kote 1.585) in unserem Besitz, um 2 Uhr nachmittags der Kote 1.653, der rechte Flügel des Angriffsziels der Gruppe „Sebastiano“.  

Das erwartete Vergeltungsfeuer der Italiener war schwach und ungenau. Ca. 40 Schuß Kaliber 28 cm, alles in Einzelschüssen auf unser Werk, erzielten nur vier Treffer auf der Decke des Kasemattenblocks und zwei Treffer auf dem Batterieblock. Eine uns bisher unbekannte 14,9 cm-Batterie auf Toraro versuchte, mit ca. 10 bis 15 Schuß unsere Traditorenbatterie zu treffen, welche ganz hervorragende flankierende Wirkung beim Angriff unserer Truppen erzielte, was ihr aber nicht gelang. Der Panzerschild der rechten Kasematthaubitze erhielt einen Treffer, ohne jeglichen Schaden anzurichten.  

In unserem Werk waren zwei Kasematten als Auffanglazarett hergerichtet worden, und (es) trafen ab 10 Uhr vormittags die ersten Schwerverwundeten ein, die von unserem Werksarzt und seinen Gehilfen sofort neu verbunden und betreut wurden. Auch ca. 400 gefangene Italiener, darunter an die 40 Verwundete, mußten (wir) zur vorläufigen Bewachung und späteren Eskorte nach Folgaria übernehmen und betreuen. Unter den Gefangenen befanden sich sieben Offiziere, welche wir gastlich, wie wir Österreicher schon sind, in unserer Offiziersmesse bewirteten.  

Bis 3 Uhr nachmittags waren alle vorgesehenen Ziele erreicht, und sofort (wurde) mit dem Ausbau der neuen Widerstandslinie unter Mitverwendung vorgefundener italienischer Stellungen begonnen.  

Die Italiener sind aus unserem Blickfeld verschwunden und haben neue Stellungen rückwärts, ca. 1 bis 1,5 km (von) unserer neuen Widerstandslinie entfernt, bezogen.  

Unsere Werksartillerie hatte heute 1,419 Schuß 10 cm-Haubitzmunition verbraucht, davon 951 Granatschrapnells und 468 Schrapnells und damit eine empfindliche Lücke in unsere Werksbestände gerissen.  

Von den zugeteilten Landsturmarbeitern müssen (wir) heute noch hundert Mann mit drei Unteroffizieren vorübergehend zum Ausbau und (zur) Anlage der neuen Zugangswege zum neuen Frontabschnitt abgeben. Ing.-Hauptmann Schneider und vier Fortifikationswerkmeister leiten diese Arbeiten, um die neuen Stellungen schnellstens zugänglich zu machen.  

Von unserm Brigadier, Generalmajor Edler von Verdroß, bekomme ich in den Abendstunden telephonische Anerkennung für unser ausgezeichnetes Artilleriefeuer und dessen Wirkung, welche meine Artilleristen ebenfalls zu verlautbaren ist.  

 

17. Juni 1915 

Im ganzen neuen Frontverlauf (herrscht) vollkommene Ruhe. Nur schwacher 28 cm Beschuß, aber mit mehr Erfolg als in den letzten Beschußtagen.

Eine Heldentat sondergleichen leistete sich unser Landesschützendetachement meiner Werksbesatzung in Verbindung mit unserer mobilen Maschinengewehr-Abteilung. Unter Ausnützung des heutigen Morgennebels sollten die Landesschützen eine Erkundung in unserem Abschnitt durchführen, um festzustellen, wie die neue feindliche Front verläuft. Die Landesschützen erstiegen dabei den Monte Coston (Kote 1.769), überraschten die dort noch schlafenden Italiener, die fluchtartig ihre Stellung verließen und die wichtige Position nahezu kampflos dadurch in unseren Besitz gelangte. Ein gegen 10 Uhr vormittags erfolgter Gegenangriff der Italiener brach schon im Abwehrfeuer unserer und des Werkes „Sommo“ 10 cm-Turmhaubitzen in seiner Entwicklung zusammen. Wie ich vom Brigadekommando soeben verständigt wurde, soll der Monte Coston vorläufig gehalten werden, da dieser ausgezeichnete Einsicht in das gegnerische Stellungssystem gewährt und auch unserer vorgeschobenen Artilleriebeobachtung nützlich sein wird.  

In den Abendstunden konnten alle in unserem Kampfabschnitt eingebrachten Verwundeten bis auf elf Schwerverwundete nach Folgaria abgeschoben werden; ebenso die Gefangenen, so daß wir wieder halbwegs normale, kasernenmäßige Verhältnisse und Diensteinteilung im Werk haben.  

Auch die drei Artilleriebeobachter mit Anhang haben uns heute wieder verlassen, da deren Batterien neue Stellungen hinter der neuen Widerstandslinie bezogen, um mit der geringen Portee deren alten Geschützen näher beim Feind sein zu können.  

Für unsere ausgeborgten Landsturmarbeiter müssen (wir) weiterhin die Verpflegung stellen, die von meinen Artilleristen sogar nach vorn gebracht werden muß, damit kein Zeitverlust beim Ausbau der neuen Frontwege eintritt, um diese so rasch wie möglich fertig zu bringen.  

Als Ersatz für die verbrauchten Munitionsbestände bekommen (wir) morgen 600 Schuß Granatschrapnells für unsere 10 cm-Turmhaubitzen. Das wird wieder viel Arbeit für meine Artilleristen geben, da jeder Verschlag auf den Schultern ca. 1.700 m herangetragen werden muß, da die Werksstraße im gegenwärtigen Zustand nicht befahrbar ist.  

Ing.-Hauptmann Schneider, welcher bis auf weiteres unser Gast ist, verspricht mir, sobald die Zugangswege zur neuen Widerstandslinie fertig sind, eine Landsturmarbeiterpartie für die Ausbesserung der Straße und Werkszufahrt einzusetzen.  

Was den heutigen 28 cm Beschuß anbelangt, war dieser schwächer als gestern, aber mit wesentlich mehr Erfolg. Von den dreißig auf das Werk abgegebenen Schüssen wurden zwei Panzertreffer erzielt. Der Feindbeschuß galt diesmal dem Batterieblock, und (es) wurden auf diesem außer den Panzertreffern sieben Betoneinschläge erzielt.  

Die Panzerkuppel der Turmhaubitze Nr. II erhielt einen Treffer oberhalb links der Scharte. Das 28 cm-Geschoß drang ca. 18 cm tief in den Panzer ein, wobei die Geschoßspitze abbrach und im Panzer stecken blieb. An der Innenseite der Panzerkuppel ist nicht einmal zu bemerken, wo der Einschlag erfolgte. Nicht einmal die Farbe ist abgeblättert, so gut ist unser Skodastahl. 

