Das Wrack der Thistlegorm 
Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist Rotes Meer ( Red Sea )
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zertifizierter Sport-Optiker

 


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Am 6.10.1941 wurde die "S.S.Thistlegorm", die "Blaue Distel" mit 4898 BRT und den Maßen 127x18x8m  von den Deutschen versenkt. Die II. Gruppe des auch "Löwengeschwader" genannten Kampfgeschwaders 26 versenkte mit einer Heinkel 111 durch Bombenabwurf das Schiff. Das Geschwader führte einen sitzenden Löwen mit dem Wahlspruch "Vestigium leonis" (=Die Spur des Löwen) im Wappen. Siehe auch unter: http://www.taucher.net/redaktion/2/loewe.html 

Beim Abtauchen an der Mooringline, die der Tauchguide vorher befestigte, taucht ein riesiger schwarzer Schatten auf. Wurde das Seil an der Ankerwinsch festgemacht, kann man schon am Bug viel sehen. Eine Winde, die noch vollkommen unbeschadet da liegt und nun von hunderten Fahnenbarschen besiedelt wird, die in der Strömung lustig umhertanzen. Unter der Leiter, die zum Bug führt hat sich ein großer Zackenbarsch heimisch gemacht.

Jetzt geht es über das Deck (Backbord), an Wasser- und Tenderwagen vorbei, von denen der erste gefährlich in den Laderaum überhängt. Die Laderäume stehen für den zweiten Tauchgang an. Jetzt kommt man an der Bücke vorbei in der sich noch die Badewanne des Kapitäns befindet. Plötzlich ist der Weg durch das aufgebogene Deck versperrt. Deutlich sieht man die Wucht der Explosion, die das Schiff einst sinken ließ. Der Stahl des Schiffrumpfes wurde verbogen, als wäre es Papier und sieht aus wie eine geöffnete Fischdose. Wir lassen uns jetzt langsam auf das Trümmerfeld von Geschosskisten, Granaten und Schiffsmunition runtergleiten. 
Jetzt schälen sich zwei MK II Universal Carrier heraus, die irrtümlich immer wieder als Panzer bezeichnet werden. Der obere liegt auf der Seite und der Zweite mit seinen Ketten nach oben wie ein Maikäfer. Die Kettenschlepper wurden meistens mit einem Maschinengewehr als Bewaffnung eingesetzt. Sehr schön sind die großen Kartuschen für die Schiffsgeschütze die einzeln oder noch in teilweise aufgebrochenen  Kisten verstaut sind.
Bitte lasst die Granaten liegen, obwohl die Zünder noch nicht wegen dem Transport montiert waren, geht doch eine große Gefahr von der Munition aus. Auch die ägyptischen Behörden und Sicherheitsorgane haben kein Verständnis für das Sammeln von gefährlichen Gegenständen. Wie zwei Finger ragen die Stümpfe der Schiffswelle aus dem geborstenen Laderaum. Es besteht jetzt die Möglichkeit nach rechts zur 30 m entfernten Lokomotive rauszutauchen. Denkt daran, jetzt befinden wir uns auf 30m, die Nullzeit und der Luftverbrauch steigen an. Von der Lokomotive ist leider nur noch das Fahrgestell und der Kessel vorhanden. Das Führerhaus wurde durch die Explosion entweder zerrissen oder ist weiter weg geflogen. Dafür sieht man wie ein Heizkessel von innen aussieht. Bei den Munitionskisten wieder zurück, tauchen wir weiter zum Heckteil. In einem verbogenen Wirrwarr von Eisenteilen tummeln sich viel Glasfische. 
Über dem Sand schwebend gelangen wir zu den Toiletten. Die Besonderheit ist der schräge Luftspiegel ,der eine Totalreflexion zulässt und so eine zweite Toilettenschüssel erscheinen lässt. Um das schrägliegende Heck herum kommt die große Schiffschraube mit dem mächtigen Ruder ins Blickfeld. Spätestens jetzt wird es für die Taucher mit normaler Pressluft Zeit Höhe zu gewinnen und sich zu den Schiffsgeschützen auf dem Achterdeck zu begeben. So taucht man über das zerrissene Heck zu den Munitionskisten zurück, die man mit ca. 18m ( ca. 12m über Grund ) überquert. So kommt man in dieser Höhe zur Brücke, die auch innen einen Blick wert ist und überschwimmt zwei Eisanbahnanhänger auf der rechten Seite (Steuerbord) zurück zum Bug. An der Seite am vorderen Oberdeck liegt noch ein torpedoähnliches Gebilde unter einem kleinen Ladebaum, das auch immer wieder als Torpedo bezeichnet wird. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um Teile eines Schleppgeschirrs zum Kappen von Ankertauminen.
Ist noch genug Luft vorhanden kann man dem lustigen Treiben der Fische zuschauen die sich in großen Schwärmen tummeln oder auf der Jagd sind. Mit viel Glück schwimmen auch Weißspitzenriffhaie vorbei. Hat man noch die Farbe des Seils in Erinnerung ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß am richtigen Schiff aufzutauchen. Es kommt oft vor, dass Taucher erst nach Ablegen des Gerödels merken, dass sie auf dem falschen Schiff sind. Dem Spott sollte man sich nicht aussetzen, denn der ist auf den Booten gewaltig.

