Festung Trient- ein kleines Resumee

Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist

Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen und Dolomiten 

Uli Mößlang / Volker Jeschkeit

 

Nachdem ich nun die "Grobaufnahme" des inneren Festungsgürtels mit seinen Sektionen abgeschlossen habe, beginne ich jetzt nach und nach mit der Feinaufnahme der Stellungen der einzelnen Gürtelsektionen. Bei den Ergebnissen meiner bisherigen Recherchen gehe ich davon aus, in etwa 60% der verbliebenen oder noch erkennbaren feldmäßigen Befestigungen gefunden zu haben. Natürlich kann man nicht jeden Meter der Schützengräben fotografieren, aber kleinere Stellungsbereiche finden sich immer wieder. Beispiel dafür ist der kleine Bereich, der nur 100m oberhalb der alten oberen Straßensperre Civezzano verläuft. Er ist die Intervallausgestaltung zwischen der Kavernenbatterie "Castel Vedro" und dem alten "Steinkasten" und verläuft ca, 300m hinter den Grundmauern des alten und gesprengten Hauptwerkes Civezzano.

Auch die Auffindung des Kavernenkomplexes auf dem Maranza gehört beispielhaft dazu. Man kann inzwischen nicht mehr jede Kaverne dokumentieren, meine Liste umfasst bisher 461 Kavernen des inneren Festungsgürtels. Diese Ziffer ist aber aussagekräftig: Sie beweist, das viel mehr Kavernen im Jahre 1915 gebaut wurden, als die aufgefundenen Dokumente aufführen. Sie ist auch indirekt der Beweis dafür, das die neu gebaute FS Trient wesentlich schlagkräftiger hinsichtlich ihrer militärischen Anlagen war, als bisher angenommen wird. Die Ziffer beweist auch, das GM Steinhart die gebauten Stellungen und Grabenabschnitte sehr wirksam gegen Feindfeuer schützte und die aufgefundenen Kasemattbatterien in Beton und die Kavernenbatterien, die diese Stellungen schützten, den einzelnen Gürtelabschnitten der FS eine sehr gute Flankendeckung gaben. Unter diesen Gesichtspunkten wird das Argument des altartigen Geschützmateriales unwichtig, man musste keine

12 km weit schießen, die mittlere Schussentfernung in das Vorfeld der gebauten Stellungen beträgt zwischen 300m bis 3000m maximal. Die Festung war spätestens ab dem Herbst 1915 vollständig verteidigungsfähig und zum großen Teil bombensicher unter dem Felsen verschwunden. Fast alle Verbindungen zu den Stellungen (Armierungstraßen und Wege bis hin zu kleinsten Pfaden) waren vollständig ohne Feindeinsicht, das Kommunikationssystem (Telephon und Scheinwerfer) war perfekt organisiert und der Nachschub zu den Stellungsbereichen ging etappenweise über Kavernenanlagen als Zwischenmagazine. Die dafür gebaute Infrastruktur (der Kommunikation gleich welcher Art) ist wirklich beeindruckend, hier ist besonders der durchgeführte Straßenbau zu erwähnen. Abgesehen davon, das diese Festung enorme Mengen an Geld, Materialien und Arbeitskräften verschlang, ist diese Bauleistung innerhalb eines Jahres (1915) nie wieder erreicht worden. Hinzu kommt die Tatsache, das durch die Einführung industrieller Baumethoden und konsequenter Anwendung der neuesten bekannten Bautechnologien (Stahlbeton!) eine wirklich gewaltige Widerstandsfähigkeit erreicht wurde. Hierbei ist die herausragende Rolle des modernen Stahlbetons der entscheidende Faktor, GM Steinhart und seine Offiziere der Geniedirektion erkannten, das dadurch sehr schnell und effektiv (und zudem wesentlich billiger!) gut geschützte feldmäßige Befestigungen jeder Art gebaut werden konnten. Der billige und leicht zu transportierende Rundstahl, der zudem vor Ort ohne großen Aufwand passgenau hergerichtet werden konnte, löste die schweren und teuren Stahlträger mit dem groben Stampfbeton ab, der zudem eh nur eine fragwürdige Resistenz bot. Geflochtene engmaschige Stahlmatten mit Durchmessern des Rundstahles bis 32mm in mehreren Lagen mit feinkörnigen und reich an Zementanteilen verfügbare flüssigere Betonmischungen schufen bombensichere oder beschussfeste Stellungen der Artillerie und der Infanterie. Der Beton wurde zäh und widerstandsfähig auch gegen schwere Kaliber bei gleichzeitig geringeren Baustärken und damit verbunden einem geringeren Materialverbrauch und wesentlich kürzerer Bauzeit.

GM Steinhart hätte die FS Trient ohne konsequente Einführung dieser Technik ab Sommer 1915 niemals in so kurzer Zeit fertig stellen können.

Sie wurde teilweise auch nicht fertig gestellt, insbesondere die zusätzlichen Ausbaustufen der Verteidigungsstellungen und der Batterien wurden abgebrochen, auch die umfangreichen vorgelagerten Linien und Stellungsbereiche (Stichwort: Bradalinie des Hptm. Amorth) zwar angefangen aber nicht mehr fertig gestellt. Immerhin ist es der Verdienst der Geniedirektion Trient und seines Direktors, uns allen die in modernster Technik gebaute Festung aller Zeiten des WK I hinterlassen zu haben. Dabei herausragend das neue Konzept der Panzerhaubitzbatterien mit integrierten Kavernenbatterien, quasi die Prototypen der "neuen und angedachten Werke", die GM Steinhart hier perfektionierte. Tief unter dem Felsen bombensicher vergraben mit senkrechten Geschützbrunnen, weit vereinzelten Panzerhaubitzen, völlige Aufgabe des "Batterieblockes" und absolute und gute Tarnung der Stellungen. Ausnahmslos gedeckte und geschützte Zugänge zu den PzH-Batterien! Dieses Konzept war die einzig wirksame Lösung, das Rennen gegen die moderne und schwere Belagerungsartillerie zu gewinnen, und Steinhart gewann das Rennen. War dieser Mann nun genial, oder war er einfach nur ein kühl denkender Bauingenieur und Genieoffizier mit exakten Kenntnissen der Wirkung der schweren Artillerie? Sicher ist ein Punkt: Endlich hatte ein sehr gut ausgebildeter und erfahrener Genieoffizier "freie Hand" und ungehemmt von der erstickenden Militärbürokratie baute dieser Offizier einfach und zeigte auf, was möglich und erreichbar ist.

Dabei ist es dem Baukonzept und der Idee egal, ob auf den Geschützbrunnen altartige Panzerhaubitzen oder moderne Turmhaubitzen montiert werden (oder wurden). Das Geschützmaterial ist nur das Beiwerk in diesem Falle, die umgesetzte Baurealität ist der entscheidende Faktor, der sich unter anderem in 12m tiefen senkrecht in den Felsen gebohrten und ausbetonierten Geschützbrunnen der Kuppeln ausdrückte, die zudem bis zu 68m voneinander entfernt waren.

Die FS Trient bleibt daher ein wirklich großes Forschungsfeld, Papier ist geduldig und vor Ort kann man wirklich viel lernen und sehen. Die Dokumente bereichern in jedem Fall, geben Auskunft über Daten, Namen, strategische Beweggründe. Was verbleibt ist der einzige erhaltene und tiefe Geschützbrunnen der PzH-Batterie Celva, das meist gemachte Foto der FS Trient.

Gruß, VJ

 

 

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