Konstruktionstechnik der Kavernen

Ulrich Mößlang / Volker Jeschkeit

 Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist + zertifizierter Sport-Optiker

 

 

Die angewandte Bautechnik der Kavernenanlagen der Festung Trient

 

 

Während meiner Erkundung der feldmäßigen Befestigungsanlagen des Monte Soprasasso hatte ich das große Glück zwei ältere Herren zu treffen, die Nachfahren ehemaliger „Recuperanti“ sind.
Recuperanti warten Personen/Familien/kleine Firmen , die nach dem Kriege 1914-1918 in den 20-iger und 30-iger Jahren in den ehemaligen Kriegsschauplätzen der Alpenfront auf der jetzt neuen italienischen Seite Aufräumungsarbeiten durchführten.

Diese Arbeiten erstreckten sich auf das Sammeln der überall verstreut liegenden Munition, gleich welchen Typs, Waffen und Waffenreste und natürlich der Schleifung der Befestigungsanlagen und Werke, sowohl italienische als auch ehemals KuK-Werke und Befestigungen.
Wichtig war dabei der Aspekt der „Stahlgewinnung“, das heißt durch Sprengen von Betonanlagen das Einsammeln und Herausarbeiten des verwendeten Baustahles jeglicher Art, ja sogar 10mm Rundstahl wurde in mühsamer Arbeit zurückgewonnen.

Grund war die bittere Armut der italienischen Nachkriegszeit, die besonders in den Arbeiter-, Bauern-, und Mittelschichten vorhanden war.

Italien war (besonders im Süden) industriell total unterentwickelt und für neue Infrastrukturen und der Entwicklung des zivilen Sektors der Industrie wurde viel Baustahl benötigt, der aber nicht vorhanden war und auch nicht in der benötigten Menge produziert werden konnte. In der Not und um nicht zu verhungern, wurden viele Bergbauern, ehemalige und entlassene ,jetzt arbeitslose Soldaten, Recuperanti = Eisensammler.

Viele verloren dabei ihr Leben, wurden zerrissen von explodierenden Granaten, vergiftet durch nachträglich krepierende Giftgasgranaten, verschüttet durch plötzlich einstürzende Reste von Betonstrukturen, die durch die Sprengung vorher demoliert wurden.

Es war eine traurige Nachkriegszeit , auch in Italien.  


Sammeln von Munition  


Recuperanti mit Munitionstransport
 


Hier werden Stacheldrahtrollen eingesammelt

 

 

Soweit zum kurzen Ausflug in die Geschichte.  

Die beiden älteren Herren erzählten mir dann bis ins Detail wie ihre Väter und Großväter die Kavernenanlagen und Betonstellungen demolierten und wie diese konstruiert waren.  

Nach der notwendigen Filterung der Informationen, ergaben sich die nachfolgenden Ergebnisse bezüglich der Konstruktion von Kavernenanlagen und oberirdischen Betonstellungen, die an dieser beispielhaft erläutert werden sollen.

Diese Konstruktionsbeispiele decken sich mit meinen während vieler Erkundungen durchgeführten Beobachtungen vor Ort in den feldmäßig befestigten Stellungen und unterirdischen Anlagen der Festung Trient, die größtenteils im Zeitraum 1914 bis 1915 errichtet wurden.  

Beide Herren bestätigten mir übereinstimmend, das im Bereich der Festung Trient bereits mit Rundstahl armierte Stahlbetonkonstruktionen existierten. Der Gewinn des Rundeisens war extrem schwierig und arbeitsaufwendig, ihre Vorfahren „verfluchten“ diese Art der Rückgewinnung, sie brachte wenig ein und der Zeitaufwand für die Eisengewinnung  war enorm. Aber man kämpfte um jeden „Centesimo“, jede halbe Lire Gewinn.  

Mit Rundstahl armierten Beton fand ich auf dem Monte Soprasasso in einer Infanterieanlage, eingelegt als Deckenarmierung, und erbrachte somit den realen Nachweis , das diese Technik dem Genie von Trient bekannt war und auch angewandt wurde.

