Die italienische Artillerie 
auf den Hochflächen

Entnommen aus dem Roman  
"Sturm über den Werken"
von Albin Kühnel

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Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist  und  zertifizierter Sport-Optiker  
  
Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Stellungen und Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen, Dolomiten, Verona, Venezien und Friaul.  Denkmäler in München, Bayern und dem Rest der Welt.

 

 

Am 24. Mai 1915, dem Tag, an dem Italien die Feindseligkeiten gegen die Donaumonarchie eröffnete, verfügte der Angreifer im Bereich der den Hochflächen von Lavarone und Folgaria gegenüberliegenden Agno-Assasperre über einen Artilleriepark, der 102 leichte, mittlere und schwere Geschütze umfasste. Allein die Zahl der schweren Geschütze, die den österreichischen Werken am meisten zu schaffen machten, betrug 84, nämlich sechsundzwanzig 149 A- und zweiundvierzig 149 G-Kanonen sowie vier 210 mm-Mörser und zwölf 280 mm-Haubitzen. Dem standen auf österreichisch-ungarischer Seite neben der Werksartillerie an mobiler Artillerie lediglich eine 10 cm-Gebirgshaubitzbatterie M 99 (sechs Geschütze) sowie ein paar 9 cm-Feldkanonen M 75 gegenüber.  

Wie schwer sich die italienische Artillerie trotz der drückenden Überlegenheit in den Anfangstagen tat, geht aus einem Bericht des Kommandanten der 1. Armee, Generalleutnant Brusati, vom 29. Juni 1915 an das Comando Supremo hervor, der sich ausschließlich mit der Artillerietätigkeit auf den Hochflächen befasst. Wegen seines interessanten Inhalts wird dieser Bericht hier ungekürzt hier wiedergegeben.  

Aus meinen früheren Telegrammen und Berichten an das Comando Supremo kann die bisherige Tätigkeit unserer Artillerie auf den Hochflächen entnommen werden. Ich glaube, daß jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, die abgelaufenen Tage in einer kurzen Zusammenfassung zu untersuchen und dabei die wichtigsten Phasen hervorzuheben, um Schlüsse aus der Vergangenheit zu ziehen und Vorschläge für die nächste Zukunft zu unterbreiten.  

Nach mehr als einmonatiger, ununterbrochener Tätigkeit unserer Artillerie gegen die österreichischen Abwehranlagen sind vielleicht noch nicht jene Ergebnisse erzielt worden, die - wenn man die Angelegenheit vom grünen Tisch aus betrachtetet - die in Friedenszeiten angestellten Untersuchungen hatten erwarten lassen.  

Unsere Überlegenheit, die in den ersten Kriegstagen eindeutig gewesen war, hat allmählich nachgelassen; die Hauptursache dafür ist in der abnehmenden Quantität und Wirksamkeit unserer Artillerie zu suchen. Ursache dafür sind verschiedene Unglücksfälle, die auch dazu beigetragen haben, daß es dem Gegner gelang, nach und nach eine größere Anzahl von Geschützen gegen uns einzusetzen und die ihm in den ersten Tagen zugefügten Schäden zu beseitigen.  

Zweifelsohne wurde den österreichischen Werken in den ersten Tagen durch unsere Beschießung großer Schaden zugefügt; dies gilt besonders für jene im Lavaroneabschnitt, nämlich Spitz Verle, Busa di Verle und Luserna. Das Werk Spitz Verle wurde zum Schweigen gebracht und schweigt immer noch; das Werk Luserna mußte die weiße Fahne hissen, aber man hatte danach infolge unseres schwächer werdenden Artilleriefeuers genügend Zeit und Gelegenheit, zwei seiner Geschütztürme wieder instandzusetzen. Was die übrigen Werke angeht, so hat es den Anschein, als wäre ihre Kampfkraft trotz der erlittenen Schäden nicht so stark beeinträchtigt worden, daß sie für längere Zeit ausfielen. Und so erwachten auch  die  Werke, die  für  eine  gewisse Zeit zum Schweigen verurteilt waren, nach und nach wieder zum Leben und stellten unter Beweis, daß mit ihnen weiter gerechnet werden muß, und daß sie noch über eine beträchtliche Feuerkraft verfügten.  