Der zweite Panzertreffer erfolgte bei der  Turmhaubitze Nr. IV auf  deren  Vorpanzer.  Das 28 cm Geschoß, in schrägem Winkel aufgeschlagen, zerbrach dabei in drei Teile, ohne zu detonieren. An der Auftreffstelle, ca. 10 cm unter dem Panzerkuppelauflager, (entstand) ein 20 cm langer Riß und (eine) geringfügige Einbeulung. Kein Panzerdurchschlag! Durch den Chok der Auftreffwucht (wurde die) Hebevorrichtung der Panzerkuppel blockiert, weshalb sich diese nicht drehen läßt. Der Skodamonteur ist bereits mit der Behebung des Schadens betraut.  

Streufeuer mit 14,9 cm-Kalibern nur während der Nacht auf das Werk mit Sprenggranaten, ohne größeren Schaden anzurichten.  

 

18. Juni 1915  

Gleiche 28 cm-Feuerintensivität wie gestern. Es wurden 35 Schuß vom Kaliber 28 cm gezählt, die teilweise in Zweischußlagen und als Einzelschüsse abgegeben wurden. Der Beschuß dauerte von 6 Uhr früh bis 6 Uhr abends. Im Werksgelände wurden 17 Einschläge und 8 Betontreffer erzielt. Die Betontreffer verteilen sich mit fünf Treffern auf die Decke des Kasemattenblocks und drei Treffern auf die Decke des Batterieblocks.  

Gestern abends (sind) weitere vier Unteroffiziere und 82 Mann Landsturmarbeiter im Werk eingetroffen. Mit den 100 Mann abkommandierten Landstürmern haben (wir) jetzt einen Überbelag von über 200 Mann entgegen dem vorgesehenen, normierten Belagsstand. Ich muß in den Kasematten im Obergeschoß drei Reihen Pritschen übereinander herstellen lassen, um die Leute unterzubringen. Die Landstürmer liegen in den Gängen, den ohnehin beschränkten Raum für den Verkehr noch mehr einschränkend. Auch die Werksküche kommt mit der Versorgung kaum noch zurecht. Auch die Werkslüftung ist ein vollkommener Versager, und (sie) reicht für die gegenwärtigen Verhältnisse des Überbelegens nicht im entferntesten mehr aus. Die nur von Hand aus zu betreibenden Ventilatoren schaffen kaum Frischluft in das Werksinnere.  

Was haben sich Planer und Erbauer des Werkes im Frieden dabei gedacht? So schwere Versäumnisse machen sich jetzt zum Nachteil der Gesundheit der Besatzung täglich bemerkbar. Der Krankenstand betrug bis jetzt ein Minimum der  sonst  üblichen  Marodenzahl;  doch häufen sich laufend Fälle an Beschwerden der Atmungsorgane, die zu denken geben.  

14,9 cm-Beschuß nur während der Nacht; gering.  

 

19. und 20. Juni 1915  

Infolge schlechten Wetters kein 28 cm Beschuß. Streufeuer der 14,9 cm-Batterie gering und nur während der Nachtzeit (ca. 40 Schuß).  

Heute (habe ich) mit Ing.-Hauptmann Schneider der Geniestabsabteilung alles wegen (der) Verbesserung der Lüftungseinrichtung besprochen. Sobald wie möglich werden Lüfter mit Motorantrieb dem Werk zugewiesen werden. Auch soll bereits in den nächsten Tagen mit dem Ausbetonieren der Ringgallerien in den Schächten der Turmhaubitzen begonnen werden, um einen verstärkten Schutz gegen einen möglichen Durchschlag dieses sehr empfindlichen Panzerteiles zu verhindern. Die dazu notwendigen und bereits zugeschnittenen Trägerprofile N.P. 40 werden bereits morgen Nacht angeliefert werden.  

Alle Betonschäden behoben; die Turmhaubitze Nr. IV (ist) repariert.  

 

21. Juni 1915  

Bei sehr guter Sicht wieder lebhaftes 28 cm-Feuer. Es werden 40 Schuß gezählt, die alle als Einzelschüsse abgegeben wurden. An Einschlägen erfolgten 19 im unmittelbaren Werksgelände; weiters erhält der Kasemattenblock sechs und der Batterieblock drei Treffer. Der Batteriehohlgang erhält an der gleichen Stelle zwei Einschläge, die zwar nicht durchschlagen, aber an der inneren Laibung des Gewölbes einen Betonabfall von ca. ½ cbm hervorrufen. Sprengtrichtertiefe: 2,3 m! (Gewölbestärke: 3 m). Der 14,9 cm Beschuß (ist) gering und gilt nur der Werkszufahrt.  

 

22. Juni 1915  

Kein 28 cm Beschuß! Geringes 14,9 cm-Feuer auf die Werkszufahrt mit 
ca. 30 Schuß. Von der ehemaligen Straße ist kaum mehr etwas zu erkennen.
 

Die Nacht schleppten die Trägerkolonnen die für die Ringgallerien bestimmten Profilträger in das Werk, das mit großen Mühen und Plagen der Träger verbunden war. Jeder Sack Zement muß auf den Rücken dieser alten, braven Landstürmer herangetragen werden, ohne Rast, bis zur völligen Erschöpfung dieser braven, ungenannten Kämpfer.  

Hindernisse zu 2/3 ausgebessert, aber noch viele Lücken im Hindernis.  

 

23. Juni 1915  

Kein 28 cm Beschuß; lediglich einige Lagen Sprenggranaten von 14,9 cm-Kalibern auf die 10 cm Traditorenbatterie der rechten Werksflanke, vermutlich mit nur drei Rohren. Die Batterie dürfte, soweit wie bis jetzt beobachtet, unterhalb des  Monte  Toraro  etabliert  sein.  Die 14,9 cm-Batterie ist so gut gedeckt, daß nicht einmal deren Mündungsfeuer zu beobachten ist. Auch unser Artilleriebeobachter auf dem Monte Coston konnte die genaue Lage der Batterie bis jetzt nicht feststellen. Schallmeßgeräte besitzen wir leider in unserem Folgaria-Abschnitt noch nicht, weshalb wir nur auf Vermutungen angewiesen sind. Nachdem diese unangenehme Batterie sowieso außerhalb des Portees unserer 10 cm-Turmhaubitzen sich befindet, ist eine Bekämpfung illusorisch.