Nach einer Oberflächenpause und dem Mittagessen geht es zum zweiten Tauchgang. Er führt uns zu den Laderäumen.  Die genaue Anzahl und die Typen der Fahrzeuge erfährt man unter folgender Seite: http://www.taucher.net/redaktion/2/loewe.html  von Oliver Meise. 
In der Enge der Laderäume entsteht durch die Masse der Taucher ein größeres Gedränge als auf dem und um das Wrack. Rücksicht vor allem auf  Tauchanfänger ist notwendig. Man muss gegenwärtig sein in den Laderäumen einer Gruppe zu begegnen, die von dem Guide angeführt, in einer lockeren Reihe, aber mit Nachdruck den Platz verteidigend hintereinander herschwimmen. Da wird man rücksichtslos in eine Ecke gedrängt oder die Tauchgruppe fädelt in den Automatenschläuchen ein. Ein lockerer Flossenschlag der einem die Tauchmaske vom Gesicht wischt ist normal. Das passiert natürlich auch in der Gruppe und da ist das Durcheinander komplett.
Zwei Wege stehen je nach Ankertaubefestigung zur Verfügung.  Der Einstieg bei einer Heckbefestigung beginnt am Besten bei den Munitionskisten, Richtung Bug durch den Kohlebunker. So kommt man im Laderaum heraus in dem  sich Alubarren befinden, die wie Silber glänzen. Erstaunlich ist, dass das Salzwasser das Material noch nicht angegriffen hat. In dem zweiten Laderaum stehen Lastwagen voll mit Motorrädern auf der Ladefläche. Die Führerkabine des LKW hatte ein Stoffdach das natürlich verrottet ist und so einen Einblick in die Kabine ermöglicht. Zum ungestörten Betrachten bedarf man aber einer leistungsstarken Lampe, um nicht nur im Dämmerlicht rumzutümpeln. Die besten Teile liegen im Dunkeln, wie z.B. der Funkwagen mit seinem fast intakten Inneren.
Es ist aber immer irgendwo Tageslicht sichtbar um den Weg zurück leicht zu finden. Ein Tipp für die Fotografen, vergesst das Weitwinkel und einen Blitz mit Blitzarm nicht. Durch die aufgewirbelten Sedimente in den Laderäumen ist die Sicht teilweise stark eingetrübt. Ich verwende einen Film mit 400 ASA. Dann bekommt man auch Außen noch vernünftige Verschlusszeiten, denn nicht immer ist genügend Zeit und Ruhe. Langschaft-Gummistiefel liegen inzwischen in allen Ebenen, Laderäumen und im Sand neben dem Schiff verteilt. Welchem Zweck sie in der Wüste dienen sollten, ist nicht bekannt. 