Die Lage auf den Hochflächen, wie sie sich bei Ausbruch der Feindseligkeiten darstellte, kann folgendermaßen zusammengefaßt werden:  

Neben den permanenten Werken Verena, Campolongo und Punta Corbin, deren Aufgabe es in erster Linie war, die Feldartillerie und die feldmäßigen Befestigungen des Gegners zu bekämpfen und zu zerstören sowie den mittelschweren Batterien, die das gleiche mit den Werken tun sollten, gab es auf den Hochflächen sechs Batterien zu je zwei Haubitzen des Kalibers 280 mm (drei Batterien auf der Hochfläche von Asiago und drei im Abschnitt Toraro-Campomolon) und darüber hinaus noch eine 210 mm-Mörserbatterie auf der Hochfläche von Asiago, und zwar bei der Porta di Manazzo.  

Bei ihrer Dislozierung ist man von der vernünftig erscheinenden Maßregel ausgegangen, daß jedes österreichische Werk gleichzeitig von mindestens zwei dieser Batterien unter Feuer genommen werden konnte.  

Die Batterie bei der Spelonca di Neve, die ihr Feuer auf drei feindliche Werke richten sollte, verfügte über Stahrohrhaubitzen; sie waren wirkungsvoller und konnten aus größerer Entfernung feuern. Die anderen Batterien waren mit Haubitzen ausgestattet, die gußeiserne Rohre besaßen; nur solche waren noch verfügbar. Die 210 mm-Mörserbatterie sollte die 280 mm-Haubitzen bei der Beschießung der Werke Spitz Verle und Busa di Verle unterstützen; später, wenn der Angriff auf die Hochfläche von Vezzena erfolgreich gewesen wäre, hätte man sie in eine Stellung vorverlegt, von der aus sie das Werk Belvedere 5 hätte unter Feuer nehmen können.  

Bekanntlich konnten die Batterien während des Winters nicht feuerbereit gemacht werden; als es die Witterungsbedingungen erlaubten, schritten jedoch die dazu notwendigen Arbeiten unter höchster Anspannung der Kräfte aller Beteiligten so rasch voran, daß man in der Lage war, am 25. Mai das Feuer zu eröffnen, wenngleich noch einige wichtige Einrichtungen, wie z.B. ein funktionierendes Kommunikationssystem, fehlten. Aber die bestehenden Mängel wurden rasch und mit viel Improvisationskunst beseitigt.  

Wie es um das Bedienungspersonal bestellt war, ist E.E. wohlbekannt: Verhältnismäßig schlecht ausgebildete Soldaten, fachlich minderwertige Offiziere, die jedoch voller Eifer waren. Noch wenige Tage vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten konnte man nicht umhin, zwei Hauptleute aus der Festung Verona abzuziehen und als Batteriekommandanten einzusetzen. Sie lösten im Toraro-Campomolon-Abschnitt die gleich Anzahl unzureichend ausgebildeter Subalternoffiziere ab, die andernfalls das Kommando über die Batterien unter Bedingungen hätten führen müssen, die angesichts der gegenüberliegenden Objekte äußerst schwierig waren. Aber bei den beiden Batterien auf der Costa di Civello und bei der Spelonca di Neve auf der Hochfläche von Asiago mußte man den dort eingesetzten subalternen Offizieren angesichts der absoluten Unmöglichkeit, Ersatz zu finden,  das Kommando überlassen; allerdings war hier der Schaden geringer, weil die ihnen zugewiesenen Ziele leichter zu treffen waren und der Gruppenkommandant sie besser überwachen konnte.  

Das Feuer wurde am Morgen des 25. Mai eröffnet. Die Feuerleitung entsprach vollkommen den Befehlen, die ich für unseren Angriff auf den Hochflächen erlassen hatte; er sollte in den Talschluß des Assabaches führen, sein Ziel war am rechten Flügel die Eroberung der Linie Spitz Verle- Costalta, am linken Flügel die Linie Monte Maronia-Plaut-Durer.  

Das Artilleriefeuer sollte in jedem Abschnitt auf den Hindernissen liegen, die sich dem Angriff unserer Infanterie in den Weg stellen würden. Und konsequenterweise waren die ersten Ziele am rechten Flügel die drei Werke Spitz Verle, Busa di Verle und Luserna, auf die unser Feuer nacheinander und nach allen Regeln der Kunst zusammengefaßt werden sollte.  

Am linken Flügel sollten zunächst die Werke Doss del Sommo , Sommo alto und Malga Cherle die Ziele unserer Artillerie sein, auf die - gleichfalls nacheinander - ihr Feuer zusammengefaßt werden sollte.