Sie wurde aber nicht nur dort angewandt. Im Bereich Celvet, Monte Celva hatte ich den gleichen Verdacht. Die Ergebnisse auf dem Monte Soprasasso bestätigten diesen und daher hier ein typischer Schnitt durch eine oberirdische Betonbatterie:

 

 

Deutlich erkennbar die Kombination Doppel- T-Stahlträger (sehr lukrativ für die Rückgewinnung, daher ausnahmslos ausgebaut), Wellblech–Einlage der Deckenunteransicht und Rundstahlarmierung der 1.Decke.
Danach kommt die Isolierschicht aus Teerpappe, dann die Stampfbetondecke ohne Armierung.
Zum Schluss zur Tarnung der Stellung und zur Dämpfung der Wirkung einschlagender Granaten die Erdüberdeckung, bis zu 2 –3 m hoch.
Die Variante der Deckenkonstruktion bestand darin, das die Doppel-T-Träger noch als integraler Bestandteil der 1.Betonschüttung miteinbezogen wurden, will heißen, die Holzschalung war an der Unterseite der Träger, in diesem Falle denke man sich das Trapezblech weg, das bei der hier gezeigten Konstruktion gleichzeitig die Schalung der 1.Betondecke war.  

Diese Stellungen waren aufgrund der „Zähigkeit“ der verwendeten Betontechnik sehr beschussfest und resistent auch gegenüber mittleren Geschosskalibern. Sie waren meist sehr kompakt gebaut, verstreut im Gelände, extrem gut getarnt und daher von der Feindartillerie schwer erkennbar und bekämpfbar.

Die damalige schwere Belagerungsartillerie hatte nicht die erforderliche Schusspräzision, diese relativ kleinen Artilleriestellungen durch mehrere hintereinander erfolgender Volltreffer auszuschalten. Gegen mittlere und leichte Kaliber (bis 15cm) hielten diese Stellungen aber ohne weiteres stand.
Besser noch sah es bei den um die Festung Trient angelegten Kavernenanlagen aus. Aufgrund der natürlichen Felsüberdeckung von 20-150 m Stärke waren diese von vornherein „bombensicher“.
Lediglich bei einer Felsüberdeckung von kleiner 20 m wurden diese von innen durch Bau von Betongewölben verstärkt.  

Generell gesehen, konnten selbst die schwersten damaligen Kaliber diesen Anlagen der Festung Trient auch nach einem zermürbenden Dauerbeschuss keinen Schaden zufügen. Selbst die von italienischer Seite eingesetzten modifizierten Marine-Langrohr-Geschütze  großer Reichweite der Kaliber 30,5 cm oder 35 cm hätten hier versagt.  

Diese Kavernenanlagen waren trocken und isoliert, sie dienten als (Munitions-) Lager, Unterkünfte der Infanterie oder Artilleriebesatzungen, als Generatorkavernen zur Stromerzeugung, als Küchen und Kommunikationszentralen.
Die Kavernenbatterien waren besonders beschusssicher angelegt, die Frontseite ausnahmslos durch massiven Beton  und eingelassenen Stahlträgern verstärkt.  

Munitionslager der Batterien waren oftmals zurückgelegt und mit zusätzlichen Betonstrukturen versehen tief in den Berg eingelassen.  

Davon mehr im 2.Teil.  

Villamontagna-Trient im August 2004 , Volker Jeschkeit  

 

 

2.Teil

 

Die nachfolgenden Zeichnungen zeigen verschiedene Ausführungen von isolierten und wasserdichten Kavernen.

 

Die Geschützstellungen in Kavernen waren unterschiedlich angelegt. Es gab diese mit kompletter Betonverkleidung und/oder Isolierung (siehe Vigolo Vattaro) oder auch nur mit einer Art abgehängten Blechdecke mit Isolier-Zwischenlage (siehe Kavernenbatterie Spazzadomeneghe auf dem Soprasasso).

Bei der Technik der abgehängten Decke wurden Gewindeanker in den Fels eingemörtelt, an denen dann die erste Lage des Zinkbleches zur Wasserableitung angeschraubt wurde. Danach wurde eine Korkisolation zusammen mit dem 2.unterseitigem Zinkblech an den gleichen Anker befestigt.
Die Korkisolation ,bestehend aus Stücken wurde gestopft Blech für Blech schob man die Korkteile in den Zwischenraum ein und presste sie zusammen.
Die so entstehende doppelte Blechdecke hatte ein einseitiges Gefälle, endete in der seitlichen Rinne, die das Wasser entweder oberhalb der Geschützpforte oder auch als Variante (Monte Celva) am Fußpunkt der Geschützkavernen nach draußen mittels Blechrohren ableitete.