Es findet sich ein kleiner Durchschlupf, Richtung Brücke, der zu einer Vorratskammer führt. Hier gibt es nichts besonderes zu sehen. Oder was zu sehen war ist geplündert. Durch eine winzige Öffnung könnte man zur Kapitänsunterkunft mit der Toilette und der Badewanne rauftauchen, die man aber viel bequemer von oben besichtigen kann.
Im Laderaum drei, den man am besten von oben betaucht sind große Mengen verpackter und gebündelter Karabiner gestapelt. Sie sind sehr stark zusammengebacken, das hat sie vermutlich vor Plünderung geschützt. 
Im Laderaum eins (Bug) kann man durch Öffnungen in die verschiedenen Ebenen gelangen. Oder über Deck schwimmen und sich dann langsam, am gefährlich geneigten und verrutschten Eisenbahnwagon absinken lassen. Bei der Gelegenheit übersieht man das Chaos mit dem der Laderaum eins gesegnet ist. Es liegen Eisenträger und ein Flugzeugflügel, der schon sehr vom Salzwasser zerstört ist, kreuz und quer. Es sieht nicht nur so aus, es ist auch gefährlich, sich unter den Trümmern zu bewegen. In den Laderäumen selbst ist man vor herabstürzenden Trümmern sicher und da liegen auch die interessanten Teile herum. Im ersten Ladedeck stehen die LKW in Reih und Glied. Es ist traumhaft sich mit einer starken ausdauernden Lampe über die Ladeflächen treiben zu lassen. Zusammengeklappte Feldbetten und Lazarettausrüstung, Reifen in verschiedenen Größen, Flak-Scheinwerfer auf deren Schild noch Edison zu lesen ist und verpackte Karabiner reihen sich aneinander. Die fünf Reservetragflächen für Flugzeuge stehen hochkant aneinander. Fahrzeuge und Anhänger zur Stromerzeugung mit den dazugehörigen Kabeln stehen nebeneinander. Spätestens hier stellt man fest, dass alle Gummiteile frei von Bewuchs sind. 
Wenn man sich genügend in den unteren Laderäumen umgeschaut hat, stellt man mit Erstaunen fest, dass man sich doch sehr lange auf 28 m rumgedrückt hat und die Dekozeit durch den vorhergehenden Tauchgang unerbittlich näher rückt. So beginnt der langsame, vorsichtige Aufstieg durch die teilweise versperrte Luke. Jetzt kann man noch, je nach  Luftverbrauch und Dekozeit, den Tauchgang in den Räumen im Bug oder an der Reling mit Blick auf die Fische ausklingen lassen. Hat man wieder sein Seil erreicht und man ist sich sicher, es ist auch seines, kann man den Aufstieg beginnen und die Thistlegorm verschwindet wieder im Blau des Meeres. Achtung es kann sich in der Zwischenzeit eine starke Strömung aufgebaut haben, die man in der Sicherheit der Laderäume nicht bemerkte. Toll und sinnvoll fand ich folgende Lösung zum Auffinden des richtigen Seils. Eine Schreibtafel mit dem Namen des Schiffes und allen Tauchern, die Taucher, die aufsteigen haken sich an der Tafel ab. So ist sich der Tauchguide zum Tauchende sicher dass alle an Bord sind und er kann, nachdem das Seil frei von Tauchern ist, den Knoten der Befestigung lösen.

Optimal lassen sich die Tauchgänge an der Thistlegorm mit Nitrox durchführen. Die Lizenz kann in Sharm z.B. beim Sinai Dive Club an der Promenade vor dem Fairouz Hilton, erworben werden.