Danach sollte das Werk Belvedere sowohl von den Campomolon-Torarobatterien als auch von der 210 mm-Mörserbatterie, sobald diese - wie bereits erwähnt - vorgezogen war, unter Feuer genommen werden.  

Tatsächlich hielt man sich aber nicht an diesen Feuerbefehl, sei es, weil klare Anweisungen, wie das Feuer zu leiten ist, fehlten, sei es, weil es dem Kommandanten des österreichischen Werkes bei Oseli  gelang, einen Teil des Feuers auf sein Werk zu ziehen; er hatte nämlich - wenngleich er damit auch nur geringe materielle Schäden anrichtete - insbesondere den Nachschub der Campomolon-Torarobatterien empfindlich gestört.  

Sicher ist, daß man die durch das Artilleriefeuer in den allerersten Tagen erzielten Erfolge für größer hielt, als sie tatsächlich waren. Die Begeisterung über unsere Überlegenheit hat dazu beigetragen, daß man es unterließ, noch kraftvollere, sich insbesondere nach den oben angeführten Kriterien richtende Aktionen durchzuführen.  

Deswegen traf ich mich auch am 02. Juni am Sitz des Kommandos der Sperre Agno-Assa in Piovene mit dem Kommandeur des V. Armeekorps und den ihm unterstellten Divisionären und Artilleriekommandanten. Ich ließ mir über das Geschehen Bericht erstatten und mußte feststellen, daß ein wirklich systematisches Artilleriefeuer nicht immer zustande gekommen war und daß die Ergebnisse zwar gut zu sein schienen, aber noch besser hätten sein können. Ich wies daher nachdrücklich auf die Vorteile hin, die entstünden, wenn die einzelnen Objekte nacheinander beschossen würden, und auf die Notwendigkeit, nicht von einem Werk abzulassen, solange man nicht genügend Anhaltspunkte dafür hatte, daß es auch wirklich außer Gefecht gesetzt war. Ich hatte den Eindruck, als würden alle diesen unausweislichen Erfordernissen zustimmen. Mittlerweile aber begannen unsere Angriffsmittel fortschreitend unter erheblichen Beeinträchtigungen zu leiden, vielleicht deswegen, weil sie von Anfang an für die angestrebten Zwecke nicht vollkommen geeignet waren.  

Die 280 mm-Haubitzen trafen zwar wiederholt die ihnen zugewiesenen Ziele, aber nicht so häufig, wie man es auf Grund der Schießtafeln hätte erwarten können; der Einzelschuß, vor allem der mit den gußeisernen Granaten, erfüllte nicht die Erwartungen, die man in ihn gesetzt hatte. Das lag zu einem gewissen Teil an den Bedienungsmannschaften, von denen ich von Anfang an nicht zu viel gehalten hatte, mehr vielleicht noch an den besonderen atmosphärischen Bedingungen, die auf den Hochflächen herrschen und schließlich auch am Alter der Geschützrohre, die infolge vorangegangenen Gebrauchs schon ausgeleiert waren und mit denen Treibladungen verschossen wurden, für die sie nicht gebaut worden waren. Darüber hinaus mußte man aber auch zur Kenntnis nehmen, daß sich die Widerstandskraft der österreichischen Werke als größer erwies, als man angenommen hatte.  

Dann mußte man feststellen, daß sich erste Mißgeschicke ereigneten. Bereits am 26. Mai waren ein 210 mm-Mörser und eine 280 mm-Haubitze zerborsten; danach erlitten kurz hintereinander zwei 149 mm-Schneider-Geschütze auf Verena, ein Geschütz gleichen Typs auf Campolongo, eine 149 A-Kanone auf Punta Corbin und vier 280 mm-Haubitzen im Toraro-Campomolonabschnitt das gleiche Schicksal. Schließlich mußte später - am 11. Juni - noch eine Kanone der auf der Hochfläche von Asiago dislozierten Arzari-Batterie daran glauben.  

Die Offensivkraft unseres Artillerieparks hatte damit innerhalb von kurzer Zeit gewaltig gelitten. Ich befahl sofort die Instandsetzung der unbrauchbar gewordenen Geschütze und wandte mich - unterstützt durch die hilfreiche Zustimmung E.E. - sogleich an das Ministerium, das meinen Wünschen in vollem Umfang entsprach. Man sagte mir eine Ergänzungslieferung von vierzehn 28 mm-Haubitzen zu, in der weisen Voraussicht, daß alle Haubitzen, die noch im Einsatz waren, im Laufe der Zeit das gleiche Schicksal erleiden könnten, wie ihre Vorgänger. Ich erreichte, daß ihr Munitionsvorrat von 300 auf 800 Schuß je Geschütz erhöht wurde und daß der zerborstene 210 mm-Mörser und die vier 149 mm-Rohre sofort ersetzt wurden.  