Seit dem 16. Juni ist es auf der ganzen neuen Abwehrfront auf Folgaria ganz ruhig und still. Bis jetzt hat der Italiener noch nicht versucht, unsere Stellungsinfanterie aus deren neuen Abwehrstellungen zu vertreiben. Außer beiderseitiger Patrouillentätigkeit während der Nachtstunden (ist) keine Kampftätigkeit zu verzeichnen. Für das mir anvertraute Werk „Sebastiano“ ist es eine große Beruhigung, zu wissen, daß unsere neue Abwehrlinie nun mehr als einen Kilometer vor diesem verläuft und dadurch unsere bisher sehr gefährdete und prekäre Werkszufahrt vor Überfällen ausreichend geschützt erscheint. Für unsere eigenen Werksartilleriebeobachter haben (wir) auf den Monte Coston, (den) Durer und (den) Kote 1.653 drei stabile Telephonleitungen verlegt und sind nun jederzeit in der Lage, mit unseren 10 cm Turmhaubitzen rasant in das neue Vorfeld der Abwehrfront zu wirken. Unserer Stellungsinfanterie kann somit jederzeit entsprechende artilleristische Unterstützung gewährt werden. Auch unsere zweipiecige 10 cm Traditorenbatterie bestreicht im Rahmen ihrer Seitenschwenkung das ganze Vorfeld und (die) Nordflanke des isolierten Stützpunktes Monte Coston, außerdem (das) Angriffsgelände und (das) Vorfeld unserer beiden Nachbarwerke „Sommo“ und „Serrada“.

Alle in den letzten Tagen entstandenen Betonschäden und jene an den Hindernissen sind ausgebessert. Auch die letzten Schwerverwundeten vom Angriff am 16. Juni konnten heute in das Feldspital in Folgaria abgeschoben werden. Derzeit haben (wir) im Werk keinen Maroden in Lazarettbehandlung. Stimmung der Besatzung einmalig gut.  

 

24. Juni 1915  

Während des ganzen Tages (herrschte) völlige Stille und Ruhe in unserem Frontabschnitt „Sebastiano“. Kein Feindbeschuß mit 28 cm-Kalibern; lediglich sehr schwaches 14,9 cm-Feuer mit ganzen 20 Schuß gegen die 10 cm Traditorenbatterie des Werkes, ohne Erfolg. Der Panzerschild der beiden Traditorkasematten wurde wohl dreimal getroffen, jedoch zerschellten die Sprenggranaten im Aufschlag auf den Panzer, ohne weiteren Schaden anzurichten.  

In pausenloser Tag- und Nachtarbeit geht das Ausbetonieren und die Verstärkung der Ringgallerien der vier 10 cm-Turmhaubitzen weiter, um den inferioren und zu wenig tief in das Betonmassiv einreichenden Vorpanzern besseren Schutz und Widerstandsfähigkeit zu gewähren. Wir hoffen, durch diesen zusätzlichen Träger- und Betonschutz vor den 28 cm-Kalibern, welche im Lavarone-Abschnitt an den blanken Vorpanzern der Werke „Verle“ und „Lusern“ unliebsame Schäden und Verluste verursachten, für die Zukunft doch ausreichend geschützt zu sein, um Panzerdurchschläge zu verhindern, falls kein schwereres Feindkaliber als das 28 cm (Geschoß) zum Einsatz kommt.  

Ich unterhielt mich über die mangelhafte Vorpanzerkonstruktion mit unserem Ing.-Hauptmann Schneider. Der gegenwärtige Zustand muß leider in Kauf genommen werden, wie er eben ist. Ein Mehr als die in Ausführung begriffenen Verstärkungen an den Ringgallerien durch Ausbetonieren derselben läßt sich nicht machen, und (es) bleibt nur die Hoffnung, daß sie ausreichenden Schutz gegen die gefürchteten Vorpanzerdurchschläge gewähren. Das ist auch so ein unliebsames Kapitel unseres allmächtigen und unfehlbaren militärtechnischen Komitees, das wieder einmal beweist, daß dort niemand daran dachte, dem Vorpanzer der Turmhaubitzen die gleiche Stärke zu geben wie den 25 cm dicken Panzerkuppeln, an Stelle der lächerlichen 10 cm-Panzer. Dabei ist aber der Vorpanzer der Turmhaubitzen während des Feindbeschusses genauso gefährdet wie die um vieles stärkere Panzerkuppel.  

Unsere ausgeborgten Landsturmarbeiter sind derzeit noch immer am Stellungsbau und (mit) der Herrichtung von Zubringerwegen beschäftigt, und (ich) bekomme diese nur abends zu sehen, wenn sie, abgerackert von der schweren Tagesarbeit, für einige Stunden Schlaf im Werk einrücken.  

Heute in den Nachmittagsstunden kommt unser Herr Brigadier, Generalmajor Edler von Verdroß, mit unserem Gruppenkommandanten, Oberst Ing. Freiherr von Lempruch, zu uns ins Werk. Herr Oberst Lempruch verabschiedet sich von mir und meinen Werksoffizieren und teilt uns mit, daß er laut Befehl des Landesverteidigungskommandos für Tirol zum neuen Kommandanten der 53. Halbbrigade des Rayons I Stilfser Joch ernannt wurde und das Abschnittskommando dort sofort zu übernehmen hat. Zum Abschied verteilte unser scheidender Oberst noch verschiedene Auszeichnungen an unsere Werksartilleristen für deren einmalige Leistung am 16. Juni 1915.  

Unser Brigadier sprach mir und meiner Besatzung nochmals seine vollste Anerkennung für unsere artilleristische Leistung aus und bezeichnete diese  als „Punktfeuer“,  so  genau  lagen unsere Schüsse jedesmal im verlangten Ziel. Wie uns Herr Generalmajor Edler von Verdroß noch bekannt gibt, wird der Frontabschnitt Folgaria (Gruppenkommando) auch weiterhin als Dank für die Verdienste des aus dem Brigadeverband ausscheidenden Oberst von Lempruch weiterhin den Namen „Gruppenkommando Folgaria Oberst Lempruch“ führen.

Die Vorbereitungsarbeiten für den geplanten neuen Zugangsstollen sind soweit beendet, daß morgen mit den Fels...... (unleserlich) begonnen wird.  

 

25. Juni 1915  

Heute in den frühen Morgenstunden erfolgte ein italienischer Angriff gegen unsere vorgeschobene Position am Monte Coston. (Angreifer waren Infanteristen der Brigade „Puglia“, und zwar das Infanterieregiment Nr. 72)
 Eine Stunde lag dieser unter starkem italienischem Beschuß mit nachfolgendem Angriff auf der Nord- und Südseite. Der von Norden angesetzte Angriff brach bei bester eigener Schußbeobachtung schon im Feuer unserer vier 10 cm Turmhaubitzen, diese auf das Wirksamste unterstützt durch unsere zwei 10 cm Traditorhaubitzen, in den ersten Phasen des Feindangriffes zusammen. Wir konnten direkt in den Rücken der Angreifer feuern, was diesen bewog, nach kurzer Zeit den Rückzug anzutreten, da unser Feuer verheerend in seinen Reihen wirkte. Auch unsere beiden Nachbarn, die Werke „Sommo“ und „Serrada“, unterstützt durch die beiden noch in Stellung befindlichen 7 cm
Gebirgsbatterien M 99 (acht Geschütze), feuerten in die feindlichen Angreifer, die von Süden her den Monte Coston ersteigen wollten. Nur vereinzelten Italienern gelang es, an die eigenen Stellungen heranzukommen, und (sie) wurden vom Maschinengewehr- und Gewehrfeuer der Landesschützen ebenfalls zum Rückzug gezwungen. Viele Gefallene und Verwundete bedeckten das Angriffsgelände und (es) war unsererseits an eine Bergung letzterer nicht zu denken, da jeder Versuch sofort unter dem Feuer italienischer Gebirgsgeschütze lag. Um 3 Uhr nachmittags war der feindliche Angriff restlos abgeschlagen. Als Vergeltung lag der Monte Coston bis in den frühen Abendstunden unter dem Feuer zweier Gebirgsbatterien, die dessen Plateau mit Schrapnells und Granaten überschütteten. Unsere Verluste waren, wie mir gemeldet wurde, Gott sei Dank gering. Von meinen zwei Artilleriebeobachtern des Werks „Sebastiano“ wurden Fähnrich Knöpfmacher und zwei Telephonisten verwundet. Die Landesschützen, welche fanatisch den Monte Coston verteidigten, hatten an Gefallenen 11 Tote und 27 Verwundete zu beklagen, welche in den Nachtstunden in unser Werkslazarett eingeliefert wurden. Bei Tag und klarer Sicht ist es derzeit nicht möglich, an den Coston heranzukommen, da unser Zugangsweg stellenweise über deckungsloses Gelände führt, und der Italiener jeden einzelnen Mann, der sich unvorsichtig zeigt, sofort mit Batterielagen seiner Gebirgsgeschütze unter Feuer nimmt.

