Gestaltung der k.u.k. Hochflächenwerke Entnommen aus dem Roman Die Uhrheberrechte bei den Seiten liegen bei Albin Kühnel und sind auszugsweise auch in abgeänderter Form, auf Papier oder Datenträgen verboten.
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Die
der letzten Bauperiode vor dem Großen Krieg entstammenden Anlagen auf
den Hochflächen von Lavarone und Folgaria waren modernen Panzerforts;
ihre Bewaffnung bestand aus 10 cm-Turmhaubitzen, aus Traditoren- und
Grabenstreichengeschützen sowie zahlreichen gepanzerten und kasemattierte
Maschinengewehren. Was
ihre bauliche Gestaltung angeht, so gab es viele Gemeinsamkeiten.
Allerdings hatte man bei den Werken „San Sebastiano“, „Sommo“
und „Serrada“ der Folgariagruppe, aber auch beim Werk „Gschwent“
der Lavaronegruppe, mit deren Errichtung erst später begonnen worden
war, bereits die neuesten Erkenntnisse des Festungsbaus berücksichtigt.
Die folgende Aufzählung und Beschreibung der Gemeinsamkeiten gilt im
wesentlichen für alle Werke; größere Abweichungen davon weisen auf
Grund ihrer besonderen Aufgabenstellung nur die Werke „Cima di
Vezzena“ (ein reiner Beobachtungsposten) und „Sommo“ (ein
Artillerie-Zwischenwerk) auf. Auf sie wird daher besonders eingegangen. Eines
der beiden Hauptteile eines Panzerwerks war ein lang gestreckter,
niederer, feindwärts in den Felsen eingebauter, dreigeschossiger
Betonblock. Er diente als Unterkunft für die Besatzung und wurde
Kasemattblock genannt. Die Fensteröffnungen der Kasematten, alle in der
Rückfront, der „Kehle“ des Werkes mündend, waren mit starken
Stahlläden verschließbar. Ein vorspringender Bau, der
„Kehlkoffer“, machte es möglich, im Falle einer völligen Einschließung
des Werkes die Kehlfront unter Maschinengewehrfeuer zu nehmen und
Nahangriffe abzuwehren. Der Kasemattblock war durch einen bombensicheren
Gang, eine so genannte Poterne, mit dem zweiten Hauptteil des Werkes,
dem feindseitig vorgebauten Batterieblock verbunden. Dieser
Batterieblock war ebenfalls in den Felsen versenkt und mit Beton
eingedeckt. Auf seiner Decke ruhten die Panzerkuppeln der Turmhaubitzen
und ein gepanzerter Beobachtungsstand für die Feuerleitung. Vor dem
Batterieblock gähnte eine bis zu acht Meter breite und ebenso tiefe, in
den Felsen gesprengte Schlucht, deren Boden mit Drahtverhau versehen
war: der Frontgraben. Eine Poterne führte über Stiegen unter der Sohle
des Frontgrabens hindurch in die Grabenbestreichungsanlage, einen
Betonbau, der entweder in die Kontereskarpe (Reverskaponniere)
hineingebaut war oder als so genannter Koffer (Kaponniere) in den
Frontgraben hineinreichte. Von ihr aus konnte, je nach Lage der
Grabenstreiche, der Frontgraben und ggf. auch ein Graben in der Flanke
des Werkes mit 6 cm-Kasemattkanonen und Maschinengewehren bestrichen
werden. Im
Innern glichen die Werke einem Kriegsschiff: Schmale Gänge, eiserne
Treppen, die Decken aus Stahlträgern. Kabelbündel liefen die Wände
entlang, überall künstliches Licht, elektrische Ventilatoren. Die Räume
waren niedrig, durch meterdicke Betonmauern voneinander getrennt und nur
über die Hauptpoternen zu erreichen. Jedes Werk verfügte über
Verpflegungs- und Munitionsvorräte für 45 Tage. Zisternen für Trink-
und Kühlwasser machten sie auch in dieser Hinsicht von der Außenwelt
unabhängig. Sogar für die Toten war vorgesorgt. Eine eigene Gruft mit
verschraubbaren Metallsärgen wartete auf
diejenigen, die im Kampf
um dieses Meisterstück
moderner Kriegstechnik fallen werden. Und das waren nicht wenige. Eine
Besonderheit der Hochflächenwerke bildeten die optischen Zentralen. Sie
ermöglichten Blinksignale zu den beiden Vermittlungsstellen am Cornetto
und am Monte Rust. Jedes einzelne Werk konnte mit seinen Nachbarwerken
in direkte optische Verbindung treten. Wo dies geländebedingt nicht möglich
war, wie zwischen den Werken „Gschwent“ und „Lusern“, erfolgte
die Einschaltung von Zwischenvermittlern, wie hier der Nahkampfanlage
„Oberwiesen“. Jedes
Werk war mit einer (in der Regel aus mehreren Reihen Drahtverhau
bestehenden) Hinderniszone umgeben. Friedensmäßige Kasernen hatten die
Werke „Verle“, „Lusern“, „San Sebastiano“ und „Serrada“.