Offensichtlich war es aber unmöglich, die Mißgeschicke, die sich kurz hintereinander ereignet hatten, innerhalb kurzer Zeit zu heilen. Jedoch konnten bereits nach wenigen Tagen die beiden Rohre auf Verena ersetzt werden, weil die Lafetten keinen Schaden erlitten hatten und in Verona Austauschrohre ausfindig gemacht werden konnten; sie hätten eigentlich in das im Bau begriffene Werk Campomolon gehört. Unmöglich war es jedoch, für das Rohr im Werk Campolongo, dessen Einrichtung schwer beschädigt worden war, Ersatz zu finden; andererseits wiederum wurde das Rohr im Werk Punta Corbin ersetzt; das neue Rohr entnahm man einem Werk an der Westgrenze (dem Werk Pramand), und es erreichte bereits nach wenigen Tagen seinen Bestimmungsort.  

Erhebliche Verzögerungen traten bei der Ersatzlieferung für die Haubitzen ein. Die beantragten und genehmigten Ersatzgeschütze und die dazugehörigen Lafetten und Unterlafetten, die beim Bersten der Geschützrohre zum großen Teil gleichfalls zerstört worden waren, wurden wohl vom Ministerium auf die Reise geschickt; aber es dauerte einige Tage, bis die ersten Exemplare in Rocchette eintrafen.  

Und dort traten weitere Schwierigkeiten mit den Transportmitteln auf, die in ausreichender Anzahl und in entsprechender Größe benötigt wurden, die aber - ganz im Gegenteil - kaum den normalen Anforderungen genügten. Weitere Probleme bereiteten die Straßen, über die laufend schwere Lasten transportiert werden mußten und die wegen des anhaltend schlechten Wetters unpassierbar waren. Ich mußte energisch intervenieren, damit das Transportbüro in Rocchette mit geeigneten Transportmitteln für schwere Lasten, die es vorhalten mußte, ausgestattet wurde, und es bedurfte nachdrücklicher Befehle meinerseits, um zu erreichen, daß die Straßen, über die die Transporte laufen sollten, ständig in gutem Zustand gehalten wurden. Aber die Transportmittel nebst den dazugehörigen Zugmaschinen und Lastkraftwagen, über welche die Intendanz eigentlich verfügen sollte, gab es nicht, weder von der Anzahl her, noch von der Fähigkeit, das umfangreiche und schwere Material zu transportieren. Alle sechs Soller, die vom Armeekommando dem Büro in Rocchette zur Verfügung gestellt worden waren, mußten laufend repariert werden, und es war trotz der Anspannung aller Kräfte in den Werkstätten einfach nicht möglich, gleichzeitig über alle sechs Lastwagen zu verfügen; hatte man einen repariert, dann ging der nächste kaputt, so daß man niemals mit mehr als einem Teil von ihnen rechnen konnte; und dieser Teil war nicht immer der größere.  

Und aus all diesen Gründen, die sich oftmals auch noch überschnitten, war die Ersatzlieferung für die 280 mm-Haubitzen besonders mühsam zu bewerkstelligen. Es dauerte einige Tage, bis alle Schwierigkeiten beseitigt waren. Aber ich vertraute darauf, daß die Abwehrbereitschaft auf den Hochflächen wieder so stark werden würde, wie sie es zu Beginn des Feldzugs war. Schließlich konnte auch die letzte am Toraro geborstene Haubitze (21. Juni) ersetzt werden.  

In dieser Zeit war natürlich - bedingt durch die ungünstigen Umstände - unsere Offensivkraft erheblich beeinträchtigt. Während unser Feuer immer schwächer wurde, nicht zuletzt, weil es notwendig war, die noch verbliebenen Geschützrohre zu schonen, wurde der Gegner immer lebhafter. Seine Werke steigerten ihre Aktivität; vermutlich hatten sie Munitionsnachschub und Personalersatz erhalten, und die erlittenen Beschädigungen waren in aller Eile repariert worden. Auch seine Feldartillerie trat überall ein bißchen in Erscheinung und wurde zunehmend aktiver. Der Kulminationspunkt war für mich mit dem Eingreifen der 305 mm-Mörser erreicht; zunächst war es vermutlich nur ein Exemplar, derzeit hat es allerdings den Anschein, als seinen drei oder vier derartige Geschütze an verschiedenen Stellen hinter der Werkslinie aufgestellt worden.  

