Frontlinie Panarotta und neue feldmäßige Befestigungen der Festung Trient
 

Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist + zertifizierter Sport-Optiker

Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen und Dolomiten 

Uli Mößlang / Volker Jeschkeit

11.04.2009

 

Aufgrund gefundener Skizzen im Staatsarchiv Trient wurde eine weitere Erkundung im Panarottaabschnitt im Valsugana durchgeführt. Die Skizzen zeigen den Stützpunkt auf dem Semperspitz sowie die Infanteriestützpunkte Solajolo und Skoffa. Die Identifizierung der beiden Letztgenannten war schwierig und kann nicht mit 100% Garantie bestätigt werden. Ich halte die Identifizierung aber zu 90% für richtig. Allerdings gibt es im gesamten Abschnitt vielfach ähnliche Stützpunkte. Verwirrend ist die Tatsache, das die gefundenen Kavernen auf den Skizzen nicht vermerkt sind, während dies bei der Skizze zum Semperspitz der Fall ist. Die Erhebungen im Panarottabereich sind schwierig. Vom Gipfel des Panarotta gehen mindestens 3 hintereinanderliegende und komplett ausgebaute Verteidigungslinien in den Talgrund Richtung Levico.

Wichtig ist es, die topografische und geologische Situation des Abschnitts zu verstehen. Um den eigentlichen Gipfel des Panarotta existiert ein etwas niedriger Bergring, von dem 4 Bergrücken als eine Art Bergfinger in das Tal gehen. Dazu muss man wissen,das diese die eigentlichen prähistorischen Schuttkegel des Panarotta sind. In der Tat sind alle diese Rücken eine riesige Ansammlung von Gesteinsschutt. Der erste „Finger“ geht in Richtung San Osvaldo ins Tal, Ort heftiger Kämpfe, und beginnt in etwa am Weitjoch. Von da aus nach rechts schwenkend in Richtung Gipfel Panarotta geht ein zweiter Bergfinger ins Tal über die Malga Broi, auch dieser Ort stand  im Zeichen von heftigen und blutigen Kämpfen. Der dritte Bergfinger, heute genannt Dos della Guardia, bekam seinen Namen während des Ausbaues der Verteidigungslinien im Jahre 1915 und endet vor Levico im Talgrund.

Sein Beginn in Höhe hat Verbindung über den Panarottaring (Der Ort nennt sich Sollarin)mit dem Bergfinger Malga Broi. Die oberen Stellungen hatten Sichtkontakt mit der Malga Broi und dort wurden während der Kämpfe um die Malga Broi auch die Reserven gruppiert. Auf dem Dos della Guardia befinden sich auch die Stützpunkte Solajolo und Skoffa, sie liegen etwas tiefer und links sowie rechts der Straße, die von Busa Grande und Vetriolo kommend, in den Talgrund führt. Der Dos hatte 2 hintereinanderliegende gut ausgebaute Verteidigungslinien, bestehend aus Stützpunkten und vor allem in der 2. Linie einige MG-Kasematten in Beton. Die Intervallausgestaltung vom Panarottagipfel bis in das Tal ist komplett. Die Zone Vetriolo-Dos della Guardia bekam ihren Namen von den dort befindlichen prähistorischen Kupfererz- und Eisenerzbergwerken. Die dortigen Wasserläufe ins Tal sind entweder grün  (kupferhaltig) oder braun (eisenhaltig). Die letzte und dritte Verteidigungslinie hinter der eigentlichen Frontlinie ( die es eigentlich garnicht gibt, außer in den Bereichen um San Osvaldo und Malga Broi und auf dem eigentlichen Panarotta, von da in Richtung Weitjoch-Frawort-Kesseljoch und Gronlaiten), wie gesagt, diese dritte Linie geht von den Flankenstellungen Panarotta-Esispitz und Semperspitz über die Stützpunkte Vetriolopass und Busagrande sowie Busagrandesattel ins Tal hinter Levico. Dieser letzte Bergfinger hat auch Verbindung im Abstieg mit dem tiefer liegenden Rücken Colle delle Benne  hinter Levico (gleichnamiges altes Werk Colle delle Benne). Von diesem Werk geht die letzte Verteidungungslinie über den Bereich Lazaretti (200m hinter dem Werk) in den Talgrund, quert das Tal um bei Caldonazzo auf den Sommorücken anzusteigen.