Sie waren auf dem Hinterhang errichtet. Werkstraßen stellten die
Verbindung bis unmittelbar zu den Festungen her. Aus
Ersparnisgründen waren die Werke „Verle“ und „Lusern“ noch sehr
eng angelegt. Die Panzerbatterien lagen in gefährlicher Nähe der
Kasematten. Der Abstand zwischen den Geschütztürmen betrug nur 12 m.
Der Grundriss war eng gezogen; er betrug bei „Verle“ ca. 0,20 ha (=
2.000 m2), bei „Lusern“ gar nur 0,15 ha (= 1.500 m2).
Gelang es hier den gegnerischen Artilleristen, den mittleren Treffpunkt
in die Werksmitte zu bringen, so lagen Hindernisse, Grabenflankierungen,
der Batterieblock und der Kasemattblock in der 50%igen Längenstreuung
der italienischen schweren 28 cm- und 30,5 cm-Granaten. Das erklärt
auch die hohe Trefferquote bei den Werken „Verle“ (65 v.H. der auf
das Fort abgefeuerten 30,5-, 28- und 21 cm-Granaten) und „Lusern“
(68 v.H. der auf das Fort abgefeuerten 30,5 und 28 cm-Granaten) und die
dadurch verursachten schweren Zerstörungen. Die
später errichteten Folgariawerke wiesen einige Abweichungen auf. Das
Werk „San Sebastiano“ glich mit getrenntem Kasematt- und
Batterieblock zwar vom Bauschema her noch den Lavaronewerken, war jedoch
wie die Werke „Sommo“ und „Serrada“ sowie das Werk
„Gschwent“ der Lavaronegruppe stärker zergliedert. Batterie- und
Kasemattblock lagen weiter auseinander, der Abstand zwischen den Panzertürmen
war auf 25 m vergrößert worden. Beim Werk „Serrada“ hatte man
sogar die Panzerbatterie zweigeteilt: Zwei Turmhaubitzen saßen auf dem
Kasemattblock, zwei weitere in einem eigenen Batterieblock. Und beim
Werk „Sommo“ waren die Unterkunftsräume und die Batterie in einem
verhältnismäßig schmalen und daher schwer zu treffenden Baukörper
vereinigt, Damit sank auch die Trefferquote: Sie betrug beim Werk
Gschwent 40 v.H., beim Werk San Sebastiano 37 v.H., beim Werk Sommo 10
v.H. und beim Werk Serrada nur 3 v.H. Große
Aufmerksamkeit hatten die k.u.k. Festungsbauer den Werksdecken gewidmet.
Schon in den Jahren 1869 bis 1873 und 1875 war man von Seiten des
technischen Militärkommitees darangegangen, die Verwendung von Beton im
Festungsbau systematisch zu erproben. Erprobt wurden hierbei in
unterschiedlicher Ausführung der Spannweiten und Konstruktionsstärken: 1. Tonnengewölbe aus Ziegel, verstärkt durch Erd- bzw.
Schotteraufschüttungen, Bruchsteinpflaster oder Betonauflagen. Nur die
Decken mit Betonauflagen erwiesen sich als ausreichend. 2. Betondecken auf I-Trägern. Sie entsprachen gut, wurden zum
damaligen Zeitpunkt jedoch als noch zu kostenaufwendig angesehen. 3. Tonnengewölbe aus Beton mit Erdaufschüttung. Diese stellten sich bei dieser Versuchsreihe als die widerstandsfähigsten heraus. Bereits damals stellten die Festungsbauer fest, dass man mit Beton rascher und billiger bauen konnte. Auch war es damit besser möglich, nachträglich der stetig steigenden Artilleriewirkung entsprechende Verstärkungen vorzunehmen. Und schließlich erleichterte das neue Material ein schmiegsameres Anpassen der Bauwerke an die Geländestrukturen. In verhältnismäßig kurzer Zeit verdrängte daher Beton im Festungsbau Ziegel und Bruchsteine. Beton allein aber genügte nicht, um bombensichere Decken herzustellen; er musste bewehrt werden. Versuche mit Stahlbeton ergaben, dass dieser den Anforderungen nicht entsprach. Unter Beschuss zerbröselte er sehr rasch und die Stahleinlagen rissen. Das wiederum beeinträchtigte erheblich die Widerstandsfähigkeit der Deckenkonstruktionen und führte relativ rasch zu ihrer Zerstörung. Auch wurden Betonbrocken nach unten herausgeschlagen. Hinzu kam, dass die aufgerissenen Bewehrungseisen mit den teilweise daranhängenden Betontrümmern die Drehpanzer behinderten sowie die Bewegungsfreiheit bei Ausbesserungsarbeiten stark beeinträchtigten. Durchgesetzt haben