Das Eingreifen des 305 mm-Mörsers hatte schwere Schäden zur Folge. Bei dem von ihm unter Feuer genommenen Werk Verena wurde am 12. Juni die ganze Betondecke durchschlagen, und unter der Besatzung mußten große Verluste beklagt werden. Das Pulvermagazin der 280 mm-Batterie auf der Forcella Molon flog am 22. Juni in die Luft, und zwar nicht deshalb, weil es getroffen worden war, sondern infolge der Erschütterungen, die von einer nur wenige Meter entfernt davon einschlagenden Bombe herrührten. Unsere Artilleriebeobachter suchten den Standort des Mörsers; aber es schien so, als sei er beschädigt und für einige Tage zum Schweigen gebracht worden. Vorgestern (am 27. Juni) nahmen jedoch andere das Feuer wieder auf. Das Fort Verena wurde neuerlich getroffen, wobei - neben anderen Beschädigungen - auch eine Panzerkuppel perforiert wurde.  

Für die Suche nach diesen 305 mm-Mörsern, aber auch zur Aufklärung der anderen Stellungen der feindlichen Feldartillerie besteht zweifelsohne lebhaftestes Interesse an der Luftaufklärung; aber unser Flugzeuggeschwader, das auf die Hochebene von Asiago verlegt worden und hier stationiert ist, hat sich aus Gründen, die dem Comando Supremo bekannt sind, für die Übernahme einer derartigen Aufgabe als unbrauchbar erwiesen.  

Derzeit erweist sich die gewaltige Feuerkraft der 305 mm-Mörser mit Sicherheit als sehr große Gefahr, insbesondere für unsere permanenten Werke, von denen eins nach dem anderen ernsthaft beschädigt werden könnte.

Abgesehen von meiner in Übereinstimmung mit dem Telegramm E.E. Nr. 941 von gestern erteilten Anweisung, Überlegungen anzustellen, ob und auf welche Art und Weise es möglich ist, die Geschütze aus den ernsthafter beschädigten Werken zu entfernen - eine Überlegung, die ich übrigens schon früher angestellt habe -, halte ich es daher für notwendiger denn je, zum Angriff überzugehen und den Gegner aus seinen gegenwärtigen Stellungen zu vertreiben; denn dann wird die Feuerkraft seiner gewaltigen 305 mm-Mörser nicht mehr ausreichen, um unsere Werke durch einen zufällig aus großer Entfernung erzielten Treffer vorzeitig zum Schweigen zu bringen.  

Dieser Angriff kann nicht eher befohlen werden, als bis unsere Offensivkraft wiederhergestellt, ja sogar noch vermehrt worden ist. Nachdem, was mir E.E. zum wiederholten Male mitgeteilt hat, werde ich es mir mit Sicherheit nicht erlauben, so wie früher oftmals getan, auf der Zuweisung neuer Batterien zu bestehen, um die feindlichen Werke niederzukämpfen; ich werde vielmehr nur auf diejenigen zählen, auf die ich derzeit zurückgreifen kann; und außerdem auf die zusätzlichen Geschütze, über die ich derzeit verfüge, die da sind: eine 305 mm-Haubitzenbatterie, deren Feuerbereitschaft unmittelbar bevorsteht, eine neue, dreipiecige 280 mm-Haubitzenbatterie am Borcolapaß (Vallone del Lovo), die Anfang J uli in Aktion treten wird und die österreichischen Werke Doss del Sommo und Sommo Alto unter ihr Feuer nehmen wird und schließlich die 210 mm-Mörserbatterie, die demnächst aus ihrer Stellung Campo Posselaro auf der Hochfläche von Asiago agieren wird.  

