EINFÜHRENDE VORSTELLUNG VON LUSERN - TRENTINO


DOKUMENTATIONSZENTRUM LUSERN 

die südlichste deutschsprachige Sprachinsel

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I 38040 Luserna/Lusern (TN) – Via Trento 6 · tel. 0464.789638  fax 0464.788214

die südlichste deutschsprachige Sprachinsel

Luserna/Lusern liegt auf der Hochebene von Luserna-Vezzena (1.300/1.500 M. ll.M.) in der mittleren Lage der Hochebene von Asiago (Sette Comuni di Vicenza) und von Lavarone-Folgaria, südöstlich von Trient zwischen dem Valsuganatal und dem Asticotal.

Das Gebiet war schon in der vorgeschichtlichen Zeit bewohnt, wie die Felseneinschriften des nahegelegenen Assatal von Roana, die Menhir und der Dolmen von Costesinalm, die Schlackenhaufen und Keramikfunde aus der Kupferzeit (1.200/1.300 v.Cr. - Lucokultur), beweisen.

Die einmalige Eigenschaft von Lusern besteht darin, dass hier fast alle Einwohner noch "Zimbrisch" sprechen. "Zimbern" wurden von den Humanisten in der Renaissance die deutschsprachigen Einwohner der venetischen Voralpen genannt, und das in der Annahme, daß es sich um Überreste der Zimbern handelte, die nach mehreren Siegen, am Ende doch von den Römern bei den "Campi Raudi" (Raut? - unbestimmte Ortschaft) im Jahr 101 v.Chr., vernichtet wurden.

Die zimbrische Sprache wird als "Altdeutsch" oder als entsprechend der "neuhochdeutsche südwestbayerische Mundart, die im 11° bis 13° Jahrhundert entstanden ist" anerkannt.

Über Sprache und Geschichte, der "sogenannten Zimbern", haben viele Wissenschaftler ihre Studienergebnisse veröffentlicht (in deutscher Sprache u.a.: Bergmann Josef, Bass Alfred, Bacher Josef, Baum Wilhelm, Heller Karin, Hornung Maria, Kranzmayer Eberhard, Resch Hugo, Schmeller Johann Andreas, Schneller Christian, Schweizer Bruno, Tyroller Hans, Wurzer Bernhard, Zingerle Jgnaz Vinzenz)

Enge Verhältnisse zwischen dem deutschen Sprachraum mit den Gebieten der heutigen Provinzen von Trient, Verona, Vicenza sind schon im 10° Jahrhundert nachgewiesen. Um das Jahr 1055 sind Einwanderungen aus dem Raum des Benediktiner-Kloster "Benediktbeuren" nach den Lessinischen Berggebieten der Abtei S.Maria in Organo von Verona beurkundet.

Die Diözese Freising hatte damals (seit 972) Besitze am Rande der Sieben Gemeinden von Vicenza, sowie auch die herrschende Familie mit deutscher Herkunft der Ezzelino da Romano (1036-1260), die mit Friedrich Barbarossa befreundet war.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch durch diese Beziehungen Einwanderungen aus dem deutschsprachigen Raum erfolgten.

Der Prinzbischof von Trient Friedrich von Wangen genehmigte (1216) Einwanderungen aus den Sieben Gemeinden auf die Hochebene von Folgaria und Lavarone, um diese Berggebiete zu roden und wenigstens 20 Höfe zu gründen.

Kurze Zeit danach zogen einige Familien von Lavarone auf die Lusernerhochebene. Sie bezahlten den Pacht an die Pfarrei Brancafora im Asticotal, da dieselbe das Gebiet über den Bischof Sibicone von Padua vom König Berengario (917) erhalten hatte.

Lusern erlangte die Selbstständigkeit als Gemeinde am 4. August 1780, und hatte ca.250 Einwohner.

Damals gab es noch ca. 20.000 zimbrischsprechende Personen nicht nur in den Dreizehn Gemeinden von Verona und Sieben Gemeinden von Vicenza, sondern auch in den angrenzenden Gebieten von Luserna/Lusérn, Lavarone/Lafraun, Folgaria/Vielgereuth, Terragnolo/Leimtal, Vallarsa/Brandtal, Valle dei Ronchi/Reuttal in der Provinz Trient.