Die Geschützkavernen blieben so trocken und auch frostisoliert, die Geschützpforten wurden entweder durch Holz- oder Stahlklappen geschlossen, auch diese besaßen an den Rändern aufgenagelte oder aufgeschraubte Korkstreifen, die somit die Geschützkavernen gegen Wind und Regen abdichteten .Die Geschütze waren somit gegen Korrosion weitgehend geschützt.
Jede Geschützkaverne besaß in der Regel auch eine doppelflügelige Eingangstür aus Holz zu den Verbindungsgalerien.
Diese wurden lediglich beim Schiessen geöffnet (Druckausgleich und Abzug der Pulvergase). Die Verbindungsgalerien sorgten aufgrund ihres leichten Steigungsgradienten und den meist am Ende angebrachten Entlüftungsschächten für einen Abzug der Pulvergase. 

Unterkunftskavernen waren in der Regel immer mit Beton verkleidet und wasserdicht.
Bei einigen Konstruktionen wurde oberhalb der Betonverkleidung sogar vorher eine doppelte Blechdecke mit Korkisolation angebracht.
Bei der Wasserabführung gab es verschiedene Lösungen (siehe Zeichnungen). 

Munitionskavernen waren immer trocken, aber nicht zusätzlich isoliert. 

Gegen Bodenfeuchtigkeit wurden auf dem Betonboden Holzlattenroste ausgelegt, außerdem besaß der Bodenbeton entweder eine Wasserrinne oder ein Gefälle Richtung Eingang der Kavernen. 

Unterkunftskavernen besaßen in der Regel über den Lattenrost einen rohen Holzfußboden, beheizt wurden diese durch Kanonenofen. 

Allen gemeinsam ist die Zwangsentlüftung an der Stirnwand der Kavernen, die für die Luftzirkulation sorgte und Feuchtigkeitsbildung durch Kondensation verhinderte. Das war besonders bei Munitionskavernen sehr wichtig, um die Korrosion der eingelagerten Geschosse zu verhindern. 

Eingangstüren zu den Kavernen bestanden aus massiven Holz oder Stahltüren (Splitterschutz!) mit entsprechender Kork-Randandichtung.
Die Lüftung und/oder Luftzufuhr erfolgte durch das Oberlicht oder dem unteren Türspalt. 

Küchenkavernen waren zumeist nicht verkleidet, sie besaßen zwar eine Eingangstür mit Betonportal, doch sorgten die Herde im Stirnbereich der Kaverne für genug Wärme, die Abgasrohre wurden an der Decke nach außen geführt (siehe Monte Celva).
Oftmals hatten diese ihr Brennstofflager innen in einer kleinen Seitenkaverne.
 

Generatorkavernen waren immer ausbetoniert und wasserdicht, elektrische Anlagen der damaligen Zeit liebten absolut keine Feuchtigkeit. Der Betonsockel der Anlage war immer Richtung Tür, die die entsprechenden Öffnungen für Luftansaugung und Durchbrüche für das Abgasrohr besaß. Der Treibstofftank war im zurückliegenden Bereich der Kaverne (Stirnseite) angebracht, die Seitennische in der Kaverne diente als Werkzeug-/Ersatzteillager. Auf dem Betonsockel wurden Antriebsmotor (Diesel- oder Petroleummotor) und Generator getrennt voneinander montiert auf den entsprechenden im Beton eingelassenen Gewindeankern (siehe Vigolo Vattaro).
Der Generator war auf einer einstellbaren Grundplatte montiert, um den Antriebsriemen spannen zu können, der vom Antriebsriemenrad des Motors kam. 

Die Kavernenanlagen der Festung Trient wurden größtenteils noch sehr aufwendig und „luxuriös“ angelegt, sie sind deshalb nicht zu vergleichen mit den Kavernenanlagen, die während des Krieges im Frontbereich oftmals schnell und provisorisch ausgerüstet wurden.

 

Villamontagna-Trient im August 2004 ,
Volker Jeschkeit
 

 

 

 

 

 Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist + zertifizierter Sport-Optiker