Noch während unseres zielsicheren Abwehrfeuers gegen die italienischen Angriffe wird unser Werk von der 28 cm Batterie am Venapaß unter Feuer genommen. An die 40 Schuß wurden ausgegeben und 15 Werks- und 
7 Betontreffer erzielt. Von den Betondecken erhielt die Decke der Grabenflankierungsanlage drei Deckentreffer, welche ganz nahe beisammenlagen, was an der Innenseite der Trägerdecke an einer Einschlagstelle bleibende Durchbiegungen bei zwei Trägern von 2 und 3 cm zur Folge hatte (zwei Treffer in den gleichen Sprengtrichter). Der Kasemattblock erhielt vier Treffer, davon einen Kordontreffer in der linken Werksflanke, der ca. 2 cbm Beton abräumte. Die Haubitzbatterie wurde nicht getroffen. Schwaches 14,9 cm-Feuer, aber diesmal mit Panzergranaten, gegen die 10 cm
Traditorenbatterie mit 20 Schuß; erzielt (wurde) nur ein Treffer auf den Panzerschild. Die Spitze der 14,9 cm-Panzergranate steckt im Panzer und ist in diesen ca. 5 cm tief eingedrungen.  

 

26. Juni 1915  

Heute verstärkter 28 cm Beschuß im Vergleich zu gestern. In der Zeit von 6 Uhr früh bis 5 Uhr abends erfolgt der Feindbeschuß in Zweierschußlagen mit einem Munitionsaufwand von 60 Schuß. Im unmittelbaren Werksgelände schlagen 27 Treffer ein. An Betontreffern werden 14 gezählt. Davon erhält der Kasemattenblock acht und der Batterieblock sechs Treffer, die außer Sprengtrichtern keinen weiteren Schaden verursachen.  

Einen Treffer erhält außerdem der drehbare Maschinengewehr- und Beoachtungsstand auf der Decke des Kasemattenblockes, knapp oberhalb der Ringfuge, links der Scharte. Die 28 cm-Geschoßspitze (ist) dabei abgebrochen (Schrägschuß) und (hinterläßt) ein ca. 11 cm tiefes Loch in der 20 cm starken Panzerkuppel. Durch Sprengstücke, die sich in der Ringfuge verklemmt haben, ist die Panzerkuppel deshalb nicht drehbar und steht fest, die Beobachterscharte dem Feind zugewendet. Während des 28 cm-Einschlags befand ich mich in der Panzerkuppel und leitete unser Sperrfeuer gegen die Angreifer auf den Monte Coston. Im Inneren war wohl die Chokwirkung des Aufschlags der 28 cm Granate zu verspüren, die nachfolgende Explosion wurde im Inneren dagegen kaum verspürt.  

Die Panzerkuppel der 10 cm Turmhaubitze Nr. I erhält einen 28 cm Streifschuß auf die linke Kuppelwange, ohne Schaden anzurichten. Inneneinrichtung wie auch die Kuppelhebevorrichtung, Lafette und Rohr (sind) ohne jedweden Schaden.  

Die auf Lavarone vor einigen Tagen in Stellung gegangene eigene 30,5 cm Mörserbatterie hält das italienische Panzerwerk „Campolongo“ unter Feuer, und (wir) können mit unseren ausgezeichneten optischen Geräten genau jeden 30,5 cm-Einschlag dort erkennen und sind Zeugen, wie eine Panzerkuppel nach der anderen abgehoben, weggeschleudert oder zertrümmert wird. Trotzdem die Panzerbatterie artilleristisch schwer zu fassen ist (Steilabfall), scheint diese schon erledigt zu sein. Von den einstigen vier Drehpanzern für je eine 14,9 L/36 (Kanone) sind bereits drei Panzerkuppeln restlos zerstört und liegen verkehrt auf dem Verdeck des Batterieblocks des Werkes „Campolongo“.
( Allerdings war es den Italienern gelungen, die Geschütze vorher auszubauen und außerhalb des Werkes aufzustellen). 

 

27. Juni 1915  

Heute verstärkter 28 cm Beschuß, den ganzen Tag anhaltend von 6 Uhr früh bis 5 Uhr nachmittags, mit einer Feuerpause von 12 Uhr mittags bis 1 Uhr. Die 28 cm-Batterie feuert nur Zweierschußlagen mit sehr geringer Längen- und Breitenstreuung. Auf Werk „Sebastiano“ werden 80 Schuß abgegeben.  

An Einschlägen im unmittelbaren Werksgelände werden 34 registriert, welche große Schäden an den Hindernissen anrichten. Speziell die Grabenränder der Kontereskarpe und der Eskarpe werden von Kurzschüssen wiederholt getroffen und sprengen sehr viel Felsmaterial ab, was den Graben stellenweise bis auf einen Meter Höhe verschüttet und den Ausschuß der 6 cm Minimalschartenkanonen wie der beiden Maschinengewehre behindert.  

An Betontreffern werden heute 23 Einschläge, die größte Zahl seit Kriegsbeginn, erreicht. Davon erhält der Kasemattenblock 15 Treffer, die Decke der 10 cm Traditorenbatterie 5 Treffer und der Batterieblock 3 Treffer. Starke Betonschäden auf der Decke des Kasemattenblocks mit einzelnen Sprengtrichtern bis 1,20 m Tiefe und einem oberen Trichterrand von 4 bis 4,5 m Durchmesser.  

