Muschelkartierung im Tegernsee Den
stummen Bewohnern des Tegernsees auf der Spur |
Erschreckend: Ein
stilles Drama spielte sich in den vergangenen Jahren auf dem Grund des
Tegernsees ab, das langsame Sterben der heimischen Maler- und
Teichmuscheln. Heute zeugen zumeist nur noch die leeren Schalen ( ein
ganzer Muschelfriedhof, der in vier bis acht Metern Tiefe um den
gesamten See reicht ) von den einst im Überfluss vorhandenen Beständen
dieser handflächengroßen Tiere. Um dem Rätsel des Muschelsterbens auf
die Spur zu kommen und Reste von "Überlebenden" zu finden,
wurden Taucher aus dem Tal und die bewährte Tauchgruppe aus München
( kleine
Steinfische) beauftragt, unter Federführung der Fischereifachberatung des Bezirks
Oberbayern eine Bestandsaufnahme durchzuführen.
Erste
erschreckende Ergebnisse stehen nun fest. Die Taucher, die
zwischenzeitlich etwa ein Drittel der insgesamt 103 Sektoren des Sees
untersucht haben, fanden zwar hunderttausende Schalen tote Tiere, aber
nur noch insgesamt 23 lebende Exemplare. Die
Ursache für das Sterben der Lebewesen, das vor mehr als 20 Jahren wohl
schon beendet war, wie der Verwitterungszustand der Muschelschalen
beweist, ist noch nicht völlig geklärt. Zwar scheint es nach den
Worten von Fischereidirektor Dr. Peter Wißmath so, dass ein kleiner Teil der
Muscheln von einem Schmarotzer ( der Dreikantmuschel ) überwuchert und
gleichsam "erwürgt" wurde. Die meisten der vielen
hunderttausend Muschelleichen sind aber wohl Folge eines anderen, nur
schwer zu glaubenden Umstands: Die Sauberkeit des Sees ist nach der
Inbetriebnahme der Ringkanalisation Hauptursache für das fast vollständige
Verschwinden der großen Teich- und Malermuscheln. Sie haben ihre
Hauptnährstoffzufuhr verloren und verhungern so langsam. Die
Presse, der Hörfunk und das Fernsehen sind gleichfalls sensibilisiert
und die Aktivitäten werden aufmerksam verfolgt und verbreitet. So kam
es am 24. April zu einem Informationsmeeting direkt am Tegernsee, wo die
Journalisten einen Teil der bis jetzt überlebenden Muscheln
begutachten konnten. Redakteur Uli Mößlang und Thomas Mattner von
Tegernseer Tauchclub demonstrierten den Anwesenden einen Tauchgang und
brachten den staunenden Zuschauern ein Netz von toten Muschelschalen. Deutlich waren der
Erhaltungszustand (Alter)
der Muschelschalen und auch der unterschiedliche Befall mit
Dreikantmuscheln zu sehen.
So können sich die Taucher positiv darstellen und das Image vom schilfzerstörenden, Angelschnur zerschneidenden und Badegast erschreckenden Monster widerlegen. Wo sich Taucher und Fischer vernünftig unterhalten (optimal ist es natürlich, wenn der Taucher über die heimischen Fischarten und Schonzeiten Bescheid weis), ist es ein leichtes gegenseitiges Vertrauen zu gewinnen. So können Taucher wertvolles, verlorengegangenes Material der Fischer bergen, oder auch Tipps über die Sprungschicht und Tiefe der Fischschwärme geben.
29.