Durch politischen und kulturellen Druck, Auswanderungen, Krieg u.s.w. ist die Zahl der heutigen Zimbrischsprechenden auf wenige Dutzende in Giazza (Ljetzan) di Selva di Progno (13 Gemeinden von Verona), Roana/Robaan (7 Gemeinden von Vicenza) und dann auf die fast vollständige Bevölkerung von Lusern, gesunken.

In den Sieben Gemeinden hat der Erste Weltkrieg den Todesschlag gebracht. Die Einwohner wurden in die Tiefebene von Padua evakuiert, wo sie gezwungen wurden, auch unter sich und mit den Kindern italienisch zu sprechen, um nicht als Feind betrachtet zu werden.

In Terragnolo/Leimtal wurde die zimbrische Sprache vernichtet, als die italienische Pfarrschule eingerichtet wurde (1786). Der Pfarrer don Leonardo Zanella verbot (auch bei der Beichte) den Eltern "diese barbarische Sprache mit den Kindern zu sprechen".

In Lusern dagegen war der Südtiroler Franz Zuchristian Pfarrer, welcher die deutsche Volksschule (1866) einrichtete, die von dem "Wiener Schulverein" unterstützt wurde. 1882 wurde auch eine Klöppelschule eingerichtet und 1893 ein deutscher Kindergarten.

Die italienische "Lega Nazionale" (dann "Pro Patria") gründete (1890) eine italienische Schule (mit 20/30 Schülern), die auch das Mittagessen kostenlos anbot. Die größte Mehrheit der Familien schickten ihre Kinder (ca.120) jedoch, trotzt Armut, in die deutsche Schule.

Nach dem ersten Weltkrieg wurde die deutsche Schule nicht mehr eröffnet. Während des Faschismus wurde den Kinder verboten, nicht nur in der Schule sondern auch auf der Strasse, zimbrisch zu sprechen.

In fast allen Familien wurde trotzdem, bis heute, Zimbrisch gesprochen.

Der aus Südtirol stammende Pfarrer Josef Bacher veröffentlichte in Innsbruck im Jahre 1905 ein wichtiges Buch : "Die deutsche Sprachinsel Lusern".

Im Jahre 1911 wurde ein großer Teil des Dorfes, deren Häuser mit Holzschindeln gedeckt waren, durch einen Brand zerstört. Das Dorf wurde gleich wiederaufgebaut, auch dank den Hilfen aus Österreich (es gab einen öffentlichen Solidaritätsaufruf).

Gleich nach der Kriegserklärung seitens Italien (24.05.1915) mussten die Luserner, unter dem Bombenhagel, in wenigen Stunden das Dorf, welches auf die österreichischen Seite der Kriegsfront lag, verlassen. Es gab ein Zivilopfer und einen Schwerverletzten. Die ca. 900 Einwohner wurden als Kriegsflüchtlinge in Böhmen (Bezirk Aussig) aufgenommen. Sie konnten erst im Januar 1919 zurückkommen.

In der Umgebung blieben nur die sich im Dienst befindenden Soldaten (Standschützenkompanie Lusern) und Arbeiter sowie, als Feldkurat, der letzte deutsche Pfarrer von Lusern Josef Pardatscher (aus Salurn). Das Dorf war, wegen seiner Lage neben der Festung "Werk Lusern" an die Grenze der Frontlinie, völlig zerstört und musste wieder aufgebaut werden. In der Gegend gab es auch viele Gefallene. Interessierte können das zweisprachige Buch "Geschichte des österreichischen Soldatenfriedhofes auf Cost’Alta" von Conrad Rauch (mit Bezeugung des Feldkurats Matthias Ortner und von Luis Trenker) bei dem Herausgeber: Dokumentationszentrum Lusern I-38040 LUSERNA TN für Lire 20.000/DM 20, anfordern).

Nach dem Ersten Weltkrieg stieg die Bevölkerungszahl in wenigen Jahren auf fast 1200 an. Aufgrund der Auswanderungen, während der Weltwirtschaftskrise, sank sie jedoch schnell auf 850 ( im Jahre 1935).