Die Turmhaubitze Nr. III erhält einen Treffer genau zwischen Panzerkuppel und Ringfuge. Es erfolgt jedoch kein Panzerdurchschlag. Die Geschoßspitze der 28 cm-Granate (ist) ca. 18 cm tief in den Panzer eingedrungen. (Die) Panzerkuppel (ist) derzeit inmobil, da (die) Hebevorrichtung blockiert (ist) und (die) Geschoßspitze aus der Ringfuge erst abgeschweißt werden muß. Geschütz und Lafette (sind) vollkommen unbeschädigt. (Der) Skodamonteuer wird den Schaden während der Nachstunden beheben.  

 

28. Juni 1915  

Infolge von leichtem Nebel und Nieselregen kein Feindbeschuß. Während des ganzen Tages nur zehn Schuß Schrapnells der 14,9 cm-Batterie auf Toraro gegen die Werkszufahrt.  

Alle verfügbaren Mannschaften (sind) beim Ausbetonieren der Sprengtrichter auf den Werksdecken im Einsatz. (Die) Panzerkuppel der 10 cm-Turmhaubitze Nr. III (ist) in den Abendstunden wieder voll einsatzfähig und repariert.  

Infolge Zementmangels konnten nur die Hälfte der Sprengtrichter auf den Werksdecken ausbetoniert werden. Die restlichen Sprengtrichter wurden mit Betontrümmern ausgefüllt.  

Auch der drehbare Beobachtungspanzer wurde um die Mittagszeit vom Skodamonteur wieder voll drehfähig gemacht.  

Die großen Schäden an den Hindernissen (wurden) nur zum Teil ausgebessert, da es derzeit an Stacheldraht mangelt und nur ungenügende Mengen zugeschoben werden. Uns fehlen die Arbeitskräfte der Landsturmarbeiter, um mit allen Arbeiten, vor allem (dem) Nachschub, zurechtzukommen. Meine Artilleristen sind bis zur Erschöpfung im Einsatz, um allen Werksbedürfnissen halbwegs gerecht zu werden. Es ist nur ein Glück, daß aller Bedarf bis auf ca. 250 m unterhalb des Werkes nun wieder herangefahren werden kann. Aber trotzdem: das letzte Steilstück der Straße, das unmittelbar zum Werk führt, ist infolge Feindeinsicht nicht befahrbar und muß von dort alles auf den Schultern meiner braven Werksbesatzung herangeschleppt werden.  

Unser Munitionsbestand an 10 cm Haubitzmunition (wurde) zum Teil ergänzt, und (wir) haben jetzt wieder 900 Schuß pro Haubitze vorrätig. (Die) Stimmung der Besatzung (ist) trotz aller Mühen und Plagen einmalig gut. Kein einziger Maroder (befindet) sich im Werkslazarett!!!  

Das heutige schlechte Wetter begünstigt die Arbeiten zur Versorgung unseres Werkes ganz besonders, da die italienischen Artilleriebeobachter nicht sehen können, was für Menschenansammlungen sich beim Heranschleppen der Versorgungsgüter im Kehlgraben des Werkes zusammenballen. Es ist ein ununterbrochenes Kommen und Gehen, denn (um) über 450 Mann zu versorgen, wird täglich allerhand an Menagegütern gebraucht.  

Soeben erreicht mich ein Befehl unseres 180. Infanteriebrigadekommandos, laut welchem das Landesverteidigungskommando für Tirol jeden nicht unbedingt notwendigen Munitionsverbrauch auf das strengste verbietet. Es dürfen in Zukunft nur einwandfrei erkannte Ziele und da nur im Falle dringender Notwendigkeit unter Feuer genommen werden, da bei der gegenwärtigen Nachschublage, speziell an 10 cm Haubitzmunition, gegenwärtig an einen Ersatz verbrauchter Bestände nicht zu rechnen ist.  

Also, unser Haubitzen sind somit zum Schweigen verurteilt worden, und (wir) müssen die Italiener unbehelligt lassen, wenn sie sich frei und ungeniert in ihren Stellungen und (deren) Anland bewegen. Ihre Nachschubfahrzeuge, speziell auf der Tonezzastraße, bewegen sich dort schon immer so, als wenn tiefster Frieden sein würde, und (wir) haben (ihnen) ihre Frechheit schon des öfteren mit einigen wohlgeziehlten 10 cm-Haubitzlagen abgewöhnt und zur Vorsicht gewiesen. Mit freiem Auge sind ihre Transporte zu erkennen, wenn deren Autokolonnen vom Asticotal aus den Nachschub für deren Stellungstruppen bei Tag heranführen, und (wir) dürfen in Zukunft nichts mehr dagegen unternehmen.  

Laut unserem Munitionsjournal verfügen wir derzeit über einen Bestand von 5.843 Schuß 10 cm Haubitzmunition, davon 3.210 Granaten, der Rest Granatschrapnells. außerdem sind noch 493 Schuß 10 cm Übungsgranaten aus Gußeisen mit Schwarzpulverfüllung als Sprengladung vorhanden, ein ganz minderwertiges, aber dafür billiges Erzeugnis, welches nur in Friedenszeiten bei Scharfschießübungen oder Tormentierschüssen Verwendung findet und nur eine ganz geringe Wirkung des Einzelschusses aufweist.  

Wir Werksoffiziere sind über diesen Befehl nicht erfreut, und (er) bedrückt uns sehr. Nun, Befehl ist Befehl - ich bin verpflichtet, mich daran zu halten, so schwer es mir auch ankommt; denn der Soldat hat nicht zu fragen, sondern zu gehorchen.  

In den Abendstunden (ist) Ing.-Hauptmann Schneider bei uns im Werk und verspricht mir, von den nur vorübergehend ausgeborgten Landsturmarbeitern mir ab 1. Juli davon 30 Mann zur Verfügung zu stellen.  

Weiters erfahre ich, daß wieder größere Zementmengen bei der Talstation der Seilbahn Calliano-Folgaria eingetroffen sind, und (wir) werden einige Lastautoladungen in den nächsten Tagen zugeteilt erhalten. Auch Stacheldraht wurde zugesagt, damit wir unsere arg in Mitleidenschaft gezogenen Hindernisse damit ausflicken können.  

 

29. Juni 1915  

Leicht nebeliges Wetter, Sichtigkeit bis auf ca. 300 m eingeschränkt. Kein Feindbeschuß mit 28 cm. auch die 14,9 cm Batterie auf Toraro verhält sich heute vollkommen ruhig. Völlige Stille im ganzen Frontabschnitt Folgaria.  

Zu unserer größten Bestürzung mußten (wir) lt. Befehl des 180. Infanteriebrigadekommandos heute unsere für den Stollenausbau zugewiesenen Sappeure mit deren Hilfsmannschaften vorübergehend - wie es tröstlich im Befehl zu lesen ist - ausborgen. Die Sappeurabteilung muß an drei vom Feinde eingesehenen, exponierten Stellen des Zugangsweges zum Monte Coston einige Laufgräben aussprengen, um ungefährdet auch bei Tag diesen für uns so wichtigen Stützpunkt erreichen zu können. Der Laufgraben soll die Versorgung der Monte Coston-Position sichern und den An- und Rückmarsch zu derselben jederzeit gewährleisten. Natürlich ruhen die im Werk kaum begonnenen Arbeiten an den Felsaussprengungen für den neuen Zugangsstollen, und (es) ist nicht abzusehen, wann die Arbeiten wieder weitergeführt werden können.  