April 2003 02. Mai 2003 Münchner Merkur 83681 Tegernsee Veröffentlicht am Samstag den 10. Mai 03 „Muschelsterben: Im See starke
Konkurrenz“; Bericht vom 29.April 2003 Sehr geehrte Damen und Herren, die von einem Herrn Göttle aus dem Bayerischen
Landesamt für Wasserwirtschaft geäußerten Meinungen zur Sache treffen
so nicht zu. Unsere Tauchgruppe „kleiner Steinfisch“ war dem
Bezirk Oberbayern ebenso wie anderen Institutionen in den vergangenen
Jahren wiederholt behilflich, wenn es darum ging, unter Wasser
Sachverhalte zu ermitteln und nach Dingen zu suchen, die von der Oberfläche
aus nicht zu erkennen waren. Unter anderem haben wir uns aktiv an
den Kartierungen der Muschelbestände des Chiemsees (1998) und des
Starnberger Sees (2001) beteiligt und helfen nun auch bei der
entsprechenden Kartierung des Tegernsees mit. Wir müssen Herrn Göttle leider mit
allem Nachdruck widersprechen. Wie es den Muscheln des Tegernsees ergeht
oder erging, lässt sich nicht bequem und im warmen vom amtlichen
Schreibtisch aus feststellen. Dazu muss man schon Zeit, Mut und Material
einsetzen und sich direkt dorthin begeben, wo das dramatische Geschehen
stattfindet oder, im Falle des Tegernsees, stattgefunden hat. Die
Millionen gestorbener Teichmuscheln, die wir in 6-12 m Tiefe des momentan
5 Grad kalten Wassers fanden, sind mitnichten alle dem Einfluss der
eingeschleppten Dreikantmuschel zum Opfer gefallen. Es ist bedauerlich, dass ein
Landesamt für Wasserwirtschaft ohne nähere Kenntnisse und offenbar in äußerster
Geringschätzung unserer Bemühungen Behauptungen in die Welt setzt und
veröffentlichen lässt, die den tatsächlichen Gegebenheiten in keiner
Weise entsprechen. Wir hätten vielmehr erwartet, dass man unsere Arbeit
mit Interesse zur Kenntnis nimmt, sie prüft und danach zu dem –
eindeutigen und recht einfachen – Schluss kommt, dass die Masse der
Teichmuscheln des Tegernsees eine Folge dessen früherer Nährstoffbelastung
waren und dass sie mit der erfolgreichen Inbetriebnahme der
Ringkanalisation wieder verschwanden. Dass man das erst jetzt so deutlich
erkennt, liegt an der Schwierigkeit der Darstellung solch verborgener Vorgänge.
Es wäre schön, wenn Herr Göttle und das Landesamt für Wasserwirtschaft
hier mit uns zusammen zu einem (aus Sicht der Wasserwirtschaft ja doch
eigentlich erfreulichen) Arbeitsergebnis kommen könnte, statt uns durch
unrichtige Pressemitteilungen als Ignoranten abzustempeln. Wir arbeiten
ehrenamtlich im aktiven Umweltschutz und erwarten daher auch von einer Behörde
wie dem Landesamt für Wasserwirtschaft zumindest ein wenig Respekt und
eine gewisse Sorgfalt beim Gang in die Öffentlichkeit. Mit freundlichen Grüßen Untermauern können wir unsere Beobachtungen am Eibsee, unterhalb der Zugspitze. Der See beherbergte sehr große Populationen an Teichmuscheln, solange die Abwässer des früheren Hotels und in den Nachkriegsjahren den Amerikanern zur Erholung dienenden Camps ungeklärt in den Eibsee flossen. Erst nach dem Bau einer Kanalisation kam es zum Nahrungsengpass bei den Muscheln. Heute ist keine einzige Muschel mehr am Leben, nur Schalen toter Muscheln bedecken den See. Keine einzige Dreikantmuschel, weder tot noch lebend, befindet sich im See. Sie scheidet als Muschelkiller aus. Ebenso am Westufer des Starnberger Sees, wo sich keine, oder nur sehr wenige Dreikantmuscheln befinden. So müssten sich in dem optimalen Seeboden die Teich- und Malermuscheln verbreiten. Dem ist aber nicht so. Auch an diesen Stellen befinden sich nur noch wenige Muscheln und diese sind von den Dreikantmuscheln nicht befallen.
So wird die arme kleine Muschel durch das saubere Wasser verhungern, so wie schon seine Eltern.
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