Soweit im Groben die Situation im Jahre 1915. Wir haben in diesem Bereich jedenfalls drei hintereinanderliegende komplett ausgebaute Verteidigungslinien, die teilweise noch heute sehr gut erhalten sind. Erwähnenswert, das sich  in diesen Linien oder etwas dahinter eine große Zahl von Artilleriestellungen und Barackenlagern befinden. Dieses von der Geniedirektion Trient ausgebaute Verteidigungssystem und seiner Infrastruktur (Straßen) war während der Vorbereitung zur Offensive im Jahre 1916 sicherlich von sehr großem Nutzen, diente aber auch als Ursprungsort für die kurze Offensive der 18.ITD im Valsugana vom 16.April bis 20.April 1916. Sicherlich war die Linie Semperspitz-Vetriolo-Busagrande-Colle delle Benne-Caldoanzzo-Sommo eine Vorfeldlinie der FS Trient, die auch mit großem Aufwand ausgebaut wurde. Die eigentlichen Bereitstellungsräume für die Offensive  lagen dabei im Raum Pergine.

Zusammengefasst: Die Stützpunkte Solajolo und Skoffa konnten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit identifiziert werden. Die Stellungen auf dem Semperspitz und am Vetriolosattel sind zu 100% identifiziert. Dort gibt es nicht die geringsten Zweifel. Busa Grande und unmittelbare Umgebung, sowie Busa Grande Sattel und der Bereich Lazaretti sind komplett erkundet.

Die weiteren Feldaufnahmen werden inZukunft im Bereich Monte Barco, Persico und Carbonile durchgeführt werden (gegenüberliegende Talseite in Richtung Vezzena).

 

Zur Festung Trient gibt es neue Ergebnisse im Bereich der inneren Gürtellinie: Die zweite Kavernenbatterie Dos Fornas wurde gefunden, ebenso der gepanzerte Übergang über den Fluss Rio Stolzano im2. Verteidigungsabschnitt im Talgrund Valsorda (alte Verteidigungslinie, wurde im Sommer 1915 vorgeschoben auf Vigolo Vattaro mit flankierenden Kaverenbatterien). Desweiteren Erkundung und Aufnahme der Stellungen der Sektion Nr. 4 (Monte Calisio) im Unterabschnitt Bolleri und Monte Vacino. In der Sektion Nr.5 (Soprassasso) Aufnahme der oberen Kavernenbatterie Ischia Podetti und in der Vorfeldlinie der gleichen Sektion Stellungen bei Vezzano und Padergnone (noch zu beenden).

Die Erforschung der Vorfeldlinie im Val di Cei (Südbereich der FS Trient) wurde auf einen späteren Zeitpunkt wegen Zeitmangel verschoben, auch die Erforschung der Stellungen auf dem Vignale und Spizom müssen warten.

Fakt ist jedoch, das sich die Festung Trient als ein „Fass ohne Boden“ präsentiert, es ist nicht in einem realistischen Rahmen abschätzbar, wann die Feldforschung dort zu einem abschliessenden Ergebnis kommen könnte. Für mich immer wieder unfassbar, welche ungeheuren Ressourcen beim Ausbau der Festung 1915 verbaut wurden, hier nur als Beispiel, auch die neu gefundenen Stellungen (Monte Calisio und Dos Fornas) wurden zum großen Teil in modernsten Stahlbeton errichtet. Man scheute keinen Aufwand, Materialeinsatz und Arbeitskräfte um auch kleinste MG-Kasematten mit hochfesten und somit beschusssicheren Stahlbeton einzudecken.

Jedenfalls war der Neubau der FS Trient eine ungeheurer Aderlass für die kuk Monarchie, seltsam dabei ist, das diese neuen und überlegenden Bautechnologien im Bau feldmäßiger Befestigungen keine weitere konsequente Anwendung fanden.

 

Gruss aus Trient, 

Volker Jeschkeit 

Villamontagna-Trient, 11.04.2009

 

 

zurück zum Index des Festungsriegels Trient

zurück zum Index