Unter Aufbietung aller Kräfte der Werksbesatzung ist es in den gestrigen Nachtstunden gelungen, die Werkszufahrt nach erfolgtem Zuschütten eines Großteils der im Straßenkörper liegenden Sprengtrichter wieder halbwegs für  Fuhrwerke  aller Art  befahrbar zu  machen, so daß, wenn keine neuerlichen großen Schäden durch den Feindbeschuß entstehen, die Versorgung unseres Werkes wie der vorgeschobenen Infanteriestellungen per Achse halbwegs gesichert ist.  

Gegen 8 Uhr abends erfolgt Alarm durch das 180 Brigadekommando. Unser Generalmajor Edler von Verdroß teilt mit, daß aller Voraussicht nach in den Nachtstunden mit einem italienischen Überfall zu rechnen ist, wie von italienischen Überläufern heute erfahren wurde. Ich ordne sofort höchste Alarmbereitschaft an, und (wir) sind wie immer auf Posten, den Feind, wenn er kommen sollte, gebührend zu empfangen.  

In aller Stille, ohne jedwede Artillerievorbereitung (und) durch den leichten Nebel begünstigt, versuchten gegen ½ 10 Uhr abends die Italiener, sich überfallsartig unseres vorgeschobenen Infanteriestützpunktes auf dem Durer (Kote 1.585) sowie jener auf dem Monte Coston zu bemächtigen. Italienische Sappeurabteilungen  (12. Sappeurkompanie des 1. Genieregiments) sprengten unmittelbar vor dem Angriff die den Stützpunkten vorliegenden, schütteren Drahthindernisse, als die Bersaglieri  ( 2. Bersaglieriregiment) auch schon vor unseren Kampfgräben auftauchten. Als die Meldung aus den Infanteriestellungen mich erreichte, daß der Italiener bereits am Drahtverhau ist, setzte schlagartig unser Artillerieabwehrfeuer ein. Meine vier 10 cm-Turmhaubitzen halten das Angriffsgelände (Durerabschnitt) unter Sperrfeuer, die zwei 10 cm Traditorhaubitzen feuern auf die Angreifer des Nordabschnittes des Monte Coston, direkt in deren Rücken und Flanke.  

Infolge mangelnder Wachsamkeit der Standschützen, wahrscheinlich infolge (von) Übermüdung durch den anstrengenden Stellungsausbau bei Tag, war es den italienischen Bersaglieri gelungen, an zwei Stellen in die Vorstellung des Durer einzudringen; (sie) wurden aber dann in erbittertem Nahkampf, bei dem es kein Pardon gab, nach Verlauf einer halben Stunde wieder hinausgeworfen. Gegen ½ 12 Uhr nachts war der nächtliche Spuk bereits vorüber und der Feindangriff restlos abgeschlagen. Auch unser Nachbarwerk „Sommo“ feuerte mit seinen zwei 10 cm Turmhaubitzen auf das Vorfeld der Durerstellung, während Werk „Serrada“ die Südflanke des Monte Coston, woselbst der Hauptangriff der Italiener erfolgte, pausenlos unter Feuer hielt. Auch die beiden 7 cm Gebirgskanonenbatterien M 99, derzeit unsere ganze mobile Geschützreserve im Abschnitt Folgaria, beteiligte sich lebhaft an der erfolgreichen Abwehr des verwegenen Feindüberfalles.  

Im Werk „Sebastiano“ selbst hatten wir bei der 10 cm Turmhaubitze Nr. I leider traurige Verluste zu verzeichnen. In der Hitze des Gefechtes öffnete die Verschlußnummer der 10 cm-Turmhaubitze zu frühzeitig den Rohrverschluß. Im selben Augenblick erfolgte ein Nachflammer unverbrannter Rückstände von Pulverteilen im Kartuschlager des Haubitzrohres, und das Turminnere stand in Rauch und Flammen. Die Unachtsamkeit der Verschlußnummer kostete uns sieben Tote und vier Schwerverwundete. Dabei hatten (wir) noch das Glück, daß die aus dem Haubitzrohr zurückschlagenden Flammen in dem Turmschacht nur einige offene Teilladungen von Kartuschenbeuteln erfaßten, die abbrannten, jedoch keine Explosion verursachten. Wenn das Feuer mit seinen Stichflammen die 60 Schuß Bereitschaftsmunition erfaßt hätte, wäre es dabei wahrscheinlich zu einer Explosion der Geschosse gekommen und hätte die Turmhaubitze zerstört oder mindestens schwer beschädigt. Trotz des Unglücks und des beißenden Rauches, welcher den Batteriegang erfüllte, feuerten die anderen drei Turmhaubitzen weiter, als ob nichts geschehen wäre. Dieser Unfall bedrückt uns alle sehr schwer, und mir geht der Verlust dieser braven Artilleristen (Friedensdiener)  sehr  nahe.  Der  ausgebrochene Brand konnte trotz der erwarteten Explosionsgefahr nach wenigen Minuten mit Feuerlöschern erstickt und weiteres Unheil verhindert werden.  

Unser Werkslazarett war wie am 16. wieder Durchgangsstation für die bei der Abwehr durch Verwundung ausgefallenen Standschützen, die aber diesmal nach erfolgter Betreuung durch unseren Werksarzt alle bis auf neun Schwerverwundete durch Sanitätsautos in das Feldspital in Folgaria abtransportiert werden konnten. Dies war allerdings nur dem Umstand zu verdanken, daß der Italiener uns unverständlicherweise mit dem erwarteten Vergeltungsfeuer für seinen Mißerfolg verschonte. Der Abtransport aller Verwundeten, auch jener der eingebrachten, verwundeten italienischen Gefangenen, erfolgte bis in die Morgenstunden und ging ohne jedwede Störung durch den Feind vor sich.  

Bis zum Tagesanbruch passierten 103 verwundete Standschützen vom Abschnitt Durer und 37 verwundete Italiener unser Werkslazarett, und (dabei) hatte unser Werksarzt mit seinen Sanitätsgehilfen wieder vorbildliche, aufopfernde Arbeit geleistet.  

Aber auch die Wörgler und Kufsteiner Standschützen hatten sich als hervorragende Kämpfer, wenn es um Sein oder Nichtsein ging, erwiesen. Außer den verwundeten Italienern wurden noch 88 unverwundete italienische Bersaglieri eingebracht.  