Die Erfahrungen der zurückliegenden Zeit, bessere Erkenntnisse über die zu erreichenden Ziele und die dabei zu überwindenden Schwierigkeiten, ein energischer vorgetragener Angriff, der besser abgestimmt ist, als der vorangegangene und das Vertrauen auf die erfolgten Personalveränderungen, die dem bevorstehenden Angriff ihren Stempel aufdrücken werden, veranlassen mich zu der Annahme, daß es nach einer Periode der Mißhelligkeiten, in der wir uns derzeit befinden, möglich sein wird, in ein paar Tagen in ein Phase einzutreten, die von größerer Aktivität gekennzeichnet ist. Diese Phase wird, sofern der Gegner seine Aktivitäten nicht steigert und seinen gewaltigen Artilleriepark auf den Hochflächen nicht vergrößert, wie ich hoffe, zur Eroberung jener Stellungen auf dem feindlichen Territorium führen, die in meinen Befehlen angegeben sind (zunächst die Linie Cima Vezzena-Cost’alta-Luserna, danach die Linie Monte Rover-Monte Cimone auf dem einen Flügel; auf dem anderen Flügel als erstes die Linie Monte Maronia-Plaut-Durer-Cherle und danach die Werkslinie), eine Eroberung, durch die sich unser Manövriergebiet vertiefen und die es uns - auch durch ihren moralischen Wert - erlauben wird, allen Eventualitäten, die künftig auf uns zukommen werden, besser begegnen zu können.  

 

Soweit die äußerst interessanten Ausführung des Kommandeurs der italienischen 1. Armee, Generalleutnant Brusati, über die Tätigkeit seiner Artillerie auf den Hochflächen.  

Seinen Artilleriepark hatte er in der Zwischenzeit von 102 auf 131 Geschütze erhöht. Er verfügte jetzt über  acht  210 mm- Haubitzen und -Mörser,  fünfzehn  280 mm-Haubitzen  und zwei 305 mm-Haubitzen, die am Taleingang in das Val Renzola in Stellung gebracht worden war.  

Der von Generalleutnant Brusati angekündigte neuerliche Angriff auf die österreichisch-ungarischen Stellungen auf den Hochflächen von Lavarone und Folgaria begann am 25. August 1915 mit einem Trommelfeuer nie dagewesener Intensität. Jetzt wollte man alle Fehler, die man in der ersten Beschießungsperiode gemacht hatte, vermeiden und nahm insbesondere die Hochflächenwerke ins Visier. Dabei erwies sich die italienische 305 cm Haubitzbatterie, die vor allem die Werke „Verle“ und „Lusern“ beschoss, als ungemein wirksam. In beiden Werken wurden die Turmgeschützbatterien zertrümmert, nur jeweils ein Geschützturm blieb feuerbereit. Der sich anschließende Infanterieangriff scheiterte erneut, wie bereits ausgeführt, am Widerstand und der Tapferkeit der nach wie vor spärlichen Verteidiger der Hochflächen. Die Beschießung der Werke wurde zwar noch bis zum 31. August 1915 mit unverminderter Heftigkeit fortgesetzt, dann aber ging den Italienern die Munition aus. „Cima die Vezzena“ war für immer zum Schweigen gebracht und „Verle“ und „Lusern“ schwer in Mitleidenschaft gezogen worden.  

In einer einzigen Woche im August hat die italienische 30,5 cm Haubitzbatterie auf das Werk „Verle“ 1.600, auf das Werk „Lusern“ 610 und auf das Werk „Gschwent“ 80 überschwere Granaten abgefeuert. Nur der Umstand, dass sowohl die 28 cm- als auch die 30,5 cm-Granaten in einem Einfallswinkel von nicht mehr als 450 auf die Werke einschlugen, war es zu verdanken, dass sie nicht völlig dem Erdboden gleichgemacht wurden.

Dem gelungenen Durchbruch der italienischen Stellungen in der Frühjahrsoffensive am 28. Mai 1916 die Assaschlucht überquerten und Canove eroberten, erbeuteten   sie  unter  anderem  zwei  vollkommen  unbeschädigte  italienische  25,5 cm  L/35 Schiffskanonen mitsamt der dazugehörigen Munition (600 Schuss). Die sich zurückziehenden Italiener hatten die beiden ungefügigen Monstren ganz einfach im Stich gelassen und mit den Zugmaschinen ihr Heil in der Flucht gesucht. Die Geschützrohre waren einem alten, aus den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts stammenden, desarmierten Kreuzer entnommen worden. Bei Ghertele im Assatal hatten die Italiener bereits zwei Betonbettungen zur Aufnahme dieser beiden Marinegeschütze vorbereitet. Sie waren dazu ausersehen, den Dreh- und Fixpanzern der Lavaronewerke, die im Steilfeuer nicht außer Gefecht gesetzt werden konnten, im Flachbahnschuss den Garaus zu machen, was ihnen sicherlich gelungen wäre.

 

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