Wie in Südtirol gab es auch bei uns den politischen und wirtschaftlichen Druck für das Deutsche Reich zu optieren und viele (280) glaubten, nach vieler Armut, an die Versprechungen auf ein besseres Leben.

Nach dem 2. Weltkrieg und bis 1967 blieb die Bevölkerungszahl stabil auf ca. 650 Einwohnern.

Die Arbeitskräfte waren auswärts (überwiegen in der Schweiz und im Südtirol) als Saisonarbeiter beschäftigt (im Baugewerbe die Männer, im Fremdenverkehrsbereich die jungen Frauen).

Nach der Schulreform (1963/67), mit der Gründung der Mittelschule in Lavarone, öffnete sich unserer Jugend die Möglichkeit die fortführenden Schulen zu besuchen. Wegen Arbeitsmangel und nachdem das tägliche Pendeln für Studenten (sowie auch für Arbeitnehmer) nicht möglich war, wanderten viele Familien aus, insbesondere nach Trient (ca.100 in den Jahren 1967-1971, und dann jedes Jahr einige Familien).

Jetzt sind die Einwohner in Lusérn nur noch 350. Hundert davon sind während der Arbeitstage abwesend. Jedoch gibt es ca. 500 gebürtige Lusérner (plus ihre Kinder und Enkeln) die ausgewandert sind, aber noch zimbrisch sprechen und Verbindungen mit dem Geburtsort haben.

Unsere zimbrisch/deutschsprechende Volksgruppe besteht deshalb aus ca. 1.000 Mitgliedern, welche jedoch überwiegend außerhalb der eigenen Heimat zerstreut sind.

Wir sind noch nicht als geschützte sprachliche Minderheit anerkannt, obwohl der Pariser Vertrag (Degasperi-Gruber, vom 5 September 1946) abgeschlossen wurde, um den "deutschsprechenden Einwohnern... der Provinz Bozen und... Trient" den "Schutz der völklichen Eigenart und der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung" zu garantieren. Unsere Forderungen auf juristische Anerkennung und wirtschaftliche Unterstützung haben bis jetzt nur bescheidene Erfolge erbracht.

Österreich hat in diesen letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit und Solidarität für uns gezeigt. Der Nationalrat hat uns erwähnt als er die Zustimmung zur Beendigung der Streitigkeiten vor der UNO erteilte.

Während des österreichisch-italienischen Friedenstreffen, welches die Gemeinde Lusern am 21. August 1993 vor der ehemaligen österreichischen Festung Lusern organisiert hatte, hat Vizekanzler und Außenminister Dr. Alois Mock durch seine Teilnahme und Rede vor zahlreichen Behörden und Teilnehmern sein Interesse und Unterstützung, an der deutschsprachigen Sprachinsel des Trentino (Lusern und Fersental) unterstrichen.

Nach erfolglosen Versuchen Arbeitsplätze im Bereich der Kleinindustrie einzurichten, hat die Gemeinde ein auf Natur, Kultur und Gesundheit bezogenes Fremdenverkehrsprojekt erarbeitet. Die Provinz Trient hat dieses Projekt bewilligt (12.4.1995) und versprochen es finanziell zu unterstützen (was noch nicht geschehen ist). U.a. sind Einrichtung einer Heubadeanstalt, Jugendhotel, Langskilauf und Sledog Zentrum, Sternwache, Volkskundemuseum und das Dokumentationszentrum geplant.

Insbesondere wären Gäste aus dem deutschsprachigen Raum erwünscht, da dadurch das Fortbestehen der deutsch/zimbrischen Sprache unterstützt wird, dessen Verwendungsmöglichkeit sonst immer mehr schrumpft. Engere Beziehungen mit dem deutschsprechenden Raum können an der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Überleben der seit acht Jahrhunderte bestehenden südlichste deutschsprachige Sprachinsel Lusern beitragen. Weitere Informationen kann das Dokumentationszentrum Lusern erteilen.

 

7.06.1997
Luigi Nicolussi Castellan - Dokumentationszentrum Lusern
Via Trento 6
I-38040 LUSERNA TN

Tel. u. Fax : 0464.789638 oder 0461.991797 -
E-mail : tre039k1@tn.nettuno.it

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Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist  und  zertifizierter Sport-Optiker  
 
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