sich schließlich bombensichere Decken in der Form von „Betondecken auf Eisenträgern“, d.h., die Decken bestanden aus Mann an Mann gelegten I-Trägern, über die eine Decke aus Stampfbeton gelegt wurde. Sie waren zwar erheblich teuerer, bei Treffern führte das Aussprengen von Betonteilen jedoch zu keiner Beeinträchtigung der Tragwerkskonstruktion. Auch konnten die ausgesprengten Stellen durch Schüttbeton relativ rasch ausgebessert werden. Die Betondecken aller Hochflächenwerke ruhten auf I-Trägern. Bei den älteren Werken auf der Hochfläche von Lavarone hatte man bedauerlicherweise aus Kostengründen nur 40 cm starke I-Träger, auf denen eine bis zu 2,5 m dicke Stampfbetondecke ruhte, eingebaut. Sie wiesen daher nur eine Bombensicherheit bis zum Kaliber 24 auf, zu schwach, wie sich bei der Beschießung durch italienische 28 cm- und 30,5 cm-Granaten erweisen sollte. So wurde z.B. allein beim Werk „Verle“ vierzehnmal die Decke des Batteriehohlganges durchschlagen. Bei den Folgariawerken ruhten die bis zu 3,7 m dicken Stampfbetondecken hingegen auf 50 cm starken I-Träger, die zusätzlich noch durch eine druckverteilende Querlage von I-Trägern verstärkt worden waren. Dadurch wurde bei keinem dieser Werke auch nur einmal die Decke durchschlagen. Alle
Werke auf den Hochflächen von Lavarone und Folgaria hatte man bereits
weitgehend mit Naturfelsen kombiniert. Bei einigen von ihnen sprengte
man allerdings manchmal unnötigerweise den natürlichen Felsen weg und
baute die Werksteile aus Beton, statt die Räume in die Tiefe der Felsen
zu verlegen. Die sinnlose Sprengung von Felsmaterial führte dazu, dass
u.a. bei den Werken „Verle“ und „Lusern“, wo dies wegen des
weichen Felsens geschah, nachträglich Räume in den Fels gesprengt
werden mussten, da die Betondecken besonders im Kasemattbereich auf
Dauer nicht dem schweren Beschuss durch 28 cm- und 30,5 cm-Geschütze
standhielten. Bezeichnend
für die Fehler, die man insbesondere bei der Errichtung der
Lavaronewerke begangen hat, sind die diesbezüglichen Ausführungen
Eduard Lacoms, der als Hauptmann im Geniestab das Werk „Lusern“
geplant und gebaut hat, in einem Brief vom 25. Januar 1925 an Lipscher:
„...Ja, wenn wir Genisten das
Geld gehabt hätten - wie ganz anders wäre „Lusern“ gebaut worden.
Aber die ewigen Besserwisser in den VIII. Abteilung 1,
Schießer und Konsorten, klebten damals an den alten, unmodernen und überholten
Formen einer Aera Vogl.2
Ellison 3
kann ein Lied davon singen! Lass Dir von ihm einmal erzählen, was er für
Widerstände zu brechen hatte, bis seine neuen, der gesteigerten
Waffenwirkung entsprechend in der Form der beiden Werke ‘Sommo’ und
‘Serrada’ erstanden und so Wirklichkeit wurden...“ Und wie drückend die finanziellen Missstände waren, beleuchtete Conrad von Hötzendorf in seinem Werk „Aus meiner Dienstzeit“. „So waren beispielsweise für die Zeit von 1907 bis 1910 jährlich nur 3.65 Millionen Kronen zu Befestigungszwecken für die ganze Monarchie ausgeworfen. Davon sollte aber nicht nur der Bau, sondern auch die Armierung bestritten werden. Da die Armierung etwa dieselben Kosten erheischte, wie der Bau, blieben für diesen nur 1,8 resp. 3 Millionen Kronen. (Bei den damaligen Verhältnissen rechnete man für eine komplette Panzerhaubitze 400.000 Kronen, für eine 8 cm-Kanone hinter Panzern 150.000 Kronen. Ein Werk mit sechs Panzerhaubitzen - wie es meist die italienischen waren - hätte mit den nötigen Nahkampfanlagen und Unterkünften also 2,4 Millionen Kronen gekostet). Demgegenüber wurden in Italien, das doch nur kurze Landfronten und die Küste zu bedenken hatte, für die Zeit von 1907 bis 1909 ein Ordinarium von 27,9 und ein Extraordinarium von 186 Millionen Lire 4 nur für Befestigung bewilligt.“ 5
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