Bei meinem Verhör verschiedener italienischer Gefangener erfahre ich, daß diese dem Truppenkörper der 9. Infanteriedivision und der 
IV. Bersaglieribrigade Turin angehören, welche mit dem 26., 31. und 37. Bataillon den Überfall auf den Durer und den Kote 1.602 durchzuführen hatten. Das Bataillon Nr. 31 stand als Eingreifreserve bei der Malga Pra di Bertoldi bereit, kam aber nicht zum Einsatz. Der Abtransport der Gefangenen wurde durch eine Abteilung meiner Artilleristen eskortiert und in den frühen Morgenstunden zum Brigadekommando gebracht.  

 

30. Juni 1915  

Kein Feindbeschuß mit 28 cm Kalibern. Nur gelegentlich Zweischußlagen der 14,9 cm Batterie auf Toraro gegen unsere 10 cm Traditorenbatterie, die aber weiter keinen Schaden anrichten.  

Bereits um 7 Uhr früh kommt unser Brigadier Generalmajor Edler von Verdroß als Abstecher beim Besuch der Durerstellung, dem Schauplatz der nächtlichen Abwehrkämpfe, zu uns ins Werk, da er mit seinem Kraftwagen auf der nun halbwegs ausgebesserten Werkszufahrt bis auf ca. 250 m (Kehlgraben) heranfahren kann.  

Wieder spendet er mir als Werkskommandanten, meinen Offizieren und Artilleristen vollste Anerkennung für unser artilleristisches Können, welches wesentlich dazu beigetragen hat, den Feindüberfall abzuwehren. Auch der Feindangriff auf den Monte Coston wurde, wie mir unser Brigadier mitteilt, von den Kaiserschützen restlos abgewehrt, wobei unsere zwei 10 cm Traditorenhaubitzen ebenfalls gebührenden Anteil am Erfolg der Abwehr  hatten. ( Die italienische Brigade „Puglia“, die mit der Wiedereroberung des Monte Coston betraut war, erlitt bei den drei in Rede stehende Gefechten folgende Verluste: Offiziere: 5 verwundet, 2 vermisst; Soldaten: 11 tot, 77 verwundet und 8 vermisst. Vier Offizieren des Infanterieregiments wurde wegen der gescheiterten Zurückeroberung des Monte Costons vor dem Kriegsgericht des V. Armeekorps in Thiene der Prozess gemacht; allerdings wurden sie freigesprochen.) Die beiden 10 cm Traditorhaubitzen konnten im direkten Schuß in den Rücken der Angreifer, die von Norden her versuchten, den Monte Coston zu ersteigen, feuern, die darauf nach kurzer Zeit den Angriff einstellten und ihr Heil in der Flucht suchten.  

Gegen 10 Uhr vormittags erschien heute zum ersten Male ein italienischer Flieger, ein Caproni-Doppeldecker, welcher - ganz niedrig fliegend - eine Viertelstunde den Folgaria-Abschnitt umkreiste. Da wir im ganzen Abschnitt über kein einziges Luftabwehrgeschütz verfügen, konnte der Caproni wie im tiefsten Frieden alles, was für ihn wichtig schien, beobachten und wahrscheinlich auch photographieren. Unser zwei mobilen Maschinengewehre feuerten wohl auf den Störenfried, was aber völlig wirkungslos blieb, obwohl der Caproni kaum 200 m hoch langsam über unseren Abschnitt dahinbrauste.  

Alle Betonschäden sind, soweit der Zement reichte, ausbetoniert und mit Betontrümmern ausgefüllt. Die 10 cm-Turmhaubitze Nr. III wie der drehbare Panzerbeobachter (sind) wieder voll einsatzfähig und vom Skodamonteur repariert. Sorgen bereiten mir unsere Hindernisse, die noch große Lücken aufweisen, da der zugesagte Stacheldraht noch immer nicht eingetroffen ist.  

Die Stimmung meiner Werksbesatzung (ist) einmalig und vorbildlich. Unsere acht Toten - ein Schwerverwundeter erlag noch seinen Verletzungen - wurden heute nach dem Heldenfriedhof auf Sebastiano geschafft und werden morgen dortselbst bestattet werden. Eine Abteilung meiner Werksbesatzung wird ihren sterblichen Überresten bei der Beerdigung die letzte Ehre erweisen.  

 

Resumee für Juni 1915  

 

Im Juni wurden an Feindschüssen gegen das Werk „Sebastiano“ abgegeben:

                   vom Kaliber 28 cm                545 Schuß

                   vom Kaliber 14,9 cm             750 Schuß (nach vorsichtiger Schätzung)

  Die Werksartillerie verbrauchte im Monat Juni  

                   19 cm-Haubitzmunition       1.842 Schuß    

 

Die Verluste der Werksbesatzung betrugen im Juni 1915  

                   19 Gefallene, darunter 3 Unteroffiziere

                   32 Verwundete, darunter 2 Offiziere und 2 Unteroffiziere  
                                                                                       (Fähnrich zu den Offizieren gerechnet) 

Von den Gefallenen waren 9 Landsturmarbeiter 
     von den Verwundeten waren 20 Landsturmarbeiter.  

Alle Verwundeten konnten in das Feldspital Folgaria abgeschoben, die Toten alle am Heldenfriedhof Sebastiano bestattet werden. Die Werksgruft wurde nur kurze Zeit, (und zwar) bei Eintritt von Todesfällen beansprucht und belegt.

Überblick über die Ereignisse im Monat Juli 1915
(Dieser Überblick stammt von Karl Lipscher) 

Das Werkstagebuch verzeichnet für den Monat Juli 1915 keine besonderen Tagesereignisse von größerer Bedeutung; diese sind daher nur kurz und auszugsweise angedeutet.  

Während des ganzen Monats Juli erfolgte kein Schwerbeschuß mit 28 cm-Kalibern, und jede größere Gefechtstätigkeit ruhte. Außer gelegentlichen, kurzen Feuerüberfällen der 14,9 cm-Batterie auf Toraro, die damit versuchte, unsere Ausbesserungsarbeiten auf den Werksdecken und solche auf der Werkszufahrt zu stören, erfolgte auch durch diese Batterie kein direkter Werksbeschuß.  

Der hierfür aufgewandte feindliche Munitionsaufwand betrug nach den Tagebuchaufzeichnungen ca. 300 Schuß 14,9 cm Kaliber für den ganzen Monat Juli 1915. Die angerichteten Schäden waren unbedeutend und konnten jedesmal sofort durch die Werksbesatzung ausgebessert werden.  

Alle Reparaturen auf den Betondecken und Panzerkonstruktionen waren bis zum 10. Juli ausgeführt. Die Hindernisse waren ebenfalls bis zum Monatsende ausgebessert, zum Teil sogar erneuert worden.  

Die passive Abwehrstärke des Werks „Sebastiano“ war somit um die Monatsmitte gleich wie zu Kriegsbeginn im Mai.  

Bis zur Monatsmitte wurde auch der neue, gegen Feindsicht völlig gedeckte Trampelpfad von durchschnittlich 1,5 m Breite fertig und der Benützung übergeben. Dieser neue Werkszugang zum Werk „Sebastiano“ konnte nun auch bei Tag unter Vermeidung der Werkszufahrt benützt und das Werk durch diesen ungesehen vom Feind erreicht werden.  

Mitte Juli wurde auch der Stollenausbau weitergeführt, nachdem ein Teil der ausgeborgten Sappeure wieder dem Werk zur Verfügung gestellt worden war. Infolge des sehr harten Gesteins und da nur von Hand aus gebohrt wurde, da keine Bohrmaschinen zur Verfügung standen, schritt der Ausbau nur sehr langsam voran. Alle 28 cm- und 14,9 cm Blindgänger wurden gesammelt und desaktiviert, und der darin enthaltene Sprengstoff (Perdyt) für den Stollenausbau verwendet, da zeitweise großer Mangel an dem spärlich zugeschobenen Chlorat (geringe Sprengwirkung) herrschte, was den Baufortschritt immer wieder unliebsam verzögerte.  

Zur besseren Durchlüftung des Werkes trafen Ende Juli vier elektrisch zu betreibende große Lüfter nebst Rohrleitungen ein. Die Montage wurde nach Anweisung des Ing.-Hauptmanns Schneider durch den sehr geschickten Skodamonteur ausgeführt. Für den elektrischen Teil dieser Montage stellte die Geniedirektion Trient zwei Elektromonteure zur Verfügung. Die Anlage war aber erst gegen Ende August betriebsbereit, da die Beschaffung der notwendigen Kabel und Schaltanlagen sich immer wieder verzögerte.  

Auch die Werkswasserleitung wurde teilweise umgelegt, um Beschußschäden nach Möglichkeit auszuweichen.

Der Besatzungsstand am 31. Juli 1915 betrug:  

    9 Artillerieoffiziere der eigentlichen Werksbesatzung;

    5 kommandierte Artillerieoffiziere als Beobachter auswärtiger Batterien;

248 Unteroffiziere und Mannschaften der Festungsartillerie, Sappeure, Telephonisten, Sanitäter, Ordonnanzen, Offiziersdiener und zwei Pioniere zur Betreuung der Dieselkraftanlage.  

Außerdem wurden sieben Unteroffiziere und 204 Landsturmarbeiter im Werk bequartiert und verpflegt, die aber Ende Juli noch zum Großteil im Stellungs- und Wegebau auf dem Durerabschnitt der neuen Widerstandslinie in Verwendung standen.  

Die Unterbringung und Verpflegung dieser mehr als 450 Köpfe zählenden Besatzung bereitete größte Schwierigkeiten, da die unzulänglichen Räumlichkeiten im Werk und vor allem die Werkskücheneinrichtung für eine solche Überbelegung nicht eingerichtet sind.  

Die neue, nun dem Werk „Sebastiano“ vorgeschobene Widerstandslinie war von großer Bedeutung für die Sicherheit des Werkes. da dieses außer dem Feindbeschuß in keine direkte Berührung mehr mit den Italienern kam. Die neu gewonnenen Artilleriebeobachtungsmöglichkeiten auf der Durerposition gewährten ausgezeichneten Einblick auf das italienische Stellungssystem und jede feindliche Bewegung in dessen Anland.  

Der schwache Feindbeschuß mit 28 cm Kalibern hatte gezeigt, daß die angerichteten Schäden laufend mit Werksmitteln behoben werden konnten und gaben der Werksbesatzung die Gewißheit und Zuversicht, daß Werk „Sebastiano“ mit dem 28 cm Kaliber nicht niederzuringen ist. Die Stimmung der Werksbesatzung war einmalig gut, der Marodenstand im Monatsdurchschnitt zwei bis drei Mann.  

Mitte Juli ging auf Folgaria bei der Ortschaft Franzellini ein eigener 
30,5cm
Motormörser M 11 in Stellung, welche mit einem Aufwand von 
„20 Schuß“ die 28 cm
Batterie am Venapaß mit eigener Fliegerbeobachtung bekämpfte und mit einigen glücklich angebrachten Treffern einen Monat lang lahmlegte, so daß diese praktisch bis Mitte August 1915 als Kampffaktor ausfiel. Eine vom 180. Brigadekommando geforderte weitere Bekämpfung der 14,9 cm Batterie auf Toraro unterblieb wegen angeblichem Munitionsmangel und anderweitiger Verwendung des 30,5 cm
Mörsers.  

Unverständlich für die Folgariaverteidiger war es, daß von Seiten des Feindes trotz seiner fünf- bis sechsfachen Übermacht keine ernsthaften Versuche unternommen wurden, die durch unseren Juniangriff verlorenen Stellungen wieder zurückzugewinnen. Auch der Dorn in seinem Fleische, der ebenfalls von uns im Juni eroberte Monte Coston, blieb außer einem mißlungen, schwächlichen Versuch seiner Rückgewinnung fest in unserer Hand.  

Die Werksartillerie hatte jederzeit in mustergültiger Weise unseren Stellungstruppen bei Gefahr vollste Unterstützung erweisen können und dazu beigetragen, den schwachen Verteidigern an der Front in ihrem ungebrochenen Abwehrwillen den notwendigen Rückhalt zu gewähren.  

Der schwächliche nächtliche Feindüberfall am 29. Juni auf die Durerposition scheiterte, da ein solches Unternehmen ohne vorbereitenden Artilleriebeschuß und Lahmlegung der Werksartillerie aussichtslos geworden war. Unsere neue Widerstandslinie hatte dank der rastlosen Tag- und Nachtarbeit im Stellungsbau unserer Verteidiger einen solchen Grad an Widerstandsfähigkeit erreicht, daß sie  ohne entsprechende artilleristische Vorbereitung nicht in Form eines Handstreiches gebrochen werden konnte.  

Für die ganze Hochflächenverteidigung blieb auch weiterhin der Mangel an ausreichenden Infanteriereserven und einer entsprechend starken mobilen Artillerie eine sehr prekäre Situation. Die wenigen, von der Festung Trient ausrangierten und der 180. Infanteriebrigade zur Verfügung gestellten Batterien waren durchwegs alte, unmoderne Kaliber von geringer Schußweite und geringer Wirkung des Einzelschusses als solches. Der dazu noch gegen Ende Juni erlassene strenge Befehl „Sparen mit der Munition“, da für einen Ersatz der verbrauchten Bestände keine Gewähr geleistet werden konnte, wirkte sich speziell für die Werksartillerie aller Plateaubefestigungen ungünstig und lähmend aus, da so manch lohnendes und günstiges Ziel unbeschossen bleiben mußte, weil das nun einmal erlassene Verbot strikt eingehalten werden mußte.  

Aber trotz aller sonstigen Schwierigkeiten waren die Werksbesatzungen guten und zuversichtlichen Mutes und fühlten sich als Soldaten und Kämpfer dem Feinde gegenüber in jeder Weise überlegen.      

 

 Die II. Beschussperiode  
(05. August bis 10. Oktober 